TK Banner
Advertorial

Allergisch gegen Nahrungsmittel – wie viel Hype steckt dahinter?

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 24. Mär. 2022
Glutenfrei-Schild

Schaut man durch die Supermarktregale, dann scheint ein Produkt ohne Zusätze wie „lactosefrei“ oder „glutenfrei“ kaum noch verkäuflich zu sein. Gefühlt leiden immer mehr Menschen unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien. Tatsächlich ist der Anteil an Menschen, die auf bestimmte Lebensmittel allergischer reagieren, aber verschwindend klein.

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

„Für mich bitte Sojamilch“; „mein Brot backe ich nur noch selbst, und zwar aus Kastanienmehl“; „Fructose macht bei mir immer Bauchgrummeln“… man braucht sich nur in seinem Bekanntenkreis umhören, um einen Eindruck zu bekommen, welche Unverträglichkeiten augenscheinlich auf dem Vormarsch sind. Ganz klar: das vorsorgliche Vermeiden von Lebensmitteln ist auf dem Vormarsch. Das beginnt schon bei Kleinkindern, denen seitens der Eltern Kuhmilch und Weißmehlprodukte vom Speiseplan gestrichen werden. Dahinter steht die diffuse Angst, das Kind könnte eine Allergie entwickeln.

Paradox, sagen Ernährungsberater. Denn Kinder benötigen sogar eine große Nahrungsvielfalt, um auch potenziell reizende Stoffe unproblematisch verdauen zu können.

Die wenigsten haben wirklich Unverträglichkeiten

Anders, als es Regale voller Speziallebensmittel „frei von“ suggerieren, haben die wenigsten Menschen in Deutschland tatsächlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie. Zu diesem Schluss kam zuletzt die TK-Ernährungsstudie 2017, für die 1200 Männer und Frauen ab 18 Jahren aus ganz Deutschland befragt wurden. „82 Prozent der Befragten können essen, was sie wollen. Sie haben weder Lebensmittel-Unverträglichkeiten noch Allergien“, so die Bilanz der Studien-Autoren.

Seit der letzten Studie 2013 habe sich der Anteil von Allergikern nicht erhöht. Doch „der gefühlte Anstieg liegt in der erhöhten Aufmerksamkeit begründet“, konstatiert die Studie. „Gesprochen und geschrieben wird deutlich häufiger über Unverträglichkeiten als sie tatsächlich bestehen.“

Gut lässt sich dieser Trend am Beispiel von Laktose-Unverträglichkeit nachvollziehen: Laut TK-Studie geben sieben Prozent der Menschen in Deutschland an, keinen Milchzucker zu vertragen – das sind fast doppelt so viele wie bei der Befragung vier Jahre zuvor.

Auf der einen Seite steht, dass sich die Testverfahren immer weiter verbessern und eine Unverträglichkeit immer besser nachgewiesen werden kann. Doch auch die erhöhte mediale Aufmerksamkeit dürfte dazu beitragen, dass immer mehr Menschen meinen, keinen Milchzucker zu vertragen.

Die wichtigsten Allergien und Unverträglichkeiten im Überblick

Lactose-Intoleranz

Sie ist die häufigste Intoleranz: 15 Prozent der Bevölkerung leiden an einer Laktose-Intoleranz oder Milchzucker-Unverträglichkeit.

Hervorgerufen wird Lactose-Intoleranz durch einen Mangel an Laktase, dem Enzym, das für die Aufspaltung des Kohlenhydrats der Milch (Milchzucker) im Dünndarm zuständig ist. Fehlt Laktase, dann bleibt der Milchzucker im Darm und beginnt zu gären. Blähungen und Durchfall sind dann die Folge.

Eine Störung der Lactoseverwertung bedeutet allerdings nicht, dass Betroffene komplett auf Milch und ihre Produkte verzichten müssen: Häufig ist die Verwertung von Milchzucker nur zum Teil gestört und kleine Mengen werden gut vertragen. Daher reicht das Spektrum der Behandlung vom Verzicht lediglich größerer Mengen Trinkmilch bis zum völligen Verzicht auf Milch/Milchprodukte und lactosehaltige Lebensmittel.

