Die Mikrowelle: praktisch oder gefährlich?
Klappe auf, Essen rein, piep und fertig. Praktisch sind Mikrowellen allemal. Aber welche Auswirkungen haben die Wellen auf unser Essen und damit auf unsere Gesundheit? EAT SMARTER erklärt Vor- und Nachteile der Küchenmaschine.
„Finger weg von Mikrowellenöfen! Sie zerstören die Nährstoffe im Kochgut und verstrahlen Nahrung so, dass beim Menschen krebsähnliche Veränderungen auftreten“, warnen besorgte Elektrosmog-Aktivisten. Ernährungswissenschaftlerin Dr. Corinna Kolac vom Deutschen Grünen Kreuz teilt diese Befürchtungen nicht: „Mit diesen Vorwürfen haben sich Wissenschaftler weltweit ausgiebig beschäftigt, aber sie konnten keine Beweise für solche Behauptung finden.“ Auch das Bundesamt für Strahlenschutz gibt nach der Prüfung hunderter Studien eine klare Entwarnung: Die Mikrowellenbehandlung von Lebensmitteln ist auf keinen Fall schädlicher als konventionelle Zubereitungsverfahren.
Ideal für Single-Portionen
Gefährlich sind die schnellen Wellen also nicht. Sie haben sogar Vorteile gegenüber Topf und Pfanne, urteilen die Wissenschaftler des Bundesamtes: „Im Allgemeinen werden Lebensmittel in der Mikrowelle schonender gegart.“ Das liegt an der Technik der Geräte: Die Mikrowellen bringen die Moleküle in den Lebensmitteln in Wallung. Dadurch entsteht Reibungswärme - die Suppe oder das Teewasser wird heiß.
Die zwei entscheidenden Vorteile dieser Methode:
- Die Mikrowellen erledigen ihre Arbeit blitzschnell.
- Es ist meist nicht nötig, Wasser oder Fett zuzugeben. „Dadurch bleiben die hitzeempfindlichen Vitamine besser erhalten und die wasserlöslichen Vitamine werden weniger ausgelaugt als im Kochtopf “, erklärt die Ernährungsexpertin Dr. Kolac. Schnell und damit Nährstoff schonend arbeiten die Mikrowellen aber nur bei kleinen Mengen, etwa beim Auftauen und Aufwärmen einzelner Portionen.
Für Singlehaushalte oder moderne Familien, in denen jeder zu einer anderen Zeit isst, sind Mikrowellenöfen darum perfekt geeignet. „In der Mikrowelle gehen definitiv weniger Inhaltsstoffe verloren als wenn die Mahlzeiten, manchmal mehrmals hintereinander, in Topf oder Pfanne erhitzt werden“, sagt Dr. Kolac.
Verflüchtigen sich die Feinheiten der Nahrung?
Vitamine haben in der Mikrowelle also gute Überlebenschancen. Aber wie steht es mit den feineren Stoffen in unserer Nahrung aus, die für unsere Gesundheit ebenfalls unerlässlich sind? Wissenschaftler vom CEBAS-CSIC-Forschungsinstitut der Universität Murcia stellten bei Versuchen mit Brokkoli fest: Die Mikrowelle baut bis zu 97 Prozent der zellschützenden Antioxidantien (Flavonoide, Sinapinsäuren wie Folsäure) im Gemüse ab. Beim Garen über heißem Dampf blieben dagegen bis zu 92 Prozent erhalten, ermittelten die Spanier. Ein niederschmetterndes Ergebnis, das allerdings bisher durch keine weiteren Studien erhärtet wurde. Genau wie eine Studie der Stanford Universität, die 1992 zu dem Schluss kam, dass Muttermilch, die in der Mikrowelle erhitzt wurde, ihre Fähigkeit verliert, das Baby vor Infektionen zu schützen.
Die Sache mit den heißen und kalten Stellen
Problematisch bleibt die Tatsache, dass die schnellen Wellen Speisen und Flüssigkeiten ungleichmäßig erhitzen. Fachleute sprechen von Hot-Spots und Cool-Spots. Das ist bei einer halb kalten und halb heißen Pizza nur ärgerlich, kann aber bei empfindlichen Lebensmitteln zu gesundheitlichen Problemen führen. Weil die Hot-Spots (punktartige heiße Stellen) wertvolle Enzyme in Baby-Milch zerstören und ein erhebliches Verbrennungsrisiko darstellen, empfiehlt das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund, Milchflaschen nicht in der Mikrowelle sondern in einem Flaschenwärmer mit Thermostat zu erhitzen. Die Verbraucherzentrale und die deutsche Gesellschaft für Ernährung raten außerdem davon ab, Hähnchen, Fisch, Hackfleisch und Eierspeisen in der Mikrowelle zu garen, weil in den „Cool-Spots“ potenzielle Krankheitserreger wie Bakterien, Listerien und Salmonellen überleben können, die erst ab einer Temperatur von 70 Grad sicher abgetötet werden. „Ich habe aber noch nie von einem solchen Fall gehört“, beruhigt Dr. Kolac. Trotzdem sei es an der Zeit, sich nach neuen gesünderen Garmethoden umzusehen.
Alternative Dampfgaren
Dr. Corinna Kolac hat da schon ganz konkrete Vorstellungen: „Die mit Abstand schonenste Art, Lebensmittel in schmackhafte Mahlzeiten zu verwandeln, ist das Dampfgaren.“ Das beweist auch eine aktuelle Studie von Gießener und Koblenzer Ernährungswissenschaftlern. Sie verglichen Farbe, Geschmack, Geruch, Konsistenz und Nährstofferhalt von Mahlzeiten, die auf eidnem normalen Herd, im Mikrowellenofen oder im Dampfgarer zubereitet wurden. In allen Kategorien gewann der Dampf. „In naher Zukunft könnten darum Dampfgarsysteme für Kleinhaushalte die Mikrowelle aus der Küche verdrängen“, glaubt Dr. Corinna Kolac. „Sie sind kaum größer, ebenso leicht zu bedienen und bieten alles, was die Mikrowelle kann und noch mehr.“
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