Dr. Kurscheid - der Fernseh-Arzt
Wie Sie vom (Speise-)Ölwechsel profitieren

Clever und flink durch Öl–Doping

Von Prof. Dr. med Thomas Kurscheid
Aktualisiert am 27. Dez. 2018

Seit Jahrtausenden sind Öle und Fette beim Menschen beliebt – nicht nur für die Ernährung, sondern auch als Heilmittel und für kosmetische Anwendungen. Enthalten sind sie in Früchten, Nüssen, Samen und unserer tierischen Nahrung. Erst in den letzten Jahrzenten haben Öle und Fette ein schlechtes Image aufgedrückt bekommen, zu Unrecht wie ich meine. Schuld daran ist oft alleine der erhöhte Kaloriengehalt. Alle anderen positiven Eigenschaften werden kaum noch beachtet. Im Folgenden möchte ich das gerne ändern.

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

Öle und Fette sind chemisch ähnlich. Von Ölen spricht man, wenn sie bei Zimmertemperatur (=24 Grad Celsius) flüssig sind. Sind sie bei 24 Grad fest, sprechen wir von Fetten.

Alle Fette und Öle sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Ein E-förmig aufgebautes Molekül, das Glycerin, verbindet sich mit seinen drei  „Ärmchen“ mit drei sogenannten Fettsäuren. Glycerin ist nur das Transportvehikel für die Fettsäuren, die alleine und unverbunden sogar schädlich für den Menschen wären. Alleine die Fettsäuren bewirken durch ihre unterschiedliche Länge und die Anzahl und Position der sogenannten Doppelbindungen die verschiedenen Eigenschaften und Fähigkeiten der Öle und Fette.  Mit Doppelbindungen sind Fettsäuren reaktionsfreudiger. 

Dass es Unterscheide bei Fetten und Ölen gibt, ist sicherlich dem ein oder anderen beim letzten Motor-Ölwechsel aufgefallen. Im Regal stehen preiswerte für einen Euro pro Liter, und teure für bis zu 30 Euro pro Liter. Alleine das signalisiert schon Unterschiede. Außerdem sagt die Bedienungsanleitung unseres Autos oder der Techniker bei der Inspektion etwas über die im Winter und Sommer zu verwendenden Öle aus. Im Winter soll eines gewählt werden, dass auch bei niedrigen Temperaturen flüssig ist, und nicht versulzt, also nicht zu Fett wird und dann, weil es nicht mehr überall hin kommt, zum Motorschaden führt.

Was uns beim Auto lieb und teuer ist, ist uns bei der Ernährung oft egal. Gemäß der „Geiz ist geil“-Mentalität greifen viele zum preiswerten Öl. Das mag zwar wenig kosten, ist aber eigentlich auch diesen niedrigen Preis nicht wert. 

Welche Öle sind zu bevorzugen?

Genau wie ein gutes Motoröl den Motor in jeder Situation gut schmiert und seine volle Leistungsfähigkeit garantiert, so vermag auch ein gutes Speiseöl uns gesund, beweglich und geistig fit halten. Dazu noch ein Beispiel: Wenn Sie morgens die Butter aus dem 6-8 Grad kalten Kühlschrank holen oder abends das Bratfett, sind die leider meist hart.

Ein Fisch hingegen, der ebenfalls sehr fettig sein kann (z. B. Lachs, Makrele), ist bei 6-8 Grad noch äußerst beweglich. Wie macht er das? Mit den richtigen Fetten!

Um langlebig wie ein gut gepflegter Motor und flink und wendig wie ein Fisch zu werden oder zu bleiben, sollten Sie auf die Fettzusammensetzung achten. Wählen Sie Öle und Fette, die reichlich einfach- und vor allem mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie die Öl-,  Linol- oder die alpha-Linolensäure enthalten. Das ist z. B. beim Raps-, Walnuss- oder Leinöl der Fall. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren können den Blutdruck und den Cholesterinspiegel mild senken und lindern Schmerzen und Entzündungen. Sie können schützend auf die Schleimhäute von Magen und Darm wirken. Äußerlich angewendet unterstützen sie die Funktion der Haut nachhaltig, z. B. bei Schuppenflechte und Ekzemen. Auch die geistige Leistungsfähigkeit profitiert von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Quelle: J Neurol Neurosurg Psychiatry doi:10.1136/jnnp-2012-304792). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in einer aktuellen Auswertung von Interventionsstudien mit über 13 600 Teilnehmern festgestellt, dass ein hoher Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren, kombiniert mit einem niedrigen Anteil gesättigter Fettsäuren, das Risiko für koronare Herzkrankheiten (z. B. Herzinfarkt) senkt. Ungesättigte Fettsäuren werden auch also Omega-Fettsäuren bezeichnet.

