Tschüss Süßstoff! | EAT SMARTER

Mein Selbstversuch

Tschüss Süßstoff!

Von Oona Mathys

Süßstoff Tabletten

Süßstoff – so klein und doch so groß diskutiert. Ist er unbedenklich? Macht er dick? Oder im schlimmsten Fall sogar krank? In einem Selbstversuch habe ich getestet, wie sich eine Auszeit von der künstlichen Süße auf den Körper und die Psyche auswirkt.

Inhaltsverzeichnis

  1. Der erste Kaffee
  2. Alternative Süßungsmittel
  3. Das süße Fazit

Zum Frühstück einen Latte Macchiato mit Milch und klick, klick, klick – hüpfen drei weiße Tabletten mit in die Tasse.

Ich benutze Süßstoff seit Jahren in jeglicher Form. Ob im Kaffee, als flüssiges Süßungsmittel im Joghurt oder als Zuckeralternative beim Backen. Mein Umfeld hat immer die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und gesagt: „Du ernährst dich so gesund und ziehst dir dann diesen synthetischen Kram rein“. Stimmt, das ist eigentlich ein Widerspruch. Aber auf Grund meiner damaligen Essstörung und meiner Angst vor Zucker hatte sich die Verwendung von Süßstoff ebenso eingebürgert.

Natürlich habe ich mich mit der Wirkungsweise und den möglichen Konsequenzen des Süßstoffkonsums auseinandergesetzt. Und auch Wissenschaftler diskutieren seit Jahren über die tatsächlichen Vor- und Nachteile des Zuckerersatzes. Jedoch ist es beim Thema Süßstoff so wie bei jedem anderen auch: Es gibt immer eine Studie, welche die Unbedenklichkeit beweist, und eine andere,die diese widerlegt. Die einzige Möglichkeit die mir also blieb, war ein Selbstversuch. So habe ich mich vor kurzem dazu entschlossen, dem Süßstoff endlich den Laufpass zu geben und ihn bei Bedarf durch natürliche Süßungsmittel auszutauschen.

Dabei gab es verschiedene Umstände, die mich zu diesem Schritt bewegt haben. Oft hatte ich das Gefühl nach Mahlzeiten mit künstlicher Süße nicht richtig satt zu sein, war schnell wieder hungrig und hätte ganze Berge verschlingen können.

Meine Empfindungen decken sich dabei mit der Meinung von Susan Swithers, einer Dozentin für Psychologie an der Purdue Universität in Indiana. Sie sagt, dass der Körper aus dem Geschmack und der Textur von Lebensmitteln lernen kann, wie viele Kalorien die Nahrung enthält. Künstliche Süßstoffe bringen diese Beziehung aus dem Gleichgewicht. Das bedeutet: Man hat eigentlich genug gegessen. Es fühlt sich aber nicht so an.

Ein weiter Grund war, dass ich es wahnsinnig spannend finde, meine Ernährung umzustellen und die Wirkung auf meinen Körper und meine Psyche festzustellen.

Der erste Kaffee

Latte Macchiato mit Herz

Tag 1. Gestern habe ich alle meine Süßstoffe entsorgt, nicht nur in die hinterste Schrankecke gestellt, sondern wirklich zur Mülltonne getragen. „Ich bin fertig mit dem Thema Süßstoff“ denke ich, bis mein heißgeliebter Latte Macchiato auf dem Tisch steht. Der erste Schluck ist bitter. Sowohl der Geschmack, als auch die Erkenntnis, dass ich nun wahrscheinlich viel weniger Kaffee trinken werde.

Um ehrlich zu sein, bereue ich den Selbstversuch schon in diesem Moment. Ich frage mich, warum ich mir etwas beweisen möchte und nicht einfach weiter Süßstoff benutze. Aufgeben ist aber definitiv keine Option. Ich werde das durchziehen und am Ende ohne Süßstoff leben. Das klingt ein bisschen nach einem Entzug, oder? Den Kaffee habe ich dann erst einmal Kaffee sein lassen und mich meinem Frühstück gewidmet. Um nicht gleich in das nächste süße Tief zu fallen, gab es ein herzhaftes Rührei mit Tomaten.

Tag 2–3. Der morgendliche Wachmacher schmeckt zwar immer noch scheußlich, erfüllt aber seinen Zweck und langsam gewöhne ich mich auch an den Geschmack. Wahrscheinlich könnt ihr es nicht glauben, dass ich noch nie das echtes Kaffeearoma erfahren konnte, oder?

Nach meinem Frühstück mache ich mich auf den Weg in den Supermarkt, um herauszufinden, in welchen Lebensmitteln sich Süßstoff versteckt. Ich kann bei meinem Supermarktcheck feststellen, dass fast alle Light- und Diätprodukte in irgendeiner Form einen Zuckerersatz enthalten. Auch in Kaugummis und kalorienarmen Getränken tauchen die Süßstoffe immer häufiger auf.

Dabei ist oft nicht klar, dass sich hinter Bezeichnungen wie SaccharinAcesulfam K und Cyclamat ebenfalls synthetische Süßungsmittel verstecken. Teilweise folgen noch weitere Namen, die jeden Zungenbrecher locker in den Schatten stellen könnten. Dabei hatte doch schon Oma gesagt: "Iss' nichts, was du nicht aussprechen kannst". Und daran halte ich mich jetzt auch, Oma.

Alternative Süßungsmittel

Tag 4. Heute geht es ins Reformhaus, um meinen Bestand an süßen Alternativen zu weißem Haushaltszucker aufzustocken. Als angehende Ernährungswissenschaftlerin achte ich besonders auf die Nährstoffzusammensetzung und den zusätzlichen Mehrwert, den mir Lebensmittel bieten können. So liefert herkömmlicher Zucker ausschließlich "leere Kalorien", während natürliche Süßungsmittel eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen enthalten. 

