Gourmet-Trends – was Feinschmecker bewegt | EAT SMARTER

Gourmet-Trends – was Feinschmecker bewegt

Von EAT SMARTER

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Welche Food-Trends erwarten uns in den kommenden Monaten? Die Zukunftsforscherin weiß, was Feinschmecker bewegt und erklärt ein paar kulinarische Neuheiten, die unsere Esskultur beeinflussen werden.

Foodies und Product Hunters (neudeutsch für engagierte Feinschmecker) sind immer auf der Suche nach kulinarischen Innovationen: nach den angesagtesten Restaurants und Winzern, den besten Quellen für seltene Lebensmittel, nach neuen Zubereitungsarten oder Getränkekreationen. Mitunter finden sie auf ihrer Suche gar keine neuen Trends, sondern lösen sie selbst aus. Freilich: Die Grenzen zwischen kurzatmigen Moden und echten, das heißt auch längerfristigen Trends, die unsere Esskultur beeinflussen (wie etwa der Trend zum Flexitarier oder zu regionalen Lebensmitteln und Gerichten), sind oft fließend. Der Begriff Gourmet-Trends beschreibt diese Grauzone zwischen Mode und Trend recht gut: Er bezieht sich auf Produkte, Verfahren und Services, die von Feinschmeckern jeweils mit Leidenschaft diskutiert und konsumiert werden.

Orange Wines zum Beispiel, maischevergorene Weine, die wie Gemüsesäfte aussehen und deren gelb-roter Farbton die Namensgebung erklärt. Noch vor Kurzem galten sie als önologische Skurrilität, jetzt glauben viele Winzer, nicht mehr ohne Orange Wine im Sortiment auskommen zu können. Die „orange Mode“ scheint aber tatsächlich einen neuen Trend hin zu „unorthodoxen“ Methoden, Wein herzustellen, anzutreiben (von biodynamischen über spontan vergorenen bis zu schwefelfreien Weinen).

Das dazu passende Gourmet-Trend-Pendant in der Küche ist das Fermentieren – sprich: vergären und verfaulen lassen. Einer der Pioniere der jetzt wiederentdeckten Zubereitungsart für Gemüse, Obst, Reis & Co. ist der niederländische Drei-Sterne-Koch Jonnie Boer, der seinen Spezialitäten mit vergorenen Säften und eingelegten Gemüsen ganz neue Geschmäcker verleiht (www.restaurantdelibrije.nl). Selbst in privaten Küchen machen sich neugierige Foodies mittlerweile auf, um gemeinsam mit Millionen von Milchsäurebakterien manches zur Langeweile neigende, wässrige Frischgemüse in eine kulinarisch aufregende und noch dazu verdauungsförderliche und haltbare Köstlichkeit zu verwandeln. Der neue Purismus: Parallel zur steigenden Zubereitungsraffinesse in der Küche und zum immer kunstvolleren Food Styling auf dem Teller zeichnet sich in der Top-Gastronomie aber auch ein neuer Trend zur Einfachheit ab – zumindest architektonisch. Ob die „Cordobar“ in Berlin oder „Konstantin Filippou“ in Wien: Edle Trendlokale sehen immer öfter wie Nobelkantinen aus – karge Tische, einfache Designer-Sitzmöbel, lässig gekleidetes Servicepersonal. Die Zeiten des barocken Gourmet-Brimboriums scheinen definitiv dem Ende zuzugehen. Deutsche und österreichische Feinschmecker haben darüber hinaus gemeinsam mit engagierten Kleinstbrauereien die Bieremanzipation ausgerufen: Selbst in der Sterneküche hat der Craft-Beer-Trend voll eingeschlagen. Die Mini-Brauereien experimentieren mit Lagenhopfen und exotischen Hefen. Kleine regionale Bierproduzenten schließen sich, wie etwa die „Culturbrauer“ in Österreich, zu Vermarktungskooperativen zusammen (www.culturbrauer.at). Und Sommeliers können so in Zukunft aus einer Fülle guter Getränke schöpfen. Entgegenkommen wird ihnen dabei ein weiterer Trend: das Food Pairing.

Ursprünglich ging es beim Food Pairing um das Kombinieren neuer Gerichte, doch bedienen sich nun auch Bartender zunehmend dieser Wissenschaft, um neue Cocktails zu kreieren. Food Pairing gründet sich auf wissenschaftlichen Geschmacksanalysen, und ihr erstes Theorem lautet: Lebensmittel und Gewürze passen dann am besten zueinander, wenn sie sich sogenannte Schlüsselaromen teilen. Einer der Pioniere des Food Pairing ist der Belgier Bernard Lahousse. Mit den von ihm entwickelten Tools können Bartender im Nu neue Drinks entwickeln oder Sommeliers leichter die passende Getränkebegleitung zusammenstellen (www.foodpairing.com). Ganz ohne wissenschaftliche Unterstützung macht dagegen ein Gericht aus Südamerika Furore: Ceviche – roher, in sogenannter Tiger Milk marinierter und in vielfältigen Kombinationen mit Mais und Gemüse servierter Fisch. Im Windschatten von Ceviche setzt die Cocina Novoandina (die neue lateinamerikanische Küche) dazu an, ihren Rückstand auf beliebte Länderküchen wie die spanische oder italienische zu verkürzen.

Ihre Hanni Rützler