Ist Fructose ungesund? Die wichtigsten Fragen und Antworten über Fruchtzucker | EAT SMARTER

EU will natürliche Süße bewerben

Ist Fructose ungesund? Die wichtigsten Fragen und Antworten über Fruchtzucker

Von EAT SMARTER

Fructose – ungesund oder nicht? Fructose – ungesund oder nicht?

In den USA gilt Fruchtzucker mittlerweile als Dickmacher Nummer 1. Auch hierzulande warnen immer mehr Experten davor, dass Fructose ungesund sei. Dennoch hat die EU seit 2014 sogar Werbung für Fructose-Produkte zugelassen! EAT SMARTER sprach mit der Internistin und medizinischen Leiterin des HELIOS Prevention Centers (HPC), Dr. med. Birgit Hildebrandt, über die gefährliche Süße, die ihren Weg in immer mehr Produkte findet – und uns dadurch dick und krank machen soll.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Fructose überhaupt?
  2. Enthält Gemüse Fructose?
  3. Was stimmt denn nun: Ist Fructose ungesund oder doch besser als Haushaltszucker? 
  4. Also sollte man auch kein Obst mehr essen?
  5. Fructose soll Schuld an Übergewicht sein, unsere Blutfettwerte verschlechtern und der Leber schaden – was ist dran an solchen Behauptungen?
  6. Stimmt es, dass Diabetiker dennoch auf Fructose setzen sollen?
  7. Viele Menschen leiden unter Fructoseunverträglichkeit – was ist das und was können Betroffene tun?
  8. Wie erkenne ich Fruchtzuckerbomben im Supermarktregal?
  9. Ist Fructose ungesund? Das Fazit der Expertin

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Während Wissenschaftler sich vermehrt dafür aussprechen, dass mit Fructose angereicherte Nahrungsmittel ungesund und verantwortlich für Übergewicht, Fettleber und erhöhte Blutfettwerte sei, behauptet die Europäische Union seit 2014 genau das Gegenteil: Es darf Werbung für Fructose-Produkte gemacht werden! Was das heißt? Hersteller, die mindestens 30 Prozent der Zuckermenge in einem Produkt durch Fruchtzucker ersetzen, dürfen ihre Lebensmittel als „besonders gesund“ bewerben. Die Begründung aus Brüssel: Fructose lasse den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen als Haushaltszucker. 

Was ist Fructose überhaupt?

B. Hildebrandt: Fruchtzucker gehört zu den Kohlenhydraten und kommt als sogenannter Einfachzucker in zahlreichen Früchten wie Äpfeln, Birnen, Beeren oder Trauben und im Honig vor. In gebundener Form finden wir Fruchtzucker auch im Haushaltszucker (Saccharose), denn dieser wird aus Zuckerrüben und Zuckerrohr hergestellt. Ein großer Teil der täglichen Zuckeraufnahme erfolgt jedoch über industriell hergestellten und mit Fructose angereicherten Sirup aus Maisstärke (HFCS/ High-Fructose Corn Sirup). Limonaden, Marmelade, Kekse, aber auch „Functional Food“ wie Stärkungsriegel und Wellnessdrinks weisen teilweise hohe Anteile von Fructose und Glucose (oder Glukose) auf. Besondere Vorsicht beim Fructosekonsum ist bei gesüßten Getränken angebracht, denn diese werden meistens in größerer Menge verzehrt!

Enthält Gemüse Fructose?

B. Hildebrandt: Fruchtzucker lässt sich in nahezu allen Gemüsesorten, Salat, Knoblauch, Zwiebeln und Kräutern nachweisen. Allerdings im Vergleich zum Obst in wesentlich geringerer Dosis. Beispiele für Fructosegehalt: Apfel ca. 6 g/100 g, Trauben etwa 8 g/100 g, Rosinen ca. 33 g/100 g, Brokkoli 1,1 g/100 g.

