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Waschzwang: Wenn der Ekel alles bestimmt

Von Lina Nagel
Aktualisiert am 06. Mär. 2019
Waschzwang

Ständig das Gefühl, schmutzig und „keimig“ zu sein – von Waschzwang Betroffene verbringen täglich oft mehrere Stunden damit, ihre Haut zu reinigen. Oft ist die Scham zu groß, um über die Krankheit zu sprechen – dabei gibt es mittlerweile gute Therapiemöglichkeiten.

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Waschzwang klingt erst einmal kurios. Doch dahinter versteckt sich eine Zwangsstörung, die das Leben Betroffener zur Hölle machen kann. Häufig wird das zwanghafte Waschen der Hände oder des gesamten Körpers geheimgehalten. Dabei sind Zwangserkrankungen wie Waschzwang eine der häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Rund zwei bis drei Prozent der Bevölkerung leiden zeitweilig an Zwangserkrankungen, zu denen der Waschzwang zählt (1).

Eine Zwangserkrankung wird definiert als eine psychische Störung, die durch wiederkehrende unerwünschte Gedanken und zwanghafte Handlungen gekennzeichnet ist. Der Unterschied zu „normalen“ Zwangshandlungen („ist die Herdplatte aus?“; „habe ich die Tür auch wirklich abgeschlossen?“) ist, dass sich die unerwünschten Gedanken ständig wiederholen und ein so großes Ausmaß annehmen, dass ein normaler Alltag immer schwieriger wird.

Zwangsgedanken und Zwangshandlungen gehen bei Zwangsstörungen Hand in Hand. Unter Zwangsgedanken versteht man Vorstellungen und Impulse, die ganz offensichtlich übertrieben und unsinnig sind – auch für den Betroffenen selbst. Dennoch ist es ihm unmöglich, die Vorstellungen aus seinem Kopf zu verbannen. Zwangshandlungen sind Verhaltensweisen, die immer wieder gleich ablaufen und zu denen sich der Betroffene gedrängt fühlt. Sie dienen dazu Gefühle wie Angst oder Ekel abzubauen, die durch die Zwangsgedanken ausgelöst werden. Der Effekt ist jedoch meist nur von kurzer Dauer.

Woher kommt Waschzwang?

Damit sich eine Zwangserkrankung entwickeln kann, spielen nach heutigem Erkenntnisstand immer mehrere Faktoren eine Rolle. Unter anderem hat die Genetik einen Einfluss: drei bis zwölf Prozent der Verwandten ersten Grades eines Betroffenen leiden ebenfalls an einer Zwangserkrankung.

Auch hirnorganische Faktoren sind nach derzeitigem Forschungsstand beteiligt. Bildgebende Untersuchungen zeigen eine Veränderung des Hirnstoffwechsels und der Hirnaktivität in bestimmten Arealen. Ob diese Veränderungen jedoch Ursache oder Folge der Zwangsstörung ist, bleibt noch zu erforschen. Fakt ist auf jeden Fall: Wird der Betroffene erfolgreich behandelt, so normalisieren sich die auffälligen Hirnaktivitäten wieder.

Weiterhin spielen psychologische Einflussfaktoren bei der Entwicklung von Zwangsstörungen eine Rolle, unter anderem die Erziehung, aber auch traumatisierende Ereignisse im Erwachsenenalter. Eine Erziehung hin zu sehr starker Reinlichkeit beispielsweise kann einen Waschzwang begünstigen.

Waschzwang kann therapiert werden

Zwangshandlungen bedeuten für Betroffene einen unendlich hohen Leidensdruck. Bei ausgeprägtem Waschzwang beispielsweise ist nicht selten die Haut stark geschädigt, es bilden sich Wunden und Ekzeme. Oft nimmt die Zwangshandlung so viel Raum ein, dass Betroffene nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen können – zum Beispiel, weil sie durch stundenlange Wasch-Rituale immer zu spät kommen – und diese schließlich verlieren. Die Folge ist soziale Isolation.

Dem Teufelskreis aus Zwangsgedanken, Zwangshandlungen und Schuldgefühlen zu entrinnen gelingt nun in seltenen Fällen ohne professionelle Hilfe. Mit der richtigen Behandlung jedoch haben Betroffene gute Chancen, wieder eine gute Lebensqualität zu erlangen.

Zur Behandlung von Zwangsstörungen wird vor allem die kognitive Verhaltenstherapie eingesetzt. Anders als bei der Psychotherapie geht es nicht darum, die Vergangenheit zu beleuchten, sondern um Strategien für die aktuellen Probleme. Die „Hilfe zur Selbsthilfe“ steht im Vordergrund: Man soll sein Leben so rasch wie möglich wieder ohne therapeutische Hilfe bewältigen können. Dies bedeutet nicht, dass der Einfluss vergangener Geschehnisse in einer kognitiven Verhaltenstherapie völlig ausgeblendet wird. Es geht aber vor allem darum, aktuell belastende Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern. Eine medikamentöse Therapie mit bestimmten Antidepressive kann unter Umständen ebenfalls angezeigt sein .

Je früher die Therapie begonnen wird, desto eher werden die Folgen der Krankheit gemindert. Doch eine Therapie kann auch bei einer bereits Jahrzehnte lang bestehenden Zwangserkrankung noch erfolgreich sein. Zwar verschwinden die Symptome nur bei einem Teil der Patienten völlig, doch bereits wenn die Zwangsgedanken und -handlungen an Intensität abnehmen, steigt die Lebensqualität deutlich.

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