Wie Veggie-Produkte die Fleischproduzenten stärken
Um rasante 17 Prozent ist der Anteil an Fleischersatzprodukten seit 5 Jahren gestiegen. Größter Profiteur sind allerdings nicht die Tiere oder eine nachhaltige Landwirtschaft, sondern Industriefleisch-Riesen wie Wiesenhof.
Die Zahl klingt erst einmal erfreulich: "Insbesondere (...) vegetarische und vegane Fleisch- und Milchalternativen sowie der Bereich Frühstück mit pflanzlichen Brotaufstrichen, Müsli und Cornflakes konnten in den vergangenen fünf Jahren ein deutliches Umsatzplus generieren: Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate lag bei fast 17 Prozent", teilte das Kölner Institurt für Handelsforschung Ende Februar diesen Jahres mit.
Menschen, die einem wahrscheinlich vor fünf Jahren für eine ähnlich lautende Aufforderung den Vogel gezeigt hätten, legen sich Fleischwurst oder Lyoner ganz ohne Fleisch aufs Brötchen – wer hätte das gedacht.
Die Zahl der Flexitarier, also der Menschen, die nicht immer, aber immer öfter auf Fleisch verzichten, wächst. Dementsprechend ändern die Supermärkte ihr Sortiment: Mehr Platz für Veggie-Wurst und Veggie-Aufstriche in den Kühlregalen.
Harte Zeiten für kleinere Produzenten
Dass es für immer mehr Menschen nicht mehr zwingend Fleisch sein muss, ist natürlich erst einmal toll. Doch betrachtet man den boomenden Markt der Fleischersatzprodukte genauer, ist eine Kehrseite der Medaille: Der Trend hin zu weniger Fleisch kommt denen zugute, die den Löwenanteil ihres Gewinns mit Tierprodukten erwirtschaften. Ob Wiesenhof, Rügenwalder Mühle, Gutfried, Herta – sie alle drängen ins Geschäft mit dem Fleischersatz und machen den Pionieren der Branche das Leben schwer. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Dörte Ulrich, Inhaberin der Firmas "Lord of Tofu": "Unsere Produkte waren bei Edeka und Tegut zu kaufen, im April sind wir rausgeflogen". Ein Grund: Die Konzerne haben mehr Etat für Werbung und können ihre Produkte zu einem besseren Einkaufspreis anbieten. Pioniere, die schon an Fleisch-Alternativen arbeiteten, als dafür noch kein Massenmarkt da war, müssen auf ihre treue Stammkundschaft hoffen – und neue Nischen erschließen.
Besonders nachhaltig ist der Kauf eines vegetarischen oder veganen Fleischersatzproduktes im konventionellen Supermarkt nicht – zumal das vielfach verarbeitete Ei in den vegetarischen Produkten in den meisten Fällen nicht aus Freiland- oder Bio-Haltung stammt.
Natürlich ist es erst einmal eine gute Entscheidung, weniger oder gar kein Fleisch mehr zu essen. Doch auch wer vegetarische Produkte kauft, ist in Sachen Tierwohl und Ökobilanz nicht automatisch fein raus. Zumal die Eigenschaften des Fleisches in den Ersatzprodukten mit einer Vielzahl an Zusatzstoffen erkauft werden (siehe mein Blogeintrag "Wieso soll Gemüse aussehen wie Fleisch?" vom 14. Januar). Kritische Nachfragen und kritischer Konsum sind weiterhin angesagt, auch wenn in der Wurst kein Schwein mehr steckt.
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