Der Profi-Coach

Facebook fasten

Von Uwe Pettenberg
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Pfeil mit Online und Offline

Viele unter uns fasten derzeit bis Ostern. Und während bis vor kurzem vor allen Dingen das körperliche Fasten im Vordergrund stand, scheint es einen neuen Trend zu geben, das Medienfasten. Sich Auszeiten von exzessivem Internetsurfen und hier vor allem Facebook zu nehmen, ist offenbar ein immer größeres und dringenderes Bedürfnissen in unseren informationsüberfluteten Zeiten.

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Warum tut Internetabstinenz gut? Was könnte Sie davon überzeugen, mal eine ganze Woche, vielleicht sogar einen Monat kein Facebook zu nutzen? Wenn die Vorstellung, freiwillig für eine gewisse Zeit auf das Internet zu verzichten, Unverständnis, ja vielleicht sogar Unwillen auslöst, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass es höchste Zeit ist, Ihre Werte neu zu überdenken. 
 
Übrigens spreche ich hier von den privaten Accounts und vom privaten sogenannten Freizeitsurfen im Netz. Nicht gemeint sind hier Ihre Business Accounts, denn die stehen auf einem anderen Blatt. Modernes Marketing ist authentische Kommunikation mit Ihren Kunden und Klienten, und die findet nun mal heutzutage fast ausschließlich im Internet statt.
 
Aber vielleicht haben Sie ja auch schon ein gewisses Maß an Abhängigkeit von bestimmten Webseiten bei sich entdeckt, aber Sie haben nicht wirklich Lust, sich des Problems anzunehmen. Daher verrate ich Ihnen, was mich dazu veranlasst hat, Schritte zu unternehmen. Denn ich lasse meinen privaten Facebook-Account immer wieder für einige Zeit ruhen und das tut ausgesprochen gut. Denn…

… das schenkt mir jeden Tag mehr Zeit.

Facebook & Co sind Zeitfresser, ich denke, da sind wir uns einig. Selbst wenn Sie ganz vernünftig damit umgehen wollen und es „lediglich“ als Tool betrachten (was es ja ist), ist es unvermeidbar, dass Sie sich treiben lassen, von einem Post zum nächsten, dort ein interessanter Link, da ein spannender Artikel, hier hat jemand, den Sie gar nicht kennen, tolle Fotos reingestellt, dann folgen Sie einer Diskussion, die überhaupt nichts mit Ihnen zu tun hat, und so fort. Facebook scheint geradezu dafür geschaffen, uns fortwährend ab-zu-lenken, im ganz wörtlichen Sinn. Ständig werden wir anderswohin, immer weiter und weiter gelenkt. Es ist schier nicht möglich, einen Gedanken zu Ende zu denken, einen interessanten Faden weiterzuverfolgen, stattdessen werden wir immer weiter gezogen, von Seite zu Seite in diese zeitraubende, den Kopf betäubende Spirale von Informationen, die zum größten Teil absolut irrelevant für uns persönlich sind.

Ist es Ihnen noch nie so ergangen, dass Sie richtiggehend schockiert waren, wenn Sie festgestellt haben, wie viel Zeit Sie in den Chroniken anderer Leute verplempert haben? Falls ja, probieren Sie’s mal aus, nur für einen Tag, und stoppen Sie die Zeit, die Sie auf Facebook verbringen. Und schreiben Sie dann drei Dinge auf, die Sie in der Zeit lieber getan hätten.

… der Kopf funktioniert viel besser

Es gibt zahlreiche Studien darüber, welch negative Auswirkungen zu viel Medieninput auf unser Gehirn haben. Aber soweit müssen wir gar nicht gehen. Während meiner Facebook-Fastenzeit hatte ich Raum und Muße, mich ausschließlich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig war. Meine Kreativität und mein Schaffensdrang waren viel größer, denn anstatt meinen Kopf mit unnötigen Clips, Textfetzen, Bildern und anderem vollzustopfen, herrschte dort Klarheit und Ruhe. Ich hatte auch das Gefühl, dass ich mir Dinge wieder besser merken konnte. Überlegen Sie mal, jedes Mal, wenn Sie Ihre Chronik herunterscrollen, sind Sie mit einer Menge an Informationen konfrontiert, die Sie nicht interessieren, trotzdem lesen Sie (oberflächlich) darüber. Das ist, als würden Sie mit Ihrem Gehirn eine Übung in Vergesslichkeit durchführen – und dafür ist dieses wunderbare Organ wirklich nicht gemacht.

... meine Freundschaften sind noch wertvoller geworden.

Seien wir doch mal ehrlich: Die meiste Interaktion, die auf Facebook stattfindet, würde noch nicht einmal dem Grad einer guten Bekanntschaft entsprechen, geschweige denn dem einer Freundschaft. Kein Gesichtsausdruck, keine Körpersprache, keine Stimme. Die Kommentare, die Nachrichten sind in der Regel kurz oder abgekürzt. Während meiner Facebookabstinenz habe ich noch intensiver als sonst den Kontakt zu meinen Freuden gepflegt und zwar auf dem persönlichen, direkten Weg. Email, Telefon und persönliche Treffen waren auf einmal wieder viel mehr an der Tagesordnung. Machen Sie sich doch mal den Spaß und suchen Sie sich einen Ihrer Facebook-Freunde, den Sie noch nie persönlich getroffen haben (ich bin sicher, da gibt es einige) und lernen Sie ihn oder sie persönlich kennen. Das könnte eine Menge Spaß und Bereicherung bringen.

... ich bin anspruchsvoller bezüglich jeglicher Art von Input geworden.

Es ist immens wichtig, den Input, den wir jeden Tag bekommen, zu bewerten und zu gewichten. Was wir essen, was wir hören, was wir lesen, alles hat eine Wirkung auf unseren Körper und unseren Geist. Während meiner Facebook-Diät habe ich eine ganze Reihe sehr inspirierender Blogs gefunden, aus denen ich mehr gezogen habe, als eine Stunde Facebook das je vermocht hätte. Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich gibt es auch auf Facebook tolle, inspirierende Einträge. Aber die muss ich unter viel Unwichtigem und vielen langweiligen Einträgen suchen – wenn das denn gelingt. Auch dies ist ein Facebook-Phänomen, wir wissen, dass nichts verloren geht, aber früher oder später scheint alles verloren zu gehen – haben Sie schon mal versucht, den spannenden Eintrag, den Sie gestern auf der Seite eines Bekannten eines Freundes gesehen haben, wiederzufinden? Eben. In einem professionellen Blog finde ich eine höhere Konzentration an qualitativ hochwertigen und wertvollen Texten, und das ist es, was wir brauchen. Kein Fastfood über den ganzen Tag verteilt, sondern kostbare Happen zur richtigen Zeit.
 
Um es mit Ernst Ferstl zu sagen: „Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.“
 
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine frohe Fastenzeit (natürlich auch wenn Sie nicht fasten :-)),
 
Ihr Uwe Pettenberg

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