Absinth: Die grüne Fee | EAT SMARTER

Absinth: Die grüne Fee

Von Nicole Oschwald

Absinth

Der Schnaps, der Rausch, das Messer am Ohr. Absinth durchzieht die Legende von Vincent van Gogh. Das Leben des Malers kommt mit dem Film „Loving Vincent“ gerade in die Kinos. Die Geschichte der grünen Spirituose fasziniert aber genauso. Ein Wunderelixier, durch Trinkrituale verzogen, lange als Teufelstrunk weggesperrt, ist heute als Szenegetränk wieder auf Freigang. Den Absinth umranken viele Mythen. SGS Institut Fresenius erklärt die Faszination der „grünen Fee“.

Die Spirituose Absinth wird wegen ihrer Farbe auch „grüne Fee“ genannt. Die wichtigste Zutat der Bitterspirituose ist das Wermutkraut. Wissenschaftlich heißt das Artemisia absinthium. Daher kommt der Name Absinth. Nach traditioneller Rezeptur werden dem klaren, farblosen Destillat weitere Kräuter, wie zum Beispiel Anis, Fenchel oder Pfefferminze, hinzugefügt – bei grünen Absinthin auch Farbstoff. 

Schon vor 3.000 Jahren schworen Menschen auf Wermut als Verdauungsmittel. Und auch der Naturheilkunde-Pfarrer Sebastian Kneipp gebrauchte Wermuterzeugnisse als Heilmittel. Dabei achtete er auf die richtig dosierte Menge. Anders machten es die Trinker in den Bistros und Cafés im Frankreich des 19. Jahrhunderts.

Absinth – ein Kultgetränk mit Geschichte

Im späten 19. Jahrhundert hatte Absinth in Frankreich Kultstatus. In Bars war die „grüne Stunde“ fester Bestandteil des Tagesablaufs: Zwischen 17 und 19 Uhr traf sich die Szene zum Absinth-Trinken. Vincent van Gogh hat dem Getränk sogar ein Stillleben gewidmet.

Das Ritual, das dem Absinthgenuss vorausgeht, ist legendär. Ein Löffel, der einer gelöcherten Kuchengabel gleicht, wird über ein Glas Absinth gehalten. Der Kenner legt Zucker auf das Absinth-Besteck und gießt tropfenweise Wasser darüber. Der flüssige Zucker tropft ins Glas. Das Getränk färbt sich milchig-weiß.

Wermut

Der grüne Rausch – lange Zeit verboten

So berauschend das Trinkritual, so bedenklich waren die Folgen bei übermäßigem Genuss oder schlechter Alkohol-Qualität. Der Absinth von damals konnte Halluzinationen und Anfälle auslösen. Vermutlich war dies auf eine zu hohe Dosis von Thujon zurückzuführen, einen natürlichen Bestandteil des Wermuts. Nach und nach verschwand der Absinth deshalb von den Getränkekarten. Deutschland erließ im Jahr 1923 das Absinthgesetz. Ihm folgte die Aromen-Verordnung, die bis 1991 ein Verbot für Absinth-Erzeugnisse enthielt.

Mittlerweile ist der Zusatz von thujonhaltigen Pflanzen und Pflanzenteilen in Spirituosen europaweit wieder erlaubt. Hersteller müssen sich allerdings an niedrige Höchstwerte halten. Bitterspirituosen wie Absinth dürfen höchstens 35 Milligramm Thujon pro Kilogramm enthalten, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.

Im Labor wird die Qualität geprüft

Für den Verbraucher ist es schwer zu erkennen, welche Qualität ein Absinth hat. Eine einheitliche Begriffsdefinition für Absinth gibt es in der EU nach wie vor nicht, weshalb sich Getränke unterschiedlichster Qualität und Rezeptur auf dem Markt befinden. Selbst traditionell hergestellte, qualitativ hochwertige Absinthe unterscheiden sich hinsichtlich Geschmack deutlich je nach ihrer Herkunft und der dort überlieferten Rezeptur.

Ein hochwertiges Produkt hat ein Wermutaroma und einen milden Bittergeschmack, enthält keine künstlichen Farbstoffe und wird destillativ hergestellt. Im Labor werden minderwertige Produkte entlarvt. Das gelingt zum Beispiel Sensorikern, also Laborexperten mit geschulten Sinnesorganen. Analytische Verfahren können darüber hinaus den Gehalt an Alkohol und Thujon im Wermut bestimmen. Somit muss heute niemand mehr als wahnsinnig gelten, der einen Absinth am Tresen bestellt.

Über die Autorin dieses Beitrags

Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.