So gesund die mehrfach ungesättigten Fettsäuren auch für uns sind, so schlecht sind sie zum Braten. Dabei lagern sie sich so um, dass aus der flüssigen Fettsäure („cis“) sogenannte Transfettsäuren werden, die klebrig und wenig elastisch sind. Diese werden leider ebenso wie die guten „cis“-Fettsäuren in unsere Zellwände eingebaut und beeinträchtigen die Funktion der Zellmembranen. Transfette sind giftig und können Krebserkrankungen auslösen. Sie verstecken sich in billigen Pflanzenölen, gehärteten Fetten (Backfett) und in vielen Lebensmittelprodukten wie Chips, Pommes und Süßwaren. Da ihre Gefährlichkeit erkannt wurde, wird zunehmend versucht, sie zu reduzieren. Je mehr Sie selbst an Lebensmitteln zubereiten, desto eher können Sie sich davor schützen. Vor allem: Nutzen Sie diese Öle nicht zum Braten, sondern genießen Sie sie kalt im Salat oder in der Soße oder Mayonnaise. Generell gilt, sobald ein Öl in der heißen Pfanne anfängt zu rauchen: wegwerfen!

So wie Vitamine Ihre volle Wirkung offenbar nur im Zusammenspiel (wie im Orchester!) mit  weiteren pflanzlichen Hilfsstoffen, den sogenannten sekundären Pflanzenstoffen entfalten, so scheint es auch bei den Fetten und Ölen zu sein. Die ungesättigten Fettsäuren benötigen für Ihre volle Wirksamkeit in unserem Körper die wertvollen Fettbegleitstoffe (Flavonoide: Unterstützen die Augenfunktion; Lecithin: senkt den Cholesterinspiegel; Phytosterole: Fördern die Durchblutung; Vitamin E Komplex: schützt vor freien Radikalen). Also: Finger weg von sogenannten raffinierten Ölen. 

Außerdem sollen Sie darauf achten, dass ihr Speiseplan möglichst viele kurz- und mittelkettige Fettsäuren enthält. So ist die Buttersäure (enthalten in Butter) sehr klein und daher leicht verdaulich, da der Körper zur Verdauung keine Gallensäuren benötigt. Die kurzkettige Laurinsäure fördert die Regeneration der Darmschleimhaut und das Wachstum körpereigener „guter“ Darmbakterien. Diese Fettsäuren werden kaum vom Körper gespeichert und aktivieren den Stoffwechsel.

Auf Grund der chemischen Struktur ist der Energiegehalt kurz- und mittelkettiger Fettsäuren geringer als der langkettiger Fettsäuren. Buttersäure liefert nur 6 kcal, Palmitinsäure dagegen 9,3 kcal pro 1 g.

Was heisst das für den Kauf von Speiseölen?

Pflanzenöle haben nur dann die beschriebenen Vorteile, wenn sie schonend gewonnen werden. Deswegen sollte Ihr Öl folgende Gütekriterien, die ich Ihnen im nächten Blogeintrag noch genauer erläutern werde, aufweisen:

  • Kaltgepresst (nicht gesetzlich geschützt!)
  • Nativ
  • Bio

Es sollte NICHT raffiniert sein, nicht desodoriert und nicht chemisch extrahiert sein. Genau das ist oft nicht so ohne weiteres zu erkennen.

Bis bald,

Ihr Dr. Thomas Kurscheid

 

 

 

 
Hallo, ich bin gerade dabei meine Ernährung umzustellen. Hierfür habe mir mir vorgenommen viel Salat und viele Suppen zu essen. Bei Salaten bin ich schnell an meine Grenzen gekommen, alles hat gleich geschmeckt. Um mich weiter zu motivieren habe ich verschiedene Öle gekauft. Dieses hat mich besonders überrascht: https://www.suppenhandel.de/baerlauch-oel-wiberg alleine durch das Öl sind meine Gerichte so viel geschmacksvoller! Grüße Tom
 
Sehr geehrte Damen und Herren! In Ihrem Artikel über Fette heißt es, mehrfach ungesättigte Fette eignen sich nicht zum Braten. Welche Fette eignen sich denn zum Braten. Auf diese Frage wird leider keine Antwort gegeben. Mit freundlichem Gruß J. Berger-Otte
Bild des Benutzers EAT SMARTER
Hallo Joheis, hier finden Sie eine gute Übersicht über Öle, die zum Braten geeignet sind: http://eatsmarter.de/ernaehrung/news/welches-oel-zum-braten Viele Grüße von EAT SMARTER
 
Hallo, und ich dachte, die Zeiten, dass so undifferenziert mehrfach ungesättigte Fettsäuren propagiert werden, wären lange vorbei ... ? In dem Zusammenhang finde ich es zusätzlich bedauerlich, dass nicht einmal auf die Problematik Omega-3-/Omega-6-Fettsäure eingegangen wird. Denn mit Omega-6-Fettsäuren ist man bei heutiger durchschnittlicher Ernährung doch eher "überversorgt".
Schreiben Sie einen Kommentar