Portal für Verbraucherbeschwerden | EAT SMARTER

Kampf gegen Mogelpackungen

Portal für Verbraucherbeschwerden

Von EAT SMARTER

Portal für Verbraucherbeschwerden Portal für Verbraucherbeschwerden

Beschwerden über irreführende Lebensmittelkennzeichnungen bekommen eine offizielle Sammelstelle im Internet: die Website "Lebensmittelklarheit.de". Verbraucher können hier Produkte melden, die aus ihrer Sicht falsch etikettiert sind. Diese werden dann von Experten der Verbraucherzentralen geprüft. Kurz nach dem Start brach die Seite aber für Stunden zusammen. Der Server verzeichnete zeitweise bis zu 20.000 Zugriffe pro Sekunde.

Verbraucher sollen künftig besser vor irreführenden Versprechen auf Lebensmittelpackungen gewarnt werden. Auf einer Pressekonferenz wurde die Website „Lebensmittelklarheit.de“ vorgestellt. Verbraucher können hier künftig Produkte melden, von denen sie sich getäuscht fühlen. „Durch die neue Seite erhoffen wir uns, dass die Lebensmittelkennzeichnung transparenter wird“, sagt Hartmut König, Leiter des Projekts von der Verbraucherzentrale Hessen. Gründe dafür gebe es genug. Auf vielen Verpackungen finden sich Versprechungen, die eigentlich nicht stimmen. Auf Joghurtbechern sind Früchte aufgedruckt, die niemals im Joghurt landen. Eier aus den Niederlanden können als deutsche Eier verkauft werden, nur weil sie in Deutschland abgepackt wurden. Schinken aus Norddeutschland kann als Schwarzwälder Schinken angeboten werden, nur weil er im Schwarzwald geräuchert wurde. Häufig sind diese Bezeichnungen erlaubt, häufig fühlen sich Verbraucher dadurch getäuscht. Solche Mogelpackungen können nun gemeldet werden.

Verbraucher melden anonym

Und so funktioniert es: Verbraucher können anonym Produkte melden, die aus ihrer Sicht irreführend gekennzeichnet sind. Nachdem ein Expertenteam die Meldung überprüft hat, wird der Hersteller angeschrieben. Dabei handelt es sich um Produkte, bei denen die Verbraucherschützer ein „Täuschungspotential“ sehen. Der Hersteller hat nun sieben Tage Zeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die Beschwerde, die Einschätzung der Verbraucherschützer und die Stellungnahme des Herstellers werden dann online gestellt.

Getäuscht, geändert, erlaubt?

Die Produkte sollen in drei Kategorien eingeteilt werden: Unter „Getäuscht?“ werden Produkte aufgeführt, die für irreführend gehalten werden. Unter „Erlaubt!“ stehen Lebensmittel, die rechtlich zwar einwandfrei gekennzeichnet sind, die Verbraucher aber dennoch täuschen könnten. „Ein Beispiel könnten Geflügelprodukte sein“, sagt Hartmut König. Eine Putensalami kann zwar offiziell als Putensalami gekennzeichnet werden, muss aber nicht unbedingt nur aus Putenfleisch bestehen. Der Gesetzgeber erlaubt, dass diese Salami auch mit Rinder- oder Schweinefleisch verarbeitet werden kann. Verwirrend kann auch die Aufmachung von "Kalbswienern" sein: Die Würstchen müssen lediglich zu 15 Prozent aus Kalbsfleisch bestehen. Das erfährt der Verbraucher aber erst im Kleingedruckten. Unter „Geändert!“ tauchen Produkte auf, die nach den Beschwerden geändert wurden. Bilder von den Etiketten sollen die mögliche Änderung dokumentieren. Zum heutigen Start sollen bereits rund 20 Lebensmittel auf dem Portal erscheinen.

775.000 Euro vom Verbraucherministerium

Finanziert wird das Projekt vom Bundesverbraucherministerium. Es schießt 775.000 Euro zu, verteilt auf zwei Jahre. Bereits zu Beginn des Jahres hatte Ministerin Ilse Aigner angekündigt, der Verbrauchertäuschung Einhalt zu gebieten. Das Internetportal soll dabei nun helfen. Aigner erhofft sich dadurch, einen „Dialog zwischen Wirtschaft und Verbrauchern.“ Hartmut König erhofft sich durch das Portal eine politische Schubkraft. „Die Verbrauchererwartungen haben sich verändert. Die Menschen wollen wissen, was woher kommt.“ König glaubt, dass dieses Interesse vorerst auch nicht abnehmen werde. Bereits jetzt müssen rund 200 Meldungen bearbeitet werden. Offiziell vorgestellt wurde die Seite am heutigen Mittwoch gegen 11 Uhr. Danach sollte sie unter www.lebensmittelklarheit.de freigeschaltet werden. Allerdings brach der Server bereits nach kurzer Zeit zusammen. Auch am Mittwochnachmittag war die Seite nur schwer zu erreichen, der Server verzeichnete nach Angaben des Betreibers bis zu 20.000 Zugriffe pro Sekunde.

Kritik aus der Wirtschaft

Die Lebensmittelwirtschaft steht dem Portal kritisch gegenüber. Informationen und Diskussionsforen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln seien zwar generell zu begrüßen, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Matthias Horst, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nicht tragbar seien jedoch produktbezogene Angaben, "bei denen Marke sowie Hersteller- und Händlernamen genannt werden". Die Verbraucherorganisation Foodwatch sieht in dem neuen Portal einen "ersten Schritt" in die richtige Richtung. Die Maßnahmen müssten aber noch weiter gehen. Ziel müsse es sein, dass die Klarheit nicht nur im Internet geschaffen werde, sondern auf allen Etiketten im Supermarkt, sagte ein Sprecher.

(wil/AFP)