Was stimmt denn nun: Ist Fructose ungesund oder doch besser als Haushaltszucker? 

B. Hildebrandt: Dass Fruchtzucker gesünder ist als Haushaltszucker, ist ein Mythos. Bei der Kalorienmenge besteht kein Unterschied: beide liefern vier Kilokalorien pro Gramm. Da Fruchtzucker in der Herstellung preisgünstiger ist und in kalorienreduzierten Nahrungsmitteln darüber hinaus geschmacksverstärkend wirkt, wird er in der Nahrungsmittelindustrie gerne verwendet. Der Mensch verträgt Fruchtzucker jedoch bei höherem Fructoseverzehr nicht gut. Gemeinhin gilt eine Dosis von 25 g pro Mahlzeit als unbedenklich – bereits der Genuss eines zuckerhaltigen Getränks, das oftmals 40 g Fructose enthält, kann zu Bauchschmerzen führen.

Also sollte man auch kein Obst mehr essen?

B. Hildebrandt: Es gilt die Empfehlung „5 am Tag“, d.h. fünf Portionen Obst oder Gemüse pro Tag, wobei eine Portion entweder einem Stück Obst (z.B. 1 Apfel), oder einer Handvoll (z.B. 1 Handvoll Trauben) entspricht. Wer Obst nicht so gut verträgt, kann auch Gemüse oder Salat essen. Davon sollte höchstens eine Portion als Saft zu sich genommen werden. So kommt man auf ungefähr 80 Gramm Fructose am Tag. Diese Menge wird von den meisten Menschen gut vertragen. Für diejenigen, die Probleme mit der Verstoffwechselung von Fructose haben, ist diese Menge bereits zu viel. Generell sind die frischen und naturbelassenen Nahrungsmittel den industriell hergestellten vorzuziehen, da die Faserstoffe u.a. Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine, Mineralien enthalten.

Fructose soll Schuld an Übergewicht sein, unsere Blutfettwerte verschlechtern und der Leber schaden – was ist dran an solchen Behauptungen?

B. Hildebrandt: Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat die aktuelle internationale wissenschaftliche Datenlage zu diesem Thema gesichtet: Die Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass es einen engen Zusammenhang zwischen dem gesteigerten Konsum von Fructose (insbesondere in Form des HFCS) und dem Auftreten von Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, erhöhten Harnsäurewerten und einer diabetischen Stoffwechsellage gibt. 

Diese Befunde werden unter dem Begriff „Metabolisches Syndrom“ zusammengefasst – die Folgeerkrankungen heißen Diabetes, Schlaganfall oder Herzinfarkt! Eine Ursache für Übergewicht und Leberverfettung wird darin gesehen, dass Fructose im Gegensatz zu Glucose eine geringere Insulinausschüttung zur Folge hat. Das Insulin wirkt als Sättingungshormon im Gehirn – bleibt die Meldung „satt“ nach einer Mahlzeit aus oder kommt sie verzögert, wird entsprechend mehr gegessen. Und Fructose kann noch eine ungünstige Wirkung im Gehirn haben: Da sie süßer schmeckt, kann sie zu weiterem Konsum animieren. Daneben gibt es Hinweise darauf, dass Fructose die Bildung von Speicherfett regelrecht antreibt.

Stimmt es, dass Diabetiker dennoch auf Fructose setzen sollen?

B. Hildebrandt: Nein, das stimmt nicht mehr. Da Fruchtzucker weitgehend ohne Insulin verstoffwechselt wird, wurde über viele Jahre davon ausgegangen, dass Fructose für Diabetiker das optimale Süßungsmittel ist. Zahlreiche Studienergebnisse der letzten Jahre lassen daran zweifeln, da sich unter der bevorzugten Verwendung dieser Zuckerart verstärkt Übergewicht, Leberverfettungen, schlechte LDL-Cholesterinwerte, erhöhte Harnsäurewerte mit daraus resultierender Gichterkrankung, Bluthochdruck sowie eine verringerte Empfindlichkeit der Zellen für Insulin eingestellt haben. Dementsprechend gibt es heute keine Lebensmittel mehr, die als speziell für Diabetiker mit Insulinresistenz geeignet ausgewiesen werden dürfen. 

