Tipps von der Expertin

Nordic Walking, aber richtig!

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Nordic Walking
Nordic Walking

Gerade für Einsteiger ist Nordic Walking eine ideale Sportart. Sie fördert die Fettverbrennung, stärkt das Herz-Kreislaufsystem und trainiert die Muskeln der Wirbelsäule. Doch der Gang mit den Stöcken will gelernt sein, sonst drohen Schäden an den Gelenken. In einem Gastbeitrag weist Walking-Expertin Dr. Petra Mommert-Jauch vom Deutschen Walking Institut (DWI) auf typische Fehler hin und gibt Tipps, wie man sie vermeidet.

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Die Nordic Walking-Gemeinde wächst und wächst. Doch unter den Läufern gibt es auch viele Walker, die die Technik nicht richtig beherrschen. Häufig wird mit den Stöcken vor dem Körper „herumgestochert“. Dabei machen die Walker dann auch noch viel zu lange Schritte. Diese Bewegungsmerkmale helfen dem Körper keineswegs, sie führen eher zu Rücken- und Gelenkschmerzen.

Nordic Walking – Vorsicht vor der falschen Technik!

Wer sich diese falsche Technik angewöhnt hat und nicht korrigiert, kann Probleme bekommen. Im schlimmsten Fall können sich genau die Beschwerden verstärken, denen der Sport entgegenwirken soll: Nackenverspannungen, Rückenschmerzen sowie Probleme mit Knie- und Hüftgelenk. Dabei kann sich Nordic Walking, genauso wie Walking – richtig betrieben – positiv auf Rücken- und Gelenkschmerzen auswirken. Zuallerst ist aber eine Gangschulung wichtig, da so die Kräfte reduziert werden, die beim Gehen auf Rücken, Hüften und Knie wirken. Bei jedem Schritt steht der Körper für kurze Zeit auf einem Bein. Dabei droht das Becken durch das falsche Gangmuster abzukippen. Nun müssen die Muskeln zwischen Hüfte und Standbein einen kräftigen Zug ausüben, das Hüftgelenk trägt jetzt das Dreifache des Körpergewichts Wer also Rückenprobleme hat oder diese beim Nordic Walking bekommt sollte sich unbedingt das Gangbild diagnostizieren lassen. Das kann zum Beispiel von einem DWI-geschulten Nordic Walking-Therapeuten oder Physiotherapeuten gemacht werden. Im DWI wird die sogenannte Orto-Med-Technik gelehrt – eine orthopädisch-medizinisch orientierte und damit funktionelle und schonende Nordic Walking-Technik, die speziell für Personen mit körperlichen Beschwerden und geeignet ist.

Erst ohne Stöcke: Lernen Sie den richtigen Nordic Walking Gang

Das Wichtigste ist, erst einmal ohne Stöcke richtig zu gehen. Wenn diese nämlich sofort in die Hand genommen werden, konzentrieren sich viele Walker auf ihre Arme und vernachlässigen die Bewegungen der Beine und des Beckens. Im Grundsatz basiert Nordic Walking auf dem natürlichen »Diagonalgang«: Die rechte Schulter schwingt gemeinsam mit der linken Hüfte vorwärts – und umgekehrt. Kommen die Stöcke ins Spiel, wird die Sache komplizierter. Die Versuchung, die Sportgeräte als Spazierstöcke zu missbrauchen, ist groß. Natürlich können Menschen, die Hüft- oder Kniegelenksprobleme haben, die Stöcke auch nutzen, um sich abzustützen und damit die betreffenden Bereiche zu entlasten. Die eigentliche Funktion der Stöcke ist aber eine andere: Sie sollen schräg hinter dem Körper eingesetzt werden und dem Körper so einen Schub verleihen. Ähnlich wie beim Skilanglauf sollten die Stöcke dann im Schwung nach hinten losgelassen werden. Mit dem Öffnen der Hände hinten wird die Kettenreaktion der Beugemuskeln durchbrochen und die aufrichtenden Muskeln arbeiten. Dieser Stockeinsatz muss erlernt werden. Denn dadurch werden Muskelgruppen beansprucht, die zur Aufrichtung beitragen und die Wirbelsäule stabilisieren. Das wiederum fördert eine gute Haltung. Das übliche Stützen auf die Stöcke oder das sogar sportlich gemeinte Aufsetzen des Stockes am vorderen Fuß löst eine sehr komplexe und häufig völlig falsche Ansteuerung aller Beugemuskeln auf der Rumpfvorderseite aus. Diese Muskeln aber sind verantwortlich für die meisten Nackenverspannungen und Rückenprobleme.

Nordic Walking: Auf diese Bewegungen kommt es an

Wer richtig walken möchte, sollte die Schulterachsen-Beckenachsen-Gegenrotation beherrschen. So arbeiten die diagonal geschalteten Extremitäten zur selben Zeit in die gleiche Richtung. Dadurch wird die tiefstliegende Rumpfmuskulatur integriert. Denn gerade diese Muskeln tragen zur Stabilität der Wirbelsäule bei. Obwohl diese Rotation die natürlichste und funktionellste überhaupt ist, haben wir sie verlernt. Wohl auch aus diesem Grunde gibt es so viele Menschen mit Rückenproblemen. Diese Bewegung bewusst durchzuführen ist zu Anfang eher ungewohnt und bedarf tatsächlich eines Lernprozesses und einer entsprechenden Anleitung. Leider wird dieser Mechanismus üblicherweise in Ausbildungen zum Thema Nordic Walking kaum richtig besprochen oder gar gelehrt, da meistens der Ausdauercharakter der Sportart im Vordergrund steht. Um Rückenprobleme und Schmerzen effektiv zu vermeiden, sollte der Rumpf aufgerichtet sein. Der Oberkörper sollte dabei nicht nach vorne gebeugt werden, auch wenn das häufig so gelehrt wird. Halten Sie den Körper daher aufrecht. Passionierten Nordic Walkern und Rheumatikern sollte man aber zusätzlich noch etwas raten: Hin und wieder ohne Stöcke loszumarschieren dient nicht nur dem Gleichgewichtsvermögen, sondern auch der Koordination und der verbesserten Ansteuerung aller Muskelgruppen und damit der Kraft. Denn wer nur noch »am Stock geht«, riskiert die natürliche Körperbalance. Der Körper »vergisst« mit der Zeit, wie Unebenheiten am Boden auszugleichen sind. Die Sturzgefahr wächst. Außerdem wird die Muskulatur der unteren Extremitäten zum Teil weniger gefordert. Diese aber ist dringend notwendig, um Knie- und Hüftgelenke zu stützen und zu schützen. Also von allem Etwas, mal mit, mal ohne Stöcke. Die richtige Balance im Training ist eine gute Voraussetzung für die richtige Balance im Leben.

Dr. Petra Mommert-Jauch arbeitet am Deutschen Walking Institut. Das Institut hat es sich zur Aufgabe gemacht, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse für Walking-Trainer aufzubereiten.

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