Die Getränkeprüferin
Warum Tomaten zu entsaften so kompliziert ist

Nicht von schlechten Tomaten

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 27. Dez. 2018

Tomatensaft im Flugzeug? Dieses Phänomen wird vielleicht nie geklärt. Das dickflüssige rote Getränk kann aber noch ganz andere Geheimnisse bergen! Wurde der Tomatensaft wirklich – wie gesetzlich vorgeschrieben – nur aus Früchten hergestellt, die „gesund, angemessen reif und frisch“ waren? Und können wir das geschmacklich überhaupt beurteilen? Salz und Pfeffer können Fehlaromen nämlich leicht kaschieren. Doch die moderne Laboranalytik lässt sich nicht so einfach hinters Licht führen!

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Unreif, reif, überreif – es ist immer eine Gratwanderung, den Reifezustand einer Frucht genau zu bestimmen. Zumal man sich vorstellen muss, dass für die industrielle Tomatensaftproduktion große Mengen geerntet und verarbeitet werden. Da lassen sich „Fehlerkandidaten“ trotz bestens ausgefeilter Prozesse nicht hundertprozentig ausschließen. Wenn aber mehr unreife als reife, zu viele überreife oder gar schimmelige Tomaten in der Saftpresse landen, leidet die Qualität des Enderzeugnisses. Das ärgert den Kunden und natürlich genauso den Hersteller.

Damit wirklich nur geeignete Früchte den Weg ins Saftglas finden, ist dank moderner Analysentechniken bereits bei der Wareneingangskontrolle eine treffsichere Auswahl qualitativ hochwertiger Ausgangszutaten möglich. Und genauso dienen diese Methoden auch der Qualitätsprüfung des Tomatensaftes. Dabei leistet die Natur selbst auch noch einen wichtigen Beitrag. So ist für unreife Tomaten der natürlicherweise enthaltene Stoff alpha-Solanin charakteristisch.

Wenn wir bei SGS Institut Fresenius durch Laboranalysen zu viel von diesen Subtanzen im Tomatensaft – oder auch anderen Tomatenerzeugnissen – finden, ist das ein klarer Hinweise darauf, dass unreife Früchte verarbeitet wurden. Gelangt verschimmelte Ware in den Herstellungsprozess, lassen sich Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen nachweisen, zum Beispiel Ergosterin.

Der Vollständigkeit halber noch dieses: Tomatensaft soll im Flugzeug angeblich so beliebt sein, weil aufgrund der Niedrigdruckverhältnisse im Flugzeug fruchtige Gerüche und süße, kühlende Geschmackseindrücke in den Vordergrund treten. Das unter Normaldruck oft wahrgenommene erdig-muffige Aroma von Tomatensaft verliert dagegen an Intensität. Qualitativ schlechter Tomatensaft würde uns also wahrscheinlich in hohen Lüften noch weniger auffallen als am Boden. Umso beruhigender ist es, dass die meisten Hersteller und Händler im Rahmen ihrer Wareneingangs- und Warenausgangsprüfungen unabhängige Labore mit der Qualitätskontrolle beauftragen.

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Über die Autorin dieses Beitrags

Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte-Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.   

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