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Long Covid Ernährung: Immunsystem stärken nach Corona

Von Dr. med. Matthias Riedl und Lisa Katarina Meister
Aktualisiert am 15. Aug. 2023
© Unsplash/Nathan Dumlao
© Unsplash/Nathan Dumlao

Dr. Matthias Riedl ist überzeugt, dass Ernährungstherapie Symptome von Long Covid und dem Chronischen Fatigue-Syndrom mildern kann. Der Mediziner erklärt, wie Sie Ihr Immunsystem nach Corona stärken und warum eine antientzündliche Ernährung empfehlenswert ist.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Long Covid?
  2. Was ist ein Chronisches Fatigue-Syndrom?
  3. Ursachen für Long Covid und das Chronische Fatigue-Syndrom
    1. Wie finde ich heraus, ob ich betroffen bin? 
  4. Ernährung bei Long Covid
    1. Nährstoffe und Lebensmitteln, die das Immunsystem nach Corona stärken
    2. Lebensmittel, die Sie besser meiden
    3. Immunsystem stärken nach Corona mit einer antientzündlichen Ernährung 
    4. Ernährung umstellen nach Corona. Wie gehe ich anfangs am besten vor?
  5. Smarte Ideen für unkomplizierte, immunstärkende Gerichte
  6. Weitere Tipps, um das Immunsystem nach Corona zu stärken
  7. Wissen zum Mitnehmen

Wenn Müdigkeit zum Dauerzustand wird, Sie keine Kraft für alltägliche Dinge wie Einkaufen, die Arbeit und Freunde treffen haben, Sie von Konzentrations- und Gedächtnisproblemen geplagt werden oder Schlafstörungen und Muskelschwäche Ihr ständiger Begleiter sind, handelt es sich womöglich um Long Covid. Wie Sie Ihr Immunsystem nach einer Corona-Infektion stärken, auf welche Lebensmittel und Nährstoffe Sie jetzt am besten setzen, um wieder auf die Beine zu kommen, welche Sie besser links liegen lassen sollten und was Sie sonst noch tun können, um sich nach Corona zu erholen, weiß Dr. Matthias Riedl.

Was ist Long Covid?

Long Covid tritt in Folge von Covid-19 auf und umfasst den gesamten Zeitraum nach der akuten Krankheitsphase. Dazu zählen Symptome wie Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Husten, Brain Fog oder Kopfschmerzen, die länger als vier Wochen andauern, und solche, die später hinzu- oder zurückkommen.

Was ist ein Chronisches Fatigue-Syndrom?

Das Chronische Fatigue-Syndrom, kurz CFS und auch Myalgische Enzephalomyelitis (ME) genannt, ist eine chronische neuroimmunologische Krankheit, die den gesamten Körper betrifft. Die Leistungsfähigkeit der Patient:innen ist dabei extrem eingeschränkt. Neben der totalen körperlichen Erschöpfung (Fatigue) kommt es auch zu einer geistigen, was die Konzentration und das Fassen klarer Gedanken nahezu unmöglich macht (Brain Fog). Sie möchten mehr zum chronischen Fatigue-Syndrom erfahren? Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserem Live-Smarter-Blog.

Merke!
Wer an Long Covid infolge einer Corona-Infektion oder dem Chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) erkrankt ist, leidet unter Kurzatmigkeit, starker Erschöpfung oder Konzentrationsproblemen.

Ursachen für Long Covid und das Chronische Fatigue-Syndrom

Es gibt vier Hauptmechanismen: Erstens versteckte Virusherde, die eine chronische Infektion auslösen, zweitens eine Autoimmunität, die durch eine Covid-19-Erkrankung getriggert wird, drittens eine Reaktivierung anderer Erreger, etwa Epstein-Barr-Viren und viertens massive Gewebe- sowie Gefäßschäden infolge der Covid-19-Infektion, die der Körper reparieren muss. Gemeinsam haben alle Mechanismen, dass das Immunsystem von Betroffenen überlastet, beschädigt, fehlgeleitet oder überaktiviert ist. Arbeiten die Abwehrkräfte derart im Dauerbetrieb, löst das Entzündungen aus, die chronisch werden können. So in der Folge im Übrigen auch die entsprechenden Beschwerden. Müdigkeit wird dann zu einem Zustand der Dauererschöpfung.

