Slackline-Training: Endlich ein gutes Körpergefühl! | EAT SMARTER

Slackline-Training: Endlich ein gutes Körpergefühl!

Von Prof. Dr. Ingo Froböse

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Slackline-Training ist ein bisschen wie Radfahren lernen: Erst denkt man, es klappt nie, und auf einmal ist die Balance da. Das Training auf dem Kunstfaserband schult aber nicht nur das Gleichgewicht, sondern alle Tiefenmuskeln – ein Workout, das Körper und Geist fordert!

Elli Schulte ist nicht nur M.A. Sportwissenschaftlerin, sondern hebelt auf ihrem Lieblingsgerät, der Slackline, alle Regeln der Schwerkraft aus. Mehrfach führte die Absolventin der Sporthochschule Köln die Weltrangliste an. Wenn Elli auf der Slackline Salti springt, in den einarmigen Handstand federt oder sich in den Spagat sinken lässt, sieht das spielend leicht aus. Überzeugen Sie sich selbst:

Wer schon einmal selbst auf einer hin und her wackelnden Slackline stand, weiß: Der Weg hin zu dieser Perfektion und Körperbeherrschung ist verdammt lang und verlangt neben dem nötigen Quäntchen Talent Training, Training und nochmal Training. Doch es müssen keine akrobatischen Tricks sein: Wer lernt, auf der Slackline zu stehen und zu laufen, vielleicht irgendwann kleine Sprünge und Drehungen einbaut, der stärkt alle wichtigen Muskeln des Körpers. „Slacklinen ist ein bisschen wie Fahrradfahren“, sagt Elli Schulte; „Die Bewegungsmuster und das richtige Gefühl müssen sich erst entwickeln. Am Anfang zittern man unkontrolliert, da Nervensystem und Muskulatur erst lernen müssen, mit dem neuen Reiz umzugehen. Doch nach drei, vier Trainingseinheiten lässt die Slackline sich kontrollieren.“

Für den Gleichgewichtssinn ist Slacklinen Gold, zum Beispiel auch als Training für den Alltag oder die betriebene Sportart. Elli Schulte bietet im ASV-Köln Slackline-Kurse für Erwachsene und Ältere an. „Das Ergebnis ist beeindruckend“, sagt die 28-Jährige: „Die Teilnehmer lernen, sich zu fokussieren, und gewinnen neues Selbstvertrauen, wenn sie sich sicher auf der Slackline bewegen. Dazu kommt natürlich das sehr effektive Training, bei dem die Fuß-, Knie- und Hüftgelenke ebenso stabilisiert werden wie die Rumpfmuskulatur. Bei älteren Teilnehmern lässt sich aufgrund der größeren subjektiven Bewegungssicherheit die Sturzangst reduzieren“.

Was auch ältere Menschen beim Slacklinetraining erreichen können, zeigt eindrucksvoll das Beispiel von Günter, Jahrgang 1944, der „mit viel sportlichem Talent“ drei Jahre mit Elli trainiert hat.

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Körperwahrnehmung, Kraft, Koordination – die Slackline ist ein vielseitiges Trainingsgerät. Abgesehen vom unglaublichen Trainingseffekt der Slackline macht das Balancieren einfach Spaß: „Auf der Slackline schalte ich total ab, fixiere mich nur auf einen Punkt – das ist sehr meditativ“, beschreibt Elli Schulte die Faszination. Sie brauchen nur zwei Bäume, eine Slackline, und schon kann es losgehen. Die wichtigsten Fragen rund um den Trendsport beantworten wir auf der Folgeseite. 

Slacklining – so geht es

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1) Welche Slackline für Anfänger?

Je kürzer die Line gespannt ist, desto weniger wackelt sie. Für Anfänger ist eine Länge von 10 bis 12 Meter ideal. Im Handel sind Slacklines mit Ratschen- und Flaschenzug-Spannung erhältlich. Ratschen sind etwas einfacher in der Handhabung und daher empfehlenswerter für Anfänger. Eine breitere Slackline (zum Beispiel 5 Zentimeter) weckt zu Beginn mehr Vertrauen.
Generell sollte eine Slackline für Anfänger wenig Dehnung haben (empfohlen werden maximal 4 bis 5 Prozent). Auf diese Weise schwankt sie etwas weniger. Ganz wichtig ist der Baumschutz; er sollte im Starter-Paket enthalten sin.

2) Wieviel muss ich für eine gute Slackline ausgeben?

Für eine gute und hochwertige Anfänger-Slackline sollten Sie circa 70 Euro einkalkulieren. Für diesen Preis bekommen Sie ein hochwertiges, stabil vernähtes Gurtband mit einer belastbaren Ratsche.

