Renaissance der Märkte
Sie kaufen Obst und Gemüse immer im Supermarkt ein? Schluss damit! Unsere Food-Trendexpertin Hanni Rützler erklärt, warum Sie stattdessen häufiger auf Märkte und in Markthallen gehen sollten.
Die Zeiten, da Wochen- und Bauernmärkte wegen der Konkurrenz durch Handelsketten und Supermarkt-Riesen dem Untergang geweiht waren, scheinen endgültig vorbei. Denn immer mehr Konsumenten entdecken wieder, dass der Kauf von Lebensmitteln auch ein lustvoller und kommunikativer Akt sein kann. Warum immer nur einen Einkaufswagen an anonymen Regalwänden entlangschieben und die Waren am Ende über piepsende Scanner schieben lassen? Die Welt der Wochenmärkte bietet dagegen ein lebendiges Einkaufserlebnis für alle Sinne.
Ja, das dauert meist ein wenig länger. Aber dafür bieten Märkte Attraktionen, die den Zeitverlust mehr als nur aufwiegen. Es beginnt schon damit, dass man – anders als im Supermarkt, wo sich die einzigen Worte, die man beim Einkauf wechselt, meist auf den Euro-Betrag gefolgt von einem saloppen „Tschüss!“ beschränken – mit dem Verkäufer über dessen Ware sprechen kann. Und es endet nicht selten damit, dass in der Einkaufstasche dann ganz andere Dinge landen, als beim Einkauf im Supermarkt: eine delikate Forelle aus der Bio-Zucht, Käse von kleinen, traditionell arbeitenden Sennereien, der Kohlkopf einer Sorte, von der man zuvor vielleicht noch nie gehört hat. Oder handwerklich gefertigte Würste und ein Sauerteigbrot aus einem Urgetreide, das man abends auch der glutensensiblen Freundin anbieten kann. Zwischendurch trifft man oft auch Freunde oder Bekannte, gönnt sich einen Espresso oder ein Glas Prosecco und tauscht Rezept-Tipps aus. So fühlt sich Einkaufen gleich ganz anders an: nicht mehr bloß lästige Notwendigkeit, sondern willkommene Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen, zu genießen und Neues kennenzulernen. Und das war, neben ihrer Funktion als Warenumschlagplatz, schließlich schon seit dem Mittelalter das wichtigste Merkmal der bunten Verkaufsstände.
Dass Märkte eine Renaissance erleben, ist an vielen Orten nicht nur daran zu erkennen, dass wieder mehr Anbieter ihre Produkte selbst vermarkten und die Wochenmärkte damit noch attraktiver werden. In vielen Städten etablieren sich auch neue Standorte, die sich rasch zu lebendigen Zentren von Stadtteilen entwickeln. Nicht zuletzt werden Märkte und Markthallen auch mehr und mehr zu touristischen Anziehungspunkten: Denn anders als Shoppingmalls, die sich weltweit immer ähnlicher sehen, bewahren Wochen- und Bauernmärkte ihre regionale Besonderheit und bieten ein unvergleichliches und spannendes Flair.
Wie Menschen in verschiedenen Ländern leben und essen, lässt sich beim Bummeln über Märkte besser erleben als beim Sightseeing oder auf Stadtrundfahrten. Mitunter sind Märkte sogar die touristischen Highlights. Kein Wunder, dass in einschlägigen Magazinen („National Geographic“) und großen Tageszeitungen („The Guardian“) neuerdings nicht nur die weltbesten Restaurants gekürt werden, sondern auch die attraktivsten Märkte.
Ihre Hanni Rützler