Was heißt eigentlich Bio?

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 10. Nov. 2020
Bund Möhren

Bio oder nicht Bio – diese Frage wird heiß diskutiert. Für die einen sind Bio-Siegel reiner Etikettenschwindel, andere setzen konsequent auf Produkte aus ökologischer Landwirtschaft. Wir haben Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg zu den wichtigsten Fakten rund um „Bio“ befragt.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Bei welchen Lebensmitteln lohnt es sich, Bio zu kaufen?
  2. Haben Bio-Lebensmittel mehr Nährstoffe?
  3. Dürfen Bio-Äpfel auch gespritzt sein?
  4. Was ist der Unterschied zwischen Naturkost und Bio-Lebensmitteln?
  5. Gibt es einen Unterschied zwischen Bio und Öko?
  6. Sind Billig-Bio-Produkte vom Discounter genau so gut wie die teuren?
  7. Wie kann ich Bio für die Familie kochen und die Ausgaben gering halten?
  8. Ist bio immer bio? Und wer kontrolliert, ob die Richtlinien eingehalten werden?
  9. Was regelt die EU-Bio-Verordnung?
  10. Wie zuverlässig sind eigentlich die verschiedenen Bio-Siegel?
  11. Die größten deutschen Bioverbände

1. Bei welchen Lebensmitteln lohnt es sich, Bio zu kaufen, bei welchen ist es egal?

Das kommt auf die eigenen Essgewohnheiten an. Ich persönlich finde, dass gerade der geschmackliche Vorteil bei Kartoffeln für Bio-Anbau spricht. Auch die konventionelle Tierhaltung halte ich für problematisch, denn die Tiere leiden sehr. Daher würde ich auch bei Fleisch und Milchprodukten sagen, dass das Bio-Label ein guter Weg ist.

Es gibt auch Untersuchungen, dass die Unterschiede beispielsweise bei Weißkohl oder Zwiebeln nicht so groß sind. Ich persönlich halte Bio aber immer für lohnenswert.

2. Haben Bio-Lebensmittel mehr Nährstoffe als konventionell angebaute Nahrung?

Es ist nicht eindeutig nachgewiesen, dass Bio-Lebensmittel mehr wertgebende Inhaltsstoffe enthalten als konventionell angebaute Nahrung. Die Studienergebnisse sind sehr unterschiedlich. Bei Bio-Milch wurde zum Beispiel ein höherer Gehalt an gesundheitsfördernden Fettsäuren, wie Omega-3-Fettsäuren oder Linolensäure, nachgewiesen.

Außerdem wurde in Studien festgestellt, dass Bio-Lebensmittel deutlich weniger Pestizide, antibiotikaresistente Keime und einen geringeren Anteil des nierenschädigenden Schwermetalls Cadmium enthalten.

3. Dürfen Bio-Äpfel auch gespritzt sein?

Ja, allerdings nicht mit chemisch-synthetischen Pestiziden. Die sind im Bio-Anbau nicht erlaubt. Biobauern versuchen, mit einer bestimmten Sortenwahl, Fruchtfolgen oder naturnaher Bodenbearbeitung die Pflanzen widerstandsfähig zu machen. Auf Höfen, die biologisch wirtschaften, werden Obst und Gemüse hauptsächlich mit bestimmten Pflanzenauszügen gespritzt.

Diese Pflanzenstoffe auf naturstofflicher oder mikrobieller Basis sind meistens harmlos. Problematisch sind allerdings einige Kupfermittel beim Apfel-, Wein oder Kartoffelanbau. Da sie sich im Boden anreichern können, gelten strenge Mengenbegrenzungen. Die Wissenschaftler arbeiten an Alternativen.

4. Was ist der Unterschied zwischen Naturkost und Bio-Lebensmitteln?

Die Qualität von Bio-Lebensmittel ist gesetzlich durch die EU-Bio-Verordnung geregelt. Sie schreibt zum Beispiel vor, welche E-Nummern in Lebensmitteln enthalten sein und wie Obst und Gemüse angebaut werden dürfen. Für Naturkost gelten diese Richtlinien nicht, da der Begriff nicht geschützt ist. Naturkost ist mehr ein Oberbegriff für natürliche Ernährung und für unverarbeitete Lebensmittel.

5. Gibt es einen Unterschied zwischen Bio und Öko?

Nein. Wenn „bio“ oder „öko“ auf der Packung steht, muss die EU-Bioverordnung eingehalten werden. Für diese Lebensmittel gelten dann Vorgaben, wie beispielsweise mehr Platz und Grünauslauf für Legehennen, keine Gentechnik, keine chemisch-synthetischen Pestizide oder deutlich weniger Zusatzstoffe wie Farb- oder Süßstoffe in Fertigprodukten. So sind bei konventionellen Produkten circa 320 E-Nummern zugelassen, im Biobereich nur 50.