Wie finde ich heraus, ob ich betroffen bin? 

Ganz so einfach ist das nicht. Es gibt bisher keinen Test oder eindeutigen Nachweis für Long Covid. Damit die Diagnose sichergestellt werden kann, ist in der Regel eine Hausarztpraxis die erste Anlaufstelle. Wenn Kinder Beschwerden haben, sollten sich Eltern an eine Kinderarztpraxis wenden. Häufig äußert sich eine Erkrankung zum Beispiel durch Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen, Muskelschwäche sowie Muskelschmerzen. Auch psychische Probleme wie Depression und Ängstlichkeit sowie Störungen des Geschmacks- und Geruchssinn kommen häufig vor.

Merke!
Versteckte Virusherde, eine Autoimmunität, eine Reaktivierung anderer Erreger sowie massive Gewebe- sowie Gefäßschäden können Auslöser für Long Covid und das Chronische Fatigue Syndrom sein. Die Hausärztin oder der Hausarzt kann die Diagnose stellen.

Ernährung bei Long Covid

Bei Patient:innen besteht nicht selten ein Mangel an bestimmten Nährstoffen. Darüber hinaus können sich chronisch entzündliche Prozesse oftmals mit einer gezielten Ernährung bremsen lassen. Eine Ernährungstherapie bei Long Covid ist Neuland, aber es gibt bereits vielversprechende Ansätze: Die Ursachen und Mechanismen dahinter ähneln denen anderer Erkrankungen, die sich bereits erfolgreich ernährungsmedizinisch behandeln lassen, etwa rheumatoide Arthritis, Arthrose, Neurodermitis und chronische Darmkrankheiten. Da liegt es nahe, auch Long-Covid-Betroffene ernährungsmedizinisch zu therapieren. Erste Behandlungen von Dr. Riedl in der Praxis haben das bestätigt. Bei den meisten Patient:innen konnten die Symptome verbessert werden.

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Nährstoffe und Lebensmitteln, die das Immunsystem nach Corona stärken

Die Grundlage bildet eine pflanzenbasierte sowie vielfältige Ernährung, um damit pro Tag auf mindestens 30 Gramm darmschmeichelnde Ballaststoffe und genügend wertvolle antientzündliche sekundäre Pflanzenstoffe zu kommen. Bedeutet zusammengefasst: viel knackiges Gemüse, zuckerarmes Obst wie Beeren, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, dazu hochwertiges Fett mit massig Omega-3-Fettsäuren, zum Beispiel Lein-, Hanf-, Nuss- oder Olivenöl, und Fermentiertes wie Sauerkraut. All das sind allgemeingültige Regeln für eine rundum gesunde Ernährung. Nicht zuletzt ist es ausgesprochen wichtig, genügend Proteine aufzunehmen, insbesondere aus pflanzlichen Quellen. Hülsenfrüchte, etwa Kidneybohnen oder Kichererbsen, und Nüsse sind beispielsweise tolle Lieferanten.

Grundsätzlich liegt Dr. Riedl Vielfalt auf dem Teller sehr am Herzen. Vor allem Hafer, Brokkoli und Ingwer sind wahre Powerfoods. Das Naturprodukt Hafer ist durch seine wertvollen Ballaststoffe (Beta-Glucane), das pflanzliche Eiweiß und die Mineralstoffe, Vitamine sowie Spurenelemente ein unschlagbares Superfood. Auch Brokkoli, eines der gesündesten Gemüse überhaupt, hat viele nennenswerte Vorzüge: Es bietet das pflanzliche Östrogen Kaempferol, welches antimikrobiell, antientzündlich, herz- und nervenschützend, schmerzstillend und angstlindernd wirkt. Zudem stärken die grünen Röschen mit ihrem hohen Vitamin-C-Gehalt das Immunsystem. In Ingwer wiederum stecken reichlich gesunde ätherische Öle, Gingerol, Harz sowie Harzsäuren. Die scharfe Knolle ist zudem reich an Vitamin C und enthält Magnesium, Eisen, Calcium, Kalium, Natrium und Phosphor. Nicht zuletzt wirkt Ingwer antibakteriell und entzündungshemmend.

