Ist IHHT der neue Stoffwechselturbo? | EAT SMARTER

Ist IHHT der neue Stoffwechselturbo?

Von Prof. Dr. med Thomas Kurscheid

Warum unsere Zellkraftwerke schwächeln und was Sauerstoffmangel dagegen tun kann

Unser Körper besteht aus ca. 70 Billionen kleinen Wunderwerken, unseren Zellen. Jede von ihnen enthält wiederrum zahlreiche winzige Kraftwerke, die Mitochondrien: Sie liefern die Energie für jeden kleinsten biochemischen Schritt unserer Stoffwechselprozesse – also für unser Leben!

Aber genau dort, in den Mitochondrien, existieren kleine Unterschiede, die sich groß auswirken: So gibt es Menschen, die sind fit und energiegeladen, auch im Alter, und es gibt gleichaltrige, die schleppen sich mit zahlreichen Erkrankungen durchs Leben. Wie kann das sein?

Die Mitochondrien sind sehr empfindlich, weil ihre Erbsubstanz nicht in einem Kern geschützt ist. Dadurch sind sie viel anfälliger als normale Zellen für sog. Sauerstoffradikale. Diese entstehen durch Alterungsprozesse,  aber auch den Lebensstil des 21. Jahrhunderts: Oxidativer Stress ohne ausreichende Regeneration, bedingt durch Rauchen, Termindruck, Reizüberflutung und verkürzten Schlafzeiten. Gleichzeitig sind die  Gen-Reparaturmechanismen in den Mitochondrien kaum ausgeprägt. Beschädigte Stellen werden nicht repariert. Mitochondriale Schäden addieren sich zudem im Laufe des Lebens auf, die Gesamtstoffwechselleistung  dieser Kraftwerke sinkt. Beschädigte mtDNS-Moleküle (mitochondriale Erbsubstanz) vermehren sich aber schneller als unbeschädigte, weil sie kürzer und daher schneller zu vervielfältigen sind. Die immer zahlreicheren geschwächten Mitochondrien können aber keine Fettsäuren mehr verbrennen, sondern nur noch Zucker, wobei noch mehr Radikale entstehen. Die Zelle wird erst schwach, dann stirbt sie.

Das kann sich in chronischen Erkrankungen wie Allergien, chronischem Müdigkeitssyndrom, Burnout, Diabetes Typ II und Übergewicht äußern. Muskelkraft, Sehstärke, Nervenleistung und Hautelastizität schwinden. Die Lebenskraft lässt nach.

Was kann man dagegen tun?

Schon in den 80er Jahren hat man die gezielte vorübergehende Verknappung der Sauerstoffs in der Atemluft (das Intervall Hypoxie Training) dazu verwendet, den Stoffwechsel von Piloten und Kosmonauten sicher an größere Höhen zu gewöhnen. 

Die Weiterentwicklung dieser Methode ist die IHHT. Das Kürzel steht für Intermittierende Hypoxie-Hyperoxie Therapie. Dabei wird beim liegenden Patienten ein Sauerstoffmangel erzeugt, ähnlich wie wir es vom Bergsteigen kennen (Hypoxie, nur  9–15 % Sauerstoff statt normal 21 %). Danach  wird sehr sauerstoffreiche Luft zugeführt (Hyperoxie, 36 % Sauerstoff). Beides wechselt bei normalem Luftdruck ab (Intervalltraining). Der schwankende Sauerstoffgehalt bewirkt, dass die vorgeschädigten Mitochondrien zerstört werden. Der dadurch kurzzeitig entstehende Energiemangel führt zur beschleunigten Vermehrung neuer, gesunder Mitochondrien. 

Durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass es dadurch zu weitreichenden  positiven Anpassungserscheinungen im Körper kommt. 

  • Stärkung des Herzkreislauf- und des Immunsystems
  • Verbesserung der mentalen Leistungsfähigkeit
  • Gewichtsabnahme durch Aktivierung des Fettstoffwechsels
  • Erhöhung der Stressresistenz
  • Schnellerer Abbau von Laktat

Wie sieht die IHHT Anwendung für den Patienten praktisch aus?

Speziell für Patienten, die krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, sich ausreichend zu bewegen oder Sport zu treiben, stellt die IHHT eine gute Alternative dar. Aber auch bei Sportlern und körperlich Aktiven lassen sich mit der IHHT noch zusätzliche Gesundheitseffekte erreichen.

Der Anwender/Patient sitzt oder liegt entspannt, während er über eine Atemmaske in individuell eingestellten Intervallen sauerstoffreduzierte und  sauerstoffangereicherte Luft atmet. Dieser Vorgang wird durch kontinuierliche Messung der Gase in der Atemluft in Verbindung mit einer speziellen EKG-Auswertung für jeden Patienten individuell gesteuert. 
Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits 10 IHHT Anwendungen à 45 Minuten mit den physiologischen Effekten eines  4-wöchigen Alpenaufenthaltes vergleichbar sind. Diese Effekte halten 3–4 Monate an und könnten  danach wieder aufgefrischt werden. 

Angeboten wird die IHHT meist in Praxen, die stark präventiv, also vorsorgend ausgerichtet sind. Der Preis variiert je nach Gerät und Anzahl der gebuchten Behandlungen (günstigere Paketpreise) zwischen 70 und 120 Euro pro Anwendung für 30 Minuten.

Bei Fragen stehe ich gerne auch per E-Mail zur Verfügung.

Ihr Dr. Thomas Kurscheid