Tue, was Du liebst, und liebe, was Du tust | EAT SMARTER

Tue, was Du liebst, und liebe, was Du tust

Von Uwe Pettenberg

Es gibt einen großen Unterschied zwischen Beruf und Berufung. Während wir einem Beruf in der Regel aus Vernunftgründen nachgehen, ist Berufung die Arbeit, die uns wirklich entspricht. Wie Sie letztere finden können, schreibt Uwe Pettenberg in seinem aktuellen Blog.

Und – Moment! Bevor Sie antworten, geben Sie sich ein bisschen Zeit. Ganz oft kommt die Antwort nämlich ein wenig gedankenlos, fast automatisch und klingt manchmal auch wie einprogrammiert, so als wäre die Antwort gar nicht vom Befragten, sondern wie von irgendwo aufgeschnappt. Wenn ich meinen Klienten diese Frage stelle, kommt als Antwort oft: „Für meine Kinder.“ Für meinen Partner.“ „Um Geld zu verdienen.“  „Weil ich meine Familie versorgen muss.“ Und auch schon mal: „Weil man morgens eben aufsteht.“ Manchmal sage ich dazu erst einmal nichts, schaue freundlich, lächle verständnisvoll, und bei manchen Menschen reicht das schon aus, dass sie ins Nachdenken kommen. Spätestens wenn ich so etwas sage wie: „Ganz im Ernst?“ herrscht nachdenkliches, manchmal sogar betroffenes Schweigen.

Was macht wirklich Sinn im Leben?

Denn im Umkehrschluss würde das ja bedeuten: Wenn Sie keine Kinder hätten, wenn es keinen Partner gäbe, wenn Sie keiner Arbeit nachgingen, würde es keinen Grund geben, morgens aufzustehen… oder?  Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich sind Kinder und eine glückliche Partnerschaft absolut sinngebend. Ganz besonders Kinder lassen uns häufig den Sinn des Lebens erst (wieder)entdecken. Die Welt mit Kinderaugen sehen zu dürfen, ist ein unglaubliches Geschenk und wenn wir uns wirklich darauf einlassen können, bringt uns das unserer wahren Essenz wieder ein Stück näher.

Aber natürlich haben Sie längst gemerkt, dass ich gerade ganz bewusst ein wenig Haarspalterei betreibe, denn worauf ich eigentlich hinaus will: Wenn Sie den Sinn im Leben und den Grund fürs Aufstehen jeden Morgen nicht in sich finden, dann macht gar nichts Sinn. Und während wir uns in Bezug auf Partner und Kinder sicherlich einig sind, dass es möglich ist, mit ihnen aus einer möglichen Sinnkrise zu finden, gibt es einen Bereich in unserem Leben, in dem sich sehr deutlich zeigt, was uns wirklich wichtig ist und in wieweit wir mit uns in Einklang leben und dem Ruf des Lebens selbst folgen. Und das ist unsere Arbeit.

Arbeitskrise stellvertretend für Lebenskrise

Einer der häufigsten Gründe, warum Menschen zu mir ins Coaching kommen, ist eine berufliche Krise – so stellt es sich zumindest anfangs dar. Eine ganz typische Geschichte: Jemand ist Jahre, oft Jahrzehnte einer bestimmten Tätigkeit nachgegangen, hat einen Job gemacht, den er oder sie irgendwann vor ewigen Zeiten entschieden hat zu tun, meist in ganz jungen Jahren, wenn wir eigentlich noch viel zu jung sind, um solch große und vermeintlich endgültigen Entscheidungen zu treffen, und nun meldet sich der Körper oder die Psyche oder beides in Form von Krankheit. 

Auch heute noch beobachte ich, dass sich viele junge Menschen nach ihrem Schulabschluss für „etwas Vernünftiges“ entscheiden; meist natürlich von Eltern und Lehrer beeinflusst, aber es ist von vornherein klar: Glücklich hat Vernunft noch selten gemacht, und sehr wahrscheinlich werden sich diese jungen Leute früher oder später fragen, ob das denn nun schon alles gewesen sein kann.

Denn bei Licht betrachtet verbringen wir bei einem sogenannten Durchschnittsjob mindestens acht (meistens mehr) Stunden jeden Tag mit einer Tätigkeit, der wir lediglich nachkommen, weil wir Geld verdienen müssen. Wir verbringen mehr Zeit mit unseren Kollegen, die wir uns in der Regel nicht ausgesucht haben, als mit unserer Familie, und dabei tun wir noch etwas, das wir – wenn wir frei wählen könnten – nicht tun würden!

Nach wessen Überzeugungen leben Sie?

Merken Sie etwas? Den Großteil unserer kostbaren Lebenszeit verbringen wir fremdbestimmt. Weil wir glauben, das müsse so sein, denn es war ja schon immer so, weil wir glauben, dass wir keine Wahl hätten, weil wir glauben, dass wir vernünftig sein müssen und Kompromisse eingehen sollten. Aber wer sagt das denn wirklich? Sind das wirklich Ihre Überzeugungen? Haben Sie die schon mal überprüft, ob sie mit Ihren ganz ureigenen Neigungen und Wünschen konform gehen? Und wie weit sind Sie damit seither gekommen? Eben.

Nicht zu tun, wofür wir designt wurden zu tun, macht krank, es geht gegen unsere Natur, und die Natur, die natürliche Ordnung sieht vor, dass wir glücklich und gesund sind. Immer weiter etwas zu tun, was uns nicht gut tut, ist ein großer Irrsinn, um nicht zu sagen Wahnsinn! Ganz sicher haben auch Sie schon beobachtet, dass Menschen, die in ihrer Arbeit aufgehen, die ihre Berufung leben, absolut lieben, was sie tun. Wenn man sie fragt, werden sie sagen, dass sie ihre Arbeit nicht als anstrengend empfinden, weil sie genau das tun, was sie tun wollen. Dass sie gar nicht anders können. Übrigens sind auch nur solche Menschen wahrhaftig erfolgreich.

Wer oder was wollten Sie als kleines Kind sein?

Wenn Sie mögen, lade ich Sie zu einem kleinen Experiment ein. Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie für eine Weile ungestört sind, machen Sie es sich bequem, schließen Sie die Augen und denken Sie zurück an das kleine Mädchen beziehungsweise den kleinen Jungen, das / der Sie einmal waren. Was wollte dieses kleine Kind damals werden, wenn es groß ist? Was hat es am liebsten gemacht? Mit wem war es unglaublich gerne zusammen? Und was konnte es damals besonders gut?

Ich bin mir sicher: Auch heute noch gibt es Tätigkeiten, die Ihr Herz höher schlagen lassen, bei denen Sie ganz bei sich und erfüllt sind und aus denen Sie aufgetankt und dankbar in Ihren Alltag zurückkehren. Vielleicht malen oder kochen Sie gerne. Vielleicht können Sie gut schreiben oder Sie sind handwerklich sehr geschickt. Möglicherweise haben Sie einen besonders guten Zugang zu Kindern oder zu Tieren. Das sind die Hinweise drauf, wozu Sie berufen sind. Das ist der Weg. Das ist der Ruf. Und es ist nie zu spät.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohes Arbeiten!

Herzlichst,
Ihr Uwe Pettenberg