Viele Menschen leiden unter Fructoseunverträglichkeit – was ist das und was können Betroffene tun?

B. Hildebrandt: Man geht von aus, dass in Deutschland etwa jeder Dritte unter einer Fructoseunverträglichkeit leidet, maximal die Hälfte davon beklagt Symptome. Bei dieser erworbenen Form der Fruchtzuckerunverträglichkeit handelt es sich um eine Störung der Aufnahme von Fructose über den Dünndarm ins Blut. Dafür sind eigentlich zwei Transportmechanismen im Bereich der Darmwand zuständig, von denen eines defekt ist. Dadurch gelangt unverdauter Fruchtzucker in den Dickdarm, wird dort von Darmbakterien unter Bildung von Gas zerlegt und bindet darüber hinaus viel Wasser, welches dem Stuhl eigentlich im Dickdarm entzogen werden muss. Die Folge der sind Bauchschmerzen und Durchfall. 

Übrigens geht man davon aus, dass ca. 85 Prozent der Patienten, die unter einer Lactoseintoleranz leiden, auch eine Störung in der Aufnahme von Fructose haben. Doch Fructoseintoleranz ist nicht gleich Fructoseintoleranz. Medizinisch wird zwischen zwei Intoleranzen unterschieden – die hereditäre und intestinale Intoleranz. Erstere ist erblich bedingt und kann die sogenannte Fettleber zur Folge haben.

Wie erkenne ich Fruchtzuckerbomben im Supermarktregal?

B. Hildebrandt: Leider gibt es zurzeit für Lebensmittel keine einheitliche Kennzeichnungspflicht. Es gibt aber einige Websites, die Listen mit einer Vielzahl von Produkten und deren Fructoseanteilen führen. Generell kann man davon ausgehen: Je weiter oben der Zucker in der Zutatenliste aufgeführt wird, desto mehr ist davon im Lebensmittel enthalten. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn auf einer Packung „fructosefrei“ geschrieben steht: Laut Gesetz ist Fructose etwas anderes als Zucker. 10 Gramm Zucker bestehen aber aus 5 Gramm Fructose und 5 Gramm Glucose. Dies bedeutet: Lebensmittel denen kein zusätzlicher Fruchtzucker beigemengt wurde, dürfen als „fructosefrei“ bezeichnet werden, egal wie viel Zucker sie enthalten. Wenn auf der Packung die Rede von Maisstärkesirup, Inulin, Fruchtsüße, Fructooligosaccharid ist, handelt es sich um Fruchtzucker.

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Ist Fructose ungesund? Das Fazit der Expertin

B. Hildebrandt: Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch beim Thema Fructose alles eine Frage der richtigen Dosis ist. Menschen, die sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, sich beim Trinken vorwiegend an Wasser und ungesüßten Tee/Kaffee halten, gerne Obst und Gemüse essen und sich hin und wieder Honig und Marmelade auf das Frühstücksbrot streichen, müssen darauf nicht verzichten. Problematisch ist die Entwicklung des Zuckergebrauchs in den letzten 100 Jahren – wir stellen eine Verfünffachung fest auf aktuell ca. 35 Kilogramm pro Person im Jahr und davon übernehmen mittlerweile der billigere Fruchtzucker und Fruchtzucker-Alkohol Sorbitol den Hauptanteil – mit den beschrieben Folgen.


Dr. med. Birgit Hildebrandt ist Internistin und medizinische Leiterin des HELIOS Prevention Centers (HPC).

Internet: www.helios-preventioncenter.de

(Protokoll: leu)