Um nicht den gesamten Laden leer zu kaufen, beschränke ich mich letzen Endes auf fünf Zuckeralternativen.

Apfelsüße 

ApfelsüßeDie sirupartige Apfelsüße wird ausschließlich aus Äpfeln gewonnen und schmeckt süß, aber nicht fruchtig. Ich werde die Apfelsüße zum Kochen, Backen und in meinen Frühstückskreationen verwenden. Dabei entspricht ein Teelöffel Apfelsüße der Süßkraft von einem Teelöffel Zucker. Wegen des hohen Fruchtzuckergehalts, sollte jedoch auch Apfelsüße in Maßen verwendet werden.

 

Datteln 

DattelnDatteln sind nicht nur lecker, sie enthalten auch einen hohen Anteil an Magnesium, Phosphat und Kalzium. Klein geschnitten versüßen die Früchte jedes Müsli und können als Paste auch beim Backen eingesetzt werden. Dazu circa 25 Datteln zwei bis vier Stunden in warmem Wasser einweichen, anschließend entkernen und im Mixer zu einem Brei zerkleinern. Die fertige Dattelpaste hält im Kühlschrank mehrere Tage.

 

Xylit

xylitXylit ist ein natürlicher Zuckerersatz, der aus Maispflanzen- oder Holzfasern gewonnen wird. Er eignet sich zum Süßen von Heiß- und Kaltgetränken sowie zum Backen oder zur Herstellung von Marmelade. Dabei entspricht ein Gramm Xylit der Süßkraft von einem Gramm Zucker, hat aber 40 Prozent weniger Kalorien. Jedoch sollte man Xylit in Maßen einsetzen, da große Mengen eine abführende Wirkung haben können.

 

Kokosblütenzucker

KokoszuckerObwohl Kokosblütenzucker aus dem Nektar der Kokospalme hergestellt, hat er keinen starken Eigengeschmack, sondern eher eine karamellige Note. Zudem enthält er eine Vielzahl an Nährstoffen wie Kalium oder Zink und lässt den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen als Haushaltszucker. Er kann im gleichen Mengenverhältnis wie brauner Zucker beim Backen und Süßen verwendet werden.

Reissirup

ReissirupReissirup besteht aus gemahlenem Vollkornreis, der mit Wasser zu Sirup eingekocht wird. Obwohl er farblich normalem Honig ähnelt, ist der Reissirup weniger süß und schmeckt leicht malzig. Reissirup enthält keinen Fruchtzucker und ist so auch bei Fructoseintoleranz zum Süßen geeignet. Eingesetzt werden kann der Reissirup wie Honig, zum Beispiel bei Dips oder beim Backen.

Mit meinen neuen natürlichen Süßungsmitteln bin ich optimal ausgestattet, um den Süßstoff endgültig aus meinem Leben zu verbannen. Wer die Liste meiner Einkäufe aufmerksam gelesen hat, dem dürfte aufgefallen sein, dass zwei relativ bekannte Zuckeralternativen nicht dabei waren: Stevia und Agavendicksaft.

Stevia gilt im Moment als das neue kalorienfreie Süßungsmittel am Markt. Ich bin jedoch kein Freund des pflanzlichen Süßstoffes. Insbesondere der Geschmack ist für mich persönlich der größte Kritikpunkt. Zudem gibt es noch keine aussagekräftigen Langzeitstudien, welche die Unbedenklichkeit von Stevia beweisen.

Auch Agavendicksaft wird allgemein als eine gesündere Zuckeralternative betitelt. Jedoch besteht der Sirup aus dem Herz der Agavenpflanze hauptsächlich aus Fruchtzucker. Der Unterschied zwischen Apfelsüße und Agavendicksaft ist, dass bei letzterem Fermente dafür benutzt werden, reine Fruktose aus den sonst eher harmlosen Ballaststoffen in der Agavenpflanze herzustellen. Das fällt bei traditionellem Apfelsaft weg. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) steht Fructose im Verdacht, den Stoffwechsel negativ zu beeinflussen, unser Sättigungsgefühl zu verringern und sogar den Appetit zu steigern. Ebenso kann Fruchtzucker einen Einfluss auf die Konzentration von schädlichem Cholesterin und Blutfetten haben.

Das süße Fazit

Seit mehreren Wochen verzichte ich nun auf Süßstoff. Mein morgendliches Porridge süße ich mit Reissirup oder Apfelsüße, zum Backen verwende ich Kokosblütenzucker und Xylit und die Dattelpaste esse ich als süßen Brotaufstrich. Ich persönliche finde, dass die natürlichen Süßungsmittel den synthetischen Süßstoff einwandfrei ersetzen. Natürlich haben Datteln und Co. deutlich mehr Kalorien als Süßstoff, doch durch die Verwendung der Zuckeralternativen in meinen Mahlzeiten habe ich schon nach kurzer Zeit ein Sättigungsgefühl, welches über mehrere Stunden anhält. Dadurch nasche ich weniger zwischen den Mahlzeiten, empfinde kaum Heißhunger und habe in der Zeit ohne Süßstoff sogar ein Kilo abgenommen.

Ich werde auch in Zukunft auf synthetische Süße verzichten und kann wirklich jedem empfehlen, sich eine Auszeit vom Süßstoff zu nehmen, den Ängsten vor Kalorien in natürlichen Süßungsmitteln die Stirn zu bieten und selbst herauszufinden, wie sich Süßstoff wirklich auf den eigenen Körper auswirkt.

Ach ja, meinen Kaffee trinke ich mittlerweile komplett ohne zusätzliche Süße und er schmeckt mir hervorragend. ;-)

Pfannkuchen mit Reissirup und Beeren