Etablierter Nachweis für eine Lactose-Intoleranz ist der H2-Atemtest. Nach Gabe von Laktose wird bei diesem Test das Gas H2 in bestimmten Zeitabständen in der ausgeatmeten Luft bestimmt.

Wer sich infolge einer Lactose-Intoleranz lactosearm ernährt, muss darauf achten, genügend Kalzium zu sich zu nehmen. Hier bieten sich "lactosefreie" Milchprodukte ebenso an wie kalziumreiches Mineralwasser (> 150 Milligramm Kalzium pro Liter). Der lebenswichtige Mineralstoff steckt aber auch in Grünkohl, Brokkoli und Lauch oder in Obstsorten wie schwarze Johannisbeeren, Apfelsinen, Brombeeren und Kiwis.  

Laktosefreie Rezepte

Zöliakie

Gluten oder Klebereiweiß heißt der Stoff, gegen den das Immunsystem mancher Menschen heftig reagiert. Die Folge ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die nur durch einen kompletten Verzicht auf Gluten in den Griff zu bekommen ist.

Gluten ist ein Eiweiß, das in heimischen Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Gerste vorkommt. Auch Dinkel, Emmer und Kamut als Urformen des Weizens ebenso wie Grünkern (unreif geernteter und gedarrter Dinkel) enthalten ebenfalls Gluten.

Anders als bei der Lactose-Intoleranz handelt es sich bei Zöliakie um eine Autoimmunerkrankung. Das heißt, auch kleinste Mengen Gluten reichen aus, um die typischen Beschwerden wie chronische Bauchschmerzen, Durchfälle und Blähungen, Untergewicht, Wachstumsstörungen, Verstopfung, Appetitlosigkeit, plötzlicher Gewichtsverlust, Gelenkbeschwerden und Müdigkeit hervorzurufen.

Um Zöliakie zu diagnostizieren, muss eine Dünndarmspiegelung mit Entnahme einer Gewebeprobe durchgeführt werden. Vor der Dünndarmspiegelung darf in keinem Fall auf Gluten verzichtet werden, da die Untersuchungen dann nicht ausgewertet werden können.

Bei einer Zöliakie muss das krankheitsauslösende Eiweiß Gluten komplett aus der Ernährung gestrichen werden: Weizen, Gerste, Dinkel, Roggen und Hafer sowie Produkte daraus sind tabu. Erlaubt sind glutenfreie Produkte und Mehle aus Mais, Hirse, Buchweizen, Reis, Soja, Quinoa, Amaranth, Kichererbsen und Teff. Wird die Diät konsequent eingehalten, baut sich die durch die Dauerentzündung abgeflachte Darmschleimhaut schnell wieder auf. Es gilt jedoch, am Ball zu bleiben, denn die Erkrankung bleibt ein Leben lang.

Glutenfreie Rezepte

Fruktose-Malabsorption

Wer nach dem Genuss von Obst Beschwerden wie Blähungen, Übelkeit, Durchfall oder auch Verstopfung bemerkt, der leidet eventuell an einer Unverträglichkeit von Fruchtzucker. Zugrunde liegt eine Transporterstörung im Dünndarm: Der Fruchtzucker wird nicht vollständig in die Blutbahn transportiert, sondern bleibt im Dickdarm zurück, wo er auch abgebaut wird.

Wie bei der Lactose-Intoleranz wird auch bei der Fruktose-Malabsorption die Diagnose über einen H2-Atemtest gestellt. Bestätigt sich der Verdacht, muss der Betroffene die Aufnahme von Fruktose in Form von Obst und Obstsäften sowie größere Zuckermengen einschränken und auf Sorbit (E 420) verzichten. Ein individueller Kostplan hilft, sich dennoch ausgewogen zu ernähren.