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Um Ihr Immunsystem nach Corona zu stärken sollten Sie jetzt auf knackiges Gemüse, zuckerarmes Obst, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Omega-3-Fettsäuren sowie Fermentiertes setzen. Echte Powerfoods sind zudem Hafer, Brokkoli und Ingwer.

Lebensmittel, die Sie besser meiden

Dazu zählen von der Industrie stark verarbeitete Produkte mit großen Mengen Zucker, Weißmehl, Softdrinks, Süßigkeiten, Salz und Fett. Hintergrund ist, dass sie allesamt Entzündungen verursachen und befeuern. Ein hoher Zuckergehalt etwa lässt den Blutzucker schnell ansteigen – und genauso rasant wieder abfallen. Fett ist schwer verdaulich und kann lange im Verdauungstrakt verbleiben, wo es bearbeitet werden muss. Die dafür aufgewendete Energie nimmt uns die Kraft, die wir eigentlich für die Bewältigung des Alltags benötigen.

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Merke!
Fertigprodukte, Zucker, Softdrinks, Weißmehl, Salz und Fett befeuern Entzündungen im Körper. Daher sollten Sie auf derartige Lebensmittel lieber verzichten.

Immunsystem stärken nach Corona mit einer antientzündlichen Ernährung 

Entzündungshemmende Lebensmittelinhaltsstoffe sollen bewusst in den Alltag eingebaut werden: Dazu zählen Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und sekundäre Pflanzenstoffe. Omega-3-Fettsäuren finden Sie in pflanzlichen Ölen, beispielsweise Lein-, Algen- oder Walnussöl. Auch fettreiche Seefische, darunter ThunfischLachs, Makrele und Hering, bieten die wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Zudem sollten täglich ausreichend Lebensmittel und Getränke konsumiert werden, die den Körper mit entzündungshemmenden Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffen versorgen. Bei den Antioxidantien sind insbesondere Vitamin C, E, Polyphenole und Carotinoide zu erwähnen.  Empfehlenswerte Lebensmittel sind zum Beispiel Obst und Gemüse wie Beeren, Brokkoli und Avocado. Sekundäre Pflanzenstoffe lassen sich bewusst durch KurkumaAnanas und Knoblauch in den Speiseplan integrieren.

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Ernährung umstellen nach Corona. Wie gehe ich anfangs am besten vor?

Wichtig ist zu Beginn, nicht alles auf eine (Diät-)Karte zu setzen. Das Ernährungsverhalten sollte schrittweise angepasst werden. Schon 20 Prozent Veränderung genügen, um langfristig positive Ergebnisse zu erreichen – ganz ohne Jo-Jo-Effekt. Das beschreibt auch meine erprobte 20:80-Methode. Als erste Hilfsmaßnahme bietet es sich an, die  Ernährung mithilfe der myFoodDoctor-App zu analysieren und in Richtung einer artgerechten Essweise zu optimieren. Wenn das nichts bewirkt, sollte unbedingt eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin aufgesucht werden. Dort können Ernährungsmediziner:innen und -wissenschaftler:innen die Situation analysieren und anschließend gezielt helfen. Zur Recherche kann diese Website dienen: www.bdem.de

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Eine antientzündliche Ernährung, bestehend aus Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffen kann Ihr Immunsystem nach einer Corona-Infektion stärken. Passen Sie Ihre Ernährung langsam an.

Smarte Ideen für unkomplizierte, immunstärkende Gerichte

Zum Start in den Tag empfiehlt der Ernährungs-Doktor zum Beispiel einen Haferflocken-Beeren-Quark. Mittags könnte es Putengeschnetzeltes und Erbsennudeln mit Paprika und Pinienkernen, eine Linsennudel-Bowl mit Skyr-Leinöl-Dip oder einen grünen Power-Salat geben. Abends wäre Lachs mit Sesamkruste und Brokkoli oder der Rote-Bete-Salat mit Bohnen eine fixe Nummer. Viele Gerichte lassen sich übrigens gut am nächsten Tag erneut essen, was ebenfalls Zeit spart.

