Ist Heumilch wirklich besser? | EAT SMARTER

Ist Heumilch wirklich besser?

Von Nicole Oschwald

Heumilch

Glücklich grasen Kühe auf der Weide. Dieses Idyll ist in vielen Köpfen verankert – wohl wissend, dass industrielle Milchproduktion meist anders aussieht. Aber gerade Begriffe wie "Weidemilch" oder "Heumilch" halten genau dieses Bild aufrecht. Ist das nur Werbung oder gar Verbrauchertäuschung? Kommt Heumilch tatsächlich von glücklicheren Kühen? Ist sie qualitativ hochwertiger als konventionelle Milch?

Täuschend ist die Bezeichnung einer Milch nur dann, wenn sie beim Verbraucher falsche Vorstellungen über die tatsächliche Beschaffenheit eines Produktes weckt. Ob dem so ist, ist meist im Einzelfall zu entscheiden. Es kommt dabei darauf an, was genau auf der Packung steht. Das ist speziell bei einer Milch, die als Weidemilch verkauft wird, wichtig. Einen verbindlichen Standard für das Herstellen von Weidemilch gibt es in Deutschland bislang nicht.

Anders als etwa in den Niederlanden: Dort gibt es eine Leitlinie, nach der die Kühe an mindestens 120 Tagen im Jahr sechs Stunden pro Tag auf der Weide stehen müssen. Eine Anforderung, die offenbar über die niederländischen Grenzen hinweg Konsens ist. Auch hierzulande findet sich auf Weidemilch oft dieser Hinweis auf der Verpackung. Verbunden mit der Information, dass unabhängig Prüfinstitute diese Kriterien regelmäßig prüfen, ist der Vorwurf einer Täuschung damit in der Regel vom Tisch.

Heumilch: Nur Heu, Gräser und Kräuter

Konkreter sind die Anforderungen an so genannte Heumilch. Seit Frühjahr 2016 ist die Bezeichnung durch das EU-Gütesiegel "g.t.S – garantiert traditionelle Spezialität" auf Wunsch von Österreich gesetzlich geschützt. Die Heumilchwirtschaft gilt als ursprünglichste Form der Milcherzeugung: Gefüttert werden die Tiere im Sommer mit Gräsern und Kräutern auf der Weide, im Winter mit Heu.

Je nach Bedarf ist eine ergänzende Gabe von Getreide und Lupinenmehl erlaubt. Verzichtet wird dagegen auf Silage und Gärheu, das heißt auf durch Milchsäuregärung konservierte Futtermittel. Auch das Füttern von Nebenprodukten, etwa Treber aus Brauereien oder Obst- und Gartenabfällen an Heumilchkühe ist tabu. Dieses besondere Futter hinterlässt tatsächlich Spuren: Milchliebhaber loben den speziellen Geschmack der Heumilch.

Und auch im Labor lässt sich nachweisen, dass das Spezialfutter zu einem höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren in der Milch führt. Das gilt übrigens auch für Weidemilch – vorausgesetzt die Tiere grasen tatsächlich regelmäßig auf der Weide. Denn der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren steigt mit dem Grünfutteranteil im Futter: Mehr Grünfutter bedeutet mehr gesundheitlich günstige Fettsäuren.

Biomilch und Biofleisch

Zugang zur Weide ist Pflicht

Übrigens: Auch Bio-Milch enthält mehr Omega-3-Fettsäuren als konventionell erzeugte. Das zeigt eine Analyse der wissenschaftlichen Datenlage, die kürzlich im British Journal of Nutrition veröffentlicht wurde. Wie viel Zeit Bio-Kühe allerdings tatsächlich auf der Weide stehen, ist in den gesetzlichen Regelungen zur ökologischen Landwirtschaft recht variabel geregelt.

Dort heißt es, dass die Tiere Zugang zum Weideland haben müssen, soweit die Umstände dies gestatten. Genauso wie auch bei Weidemilch dürfen an Bio-Kühe zusätzlich Silage und klassisches Kraftfutter verfüttert werden. Wem also ökologische Tierhaltung und die Grünfütterung besonders wichtig ist, wählt Bio-Heumilch.


Über die Autorin dieses Beitrags Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte-Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.