Beim Verzehr von viel Obst und Obstsäften kann es auch zu einem Fruchtzucker-Überhang kommen. Grund hierfür ist keine Transporterstörung, der Körper kann lediglich das Zuviel an Fruchtzucker nicht verstoffwechseln. Wenn der Verzehr von Obst auf maximal zwei Portionen am Tag zurückgeschraubt wird, vergehen die Beschwerden von selbst.

Histamin-Unverträglichkeit

Hautrötungen, Juckreiz und Quaddelbildung, Übelkeit bis hin zu Erbrechen, Durchfall, Magenkrämpfen, Herzrasen, Schwindel, Empfindungsstörungen, laufende Nase, Asthma, aber auch Kopfschmerzen und Migräne – die Symptome der sogenannten so genannten Histaminose sind vielfältig.

„Unruhestifter“ ist in diesem Fall das Histamin, eine biologisch aktive Substanz. Ärzte gehen davon aus, dass bei einer Histamin-Intoleranz ein Ungleichgewicht zwischen der Histamin-Bildung, -Aufnahme und dem Histamin-Abbau vorliegt.

Bei Verdacht auf Histaminunverträglichkeit sind zwei Bluttests in Kombination mit einer Diät ratsam.

Hier finden Sie eine Übersicht über histaminarme und -reiche Lebensmittel 

Bitte nicht ohne Grund Lebensmittel meiden

Nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene gilt: Lebensmittel prophylaktisch wegen potenzieller allergener Inhaltsstoffe zu meiden ist nicht nur sinnlos, sondern häufig auch teuer. Glutenfreie Lebensmittel beispielsweise sind oft aufwändig hergestellt und schlagen deutlich mehr zu Buche als vergleichbare Produkte aus Weizenmehl. Auch mit dem Label „laktosefrei“ lässt sich viel Geld machen. Dabei sind viele Milchprodukte wie Butter und Hartkäse ohnehin so gut wie frei von Milchzucker.

Häufig entsteht subjektiv der Eindruck, dass es einem besser geht, wenn bestimmte Lebensmittel nicht verzehrt werden. Dagegen ist im Prinzip auch nichts einzuwenden: Wenn sich jemand auch ohne Zöliakie glutenfrei ernährt und sich deshalb besser fühlt – warum nicht?  

 
Vielen Dank für den recht aufschlussreichen Artikel über Lebensmittel-Intoleranz. Als Betroffene fühle ich mich allerdings auch ein bisschen auf den Schlips getreten. Wir 'Intoleranten' sind froh, darüber, dass es eine größere mediale Aufklärung gibt und das Angebot in den Supermärkten größer wird. Vorbei die Zeiten, in denen Ahnungslose Gluten mit Glutamat verwechseln und die Augen verdrehen, wenn man im Restaurant nach glutenfreien Speisen fragt. Juchu - kann ich da nur sagen! Endlich! Und mal ehrlich, welche anderen Säugetiere geben Ihren Säuglingen Kuhmilch? Haben Sie schon einmal gesehen, dass ein Elefantenbaby an einem Kuh-Euter nuckelt, weil es nicht genügend Kalzium bekommen könnte? Für Menschen-Babys gibt es Muttermilch und die Natur 'bestimmt' den Zeitraum. Müssen wir uns wirklich immer gegen die Regeln der Natur stemmen, nur weil wir den Luxus des Konsumüberflusses leben 'dürfen'. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: glutenfrei zu essen, um abzunehmen, halte ich auch für Schwachsinn, da die Produkte ohne Gluten mit entsprechenden Austausch-Mehlen nicht wirklich gesünder oder ärmer an Kohlehydraten sind. Meist sogar das Gegenteil. Fakt ist doch: egal ob mit oder ohne Unverträglichkeiten - eine ausgewogene, regional und saisonale Ernährung sollte für alle auf dem Speiseplan stehen.
Schreiben Sie einen Kommentar