6. Sind Billig-Bio-Produkte vom Discounter genau so gut wie die teuren?

Im Prinzip ja, denn allein vom Preis kann man nicht auf die Qualität von Bio-Lebensmitteln schließen. Auch bei günstigen Bio-Produkten vom Discounter gilt die EU-Bio-Verordnung, man kann also davon ausgehen, dass gewisse Mindest-Standards eingehalten werden. Allerdings handelt es sich bei diesen Produkten oft um Massenware, die häufig auch nicht aus Deutschland kommt.

Nur so können die Discounter ihre Ware günstig anbieten. Einige Verbände wirtschaften aber über die Standards der EU-Bio-Verordnung hinaus. Sie legen beispielsweise viel Wert auf Auslauf für die Tiere und verzichten auf bestimmte Inhaltsstoffe. Dadurch werden die Produkte teurer, sind aber auch geschmacklich oft besser.

7. Wie kann ich Bio für die ganze Familie kochen und die Ausgaben dennoch gering halten?

Biolebensmittel sind teurer als konventionell erzeugte Produkte, weil die Erzeugung oder die Tierzucht aufwändiger sind: So setzen Biobauern auf mechanische Unkrautbekämpfung statt Chemie, und Tiere aus biologischer Landwirtschaft kommen regelmäßig auf die Weide. Man kann sparen, indem man Obst und Gemüse den Jahreszeiten entsprechend auswählt.

Manchmal ist es auch preiswerter, Regionales zu kaufen als zum Beispiel Bio-Frühkartoffeln aus Ägypten oder Bio-Kiwis aus Neuseeland. Bei pflanzlichen Lebensmitteln sind die Preisunterschiede nicht ganz so gravierend wie beim Fleisch. Wer ganz knapp bei Kasse ist, könnte beim Kochen mit pflanzlichen Lebensmitteln beginnen. Preise zu vergleichen lohnt sich häufig.

8. Auf so vielen Lebensmitteln steht mittlerweile "bio". Aber stimmt das immer? Und wer kontrolliert, ob die Richtlinien für Bio-Anbau oder Bio-Tierhaltung eingehalten werden?

Deutschlandweit gibt es Kontrollstellen, die Bio-zertifizierte Betriebe überwachen. Dazu gehören auch unangekündigte Besuche. Auf der Verpackung des Lebensmittels ist immer ein Hinweis abgebildet, welche Kontrollstelle das jeweilige Lebensmittel kontrolliert hat. Dazu kommt, dass auch die staatlichen Kontrollstellen Bio-Lebensmittel unter die Lupe nehmen. Auch Öko Test und Stiftung Warentest beziehen regelmäßig Bio-Lebensmittel mit in ihre Lebensmitteltests ein.

9. Was regelt die EU-Bio-Verordnung?

Die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau regeln, wie landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel erzeugt und hergestellt werden müssen, um als Bio-Produkte gekennzeichnet werden zu dürfen. Die Vorgaben werden schwerpunktmäßig durch private Kontrollstellen (ihre Nummer steht auf jedem Produkt), aber auch durch die staatlichen Überwachungsbehörden kontrolliert.

Tests in unregelmäßigen Abständen werden auch von der Stiftung Warentest oder Ökotest durchgeführt. Auch Supermärkte lassen teilweise im Rahmen ihrer Qualitätssicherungsmaßnahmen Pestiziduntersuchungen durchführen.

10. Wie zuverlässig sind eigentlich die verschiedenen Bio-Siegel?

Die Vergabe des nationalen deutschen Bio-Siegels und des EU-Bio-Logos richten sich nach den Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau. Diese Siegel sowie die Bezeichnungen „öko“ und „bio“ sind gesetzlich geschützt und gewährleisten beispielsweise auch, dass Fertigprodukte wie Pizzen oder Kekse mit Bio-Siegel zu 95 Prozent nach diesen Richtlinien hergestellt werden müssen.

Einige deutsche Bioverbände wie Demeter oder Bioland haben einen höheren Anspruch an die Produktion, zum Beispiel kein Einsatz von Aromastoffen oder mehr Grünauslauf für die Tiere. Die genauen Kriterien finden Sie auf den Internetseiten der jeweiligen Verbände.

Silke Schwartau ist Diplom-Ökotrophologin und leitet die Abteilung "Ernährung und Lebensmittel" bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Das Interview führte EAT SMARTER-Onlineredakteurin Lina Nagel. 

Die größten deutschen Bioverbände

 
Der Satz "Auch die konventionelle Tierhaltung halte ich für problematisch, denn die Tiere leiden sehr" bedarf einer Erläuterung. Woher hat Frau Schwartau diese Erkenntnis gewonnen, und wie kann sie belegen, dass Tier in ökologisch geführten Betrieben weniger "leiden"? - Ich halte es für bedenklich, wenn Konsumentenberater derartige Platitüden von sich geben, ohne sie wenigstens ansatzweise zu erläutern oder durch Fakten zu untermauern. Auch wurde hier seitens der Reporterin versäumt nachzufragen. So entsteht ideologisch verbrämtes Halbwissen.
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