Meal Prep eignet sich übrigens auch hervorragend für den Alltag und hilft, wenn Sie sich ausgewogen und gesund ernähren möchten. Wir haben passend dazu Meal-Prep-Wochenpläne entwickelt. 

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Die Kraft, lange in der Küche zu stehen, fehlt vielen Betroffenen. Doch es gibt eine große Anzahl an Gerichten, die rasch zu bereitet sind. Auch Meal Prep eignet sich hervorragend.

Weitere Tipps, um das Immunsystem nach Corona zu stärken

Kommen Sie in Bewegung! Langfristig sollten 150 Minuten moderates Sporteln das Wochenziel sein. Alternativ bieten sich 75 Minuten Intensivtraining an. Zusätzlich freuen sich die großen Muskelgruppen an zwei Tagen über Gymnastik oder Gerätesport. Weitere Kraftquellen sind: Dehnen, frische Luft, Natur, gute Gesellschaft, ein gesundes Stressmanagement, ausreichendes Trinken, eine erfrischende Dusche und, sehr wichtig, genügend Schlaf in der Nacht. 

Außerdem rate ich allen Patient:innen mit Long Covid, sich von einem/r Mediziner:in auf mögliche Mikronährstoffmängel untersuchen zu lassen. Insbesondere auf Vitamin D, Eisen sowie Zink. Je nach Ergebnis kann dann in Absprache mit dem behandelnde/n Ärztin oder Arzt eine individuelle Supplementierung erfolgen. Ein Muss ist auch die Messung des Omega-3-Indexes. Dieser ist in den meisten Fällen nämlich viel zu niedrig, was autoimmune Prozesse fördert. Und gegen alle anderen Mängel ist ein Kraut gewachsen: nämlich eine artgerechte, antientzündliche, vielfältige und darmfreundliche Ernährung.

Merke!
Mit etwa 150 Minuten moderater Bewegung oder 75 intensivem Sporteln pro Woche stärken Sie Ihr Immunsystem. Auch die Untersuchung auf einen möglichen Mikronährstoffmangel, vor allem auf Vitamin D, Eisen, Zink und des Omega-3-Indexes ist ratsam.

Wissen zum Mitnehmen

Bei Patient:innen mit Long Covid und dem Chronischen Fatigue Syndrom ist das Immunsystem überlastet, beschädigt, fehlgeleitet oder überaktiviert. Die Abwehrkräfte arbeiten im Dauerbetrieb, wodurch Entzündungen ausgelöst werden, die chronisch werden können. Müdigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisproblemen, Schlafstörungen und Muskelschwäche gehören zu den häufigen Symptomen. 

Eine gesunde Ernährung bestehend aus knackigem Gemüse, zuckerarmen Obst, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Omega-3-Fettsäuren sowie Fermentierten ist das A und O. Echte Powerfoods sind zudem Hafer, Brokkoli und Ingwer. Fertiggerichte, Zucker, Softdrinks, Alkohol, zu viel Salz und Fett sollten Sie hingegen lieber meiden. Sie alle kurbeln Entzündungsprozesse im Körper an. 

Außerdem empfiehlt Dr. Riedl, auf antientzündliche Lebensmittel zu setzen. Omega-3-Fettsäuren beispielsweise aus Lein-, Algen- oder Walnussöl, Antioxidantien wie Vitamin C, E, Polyphenolen und Carotinoiden aus Obst und Gemüse wie Beeren, Brokkoli und Avocado sowie sekundäre Pflanzenstoffe, die in Kurkuma, Ananas und Knoblauch enthalten sind, sollten Sie jetzt in den Speiseplan integrieren, um Ihr Immunsystem nach einer Corona-Infektion zu stärken.

Neben der Ernährung spielt auch Bewegung eine entscheidende Rolle. Integrieren Sie 150 Minuten moderate Bewegung oder 75 Minuten Intensivtraining pro Woche in Ihren Alltag. Auch aus einem Spaziergang an der frischen Luft, einem Treffen mit dem/der Freund:in, Meditieren sowie ausreichend Schlaf können Sie neue Kraft schöpfen. 

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