3) Welche Bäume eignen sich?

Natürlich darf man mit der Slackline den Bäumen auf Wiesen oder in Parks nicht schaden. Daher sollten die Bäume gesund sein und mindestens einen Durchmesser von 20 Zentimetern haben. Ganz wichtig ist, den Stamm mit einem speziellen Baumschutz – dieser ist meist im Set dabei – zu schützen, damit die Line nicht in die Rinde einschneidet. Auch zwei Stücke alten Teppichs eignen sich für diesen Zweck – Hauptsache, gut abgepolstert.

4) Wie hoch wird die Slackline gespannt?

Die Slackline wird auf Kniehöhe gespannt. So können Sie kontrolliert aufsteigen und jederzeit abspringen, ohne Ihre Gelenke zu stark zu belasten.

5) Wie stark wird die Slackline gespannt?

Je strammer die Slackline, desto weniger Schwingung in der Mitte – für Anfänger ist das erst einmal einfacher. Wie stramm die Line gespannt wird, ist aber letztendlich Geschmackssache. Hauptsache, sie berührt nicht den Boden.

6) Was zieht man an?

Bequeme, nicht zu weite Kleidung ist gut für das Slackline-Training geeignet. Ob Sie barfuß oder mit Schuhen trainieren wollen, ist Geschmackssache – achten Sie bei den Schuhen jedoch darauf, dass sie eine flache, flexible Sohle haben.

7) Wie beginne ich?

Die ersten Erfahrungen auf der Slackline macht man am besten nicht allein, sondern zu zweit. So kann einer auf die Slackline aufsteigen und der andere, wenn nötig, eine stützende Hand reichen. „An der hand auf der Slackline gehen ist zwar ein bisschen wie Radfahren mit Stützrädern“, sagt Elli Schulte, „aber mancher zittert anfangs so stark, dass es ohne Hilfestellung nicht geht.“

Technisch ist folgendes zu beachten:

  • Setzen Sie die Füße von der Ferse bis zum großen Zeh auf
  • Die Füße werden leicht nach außen gedreht, damit die Auflagefläche möglichst groß ist
  • Die Knie sind leicht gebeugt
  • Der Oberkörper ist aufrecht
  • Die Arme gleichen auf Schulterhöhe aus – dies geschieht zumeist automatisch
  • Der Blick wird auf das Ende der Slackline gerichtet und dort ein Punkt fixiert. So fällt es leichter, das Gleichgewicht zu halten.

„Zuerst sollte man versuchen, kontrolliert auf- und abzusteigen und auf der Slackline zu stehen“, sagt Elli Schulte. „Wie schnell das geht, hängt vom Körpergefühl und der Bewegungserfahrung ab.“

Die Slackline-Trainerin rät, sich nicht zu überfordern: „Der Körper braucht Pause, ansonsten kommt es zur neuronalen Ermüdung.“  Oft helfe auch eine Nacht Schlaf, um dem Nervensystem Zeit zu geben, die neuen Reize zu verarbeiten. Bei der nächsten Slackline-Session laufe dann häufig schon einiges besser, so Elli Schulte.

Wer ohne Hilfe und problemlos über die Slackline hin und her laufen kann und sich sicher fühlt, kann versuchen Tricks einzubauen: beispielsweise auf der Slackline drehen oder aus dem Stand in die Knie gehen.

Das sagt Fitness-Doktor Ingo Froböse über das Slackline-Training

„Slacklining ist ein wunderbares Ganzkörpertraining, welches vor allem die Koordination und das Gleichgewicht schult. Zusätzlich werden speziell die tiefliegenden Muskelgruppen aktiviert, die wir nur eingeschränkt willkürlich ansteuern können und die für die Körperstabilität sorgen. Davon profitiert unter anderem die Rückenmuskulatur, da die kleinen Muskeln an der Wirbelsäule permanent aktiviert und aus dem Gleichgewicht gebracht werden. So können wir den Rücken schonend und gleichzeitig sehr effektiv trainieren und Rückenbeschwerden vorbeugen

Ich empfehle das Slackline-Training für alle, die Gleichgewichtssinn und Balance trainieren und zusätzlich ihr Koordinationsvermögen verbessern möchten. Dabei kann Slacklining unabhängig vom Alter ausgeführt werden, es braucht nur im höheren Alter eine langsamere Vorgehensweise. Dazu eignen sich zum Beispiel Slacklinekurse wie im Text beschrieben, wo Schritt für Schritt und unter kompetenter Aufsicht das Slacklinen erlernt wird. Aber auch Menschen mit schwach ausgeprägter Muskulatur oder mit Muskeldysbalancen können vom Slacklinen profitieren."