Februar 2020, University of Oxford, England

Eier und Fleisch erhöhen das Schlaganfallrisiko

Von Cornelia Brammen
Aktualisiert am 27. Okt. 2021

Schlaganfälle sind nach Herzinfarkten und Krebs die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Sie treten in der Regel plötzlich auf und müssen sofort behandelt werden, um mögliche Folgeschäden zu minimieren. Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle.

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Worum ging es bei dieser Studie?

  • In der Medizin wird zwischen zwei Formen des Schlaganfalls unterschieden: Der ischämische Schlaganfall macht rund 80 Prozent aller Schlaganfälle aus. Er wird durch eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff aufgrund verstopfter Arterien (Arterienverkalkungen) verursacht. Die übrigen 20 Prozent sind sogenannte hämorrhagische Schlaganfälle, verursacht durch Blutungen ins Gehirn beziehungsweise Blutungen in einer bestimmten Hirnregion, die dadurch massiv geschädigt werden kann. 
  • Bisher wurde im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen zu Ernährung und Schlaganfall nicht zwischen den beiden genannten Formen unterschieden. Mehrere Studien hatten jedoch gezeigt, dass niedriges LDL-Cholesterin vor einem ischämischen Schlaganfall schützen kann, jedoch das Risiko für einen hämorrhagischen Schlaganfall erhöht.
  • Ballaststoffe sind beim Schutz vor Schlaganfall entscheidend. Der Verzehr von Vollkornprodukten, Obst und Gemüse war darum ein Parameter in der vorliegenden Studie.
  • Der Verzehr von Fleisch, Eiern sowie Milchprodukten bildete einen anderen großen Untersuchungsschwerpunkt.

Wie lautet die zentrale Forschungsfrage?

  • Welche Lebensmittel schützen vor beiden Formen eines Schlaganfalls und welche Lebensmittel erhöhen das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden?  

Wie viele Probanden nahmen teil?

  • Die große europäische Kohorte (der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition, EPIC) umfasste 418.329 männliche und weibliche Probanden aus neun europäischen Ländern mit einem jeweiligen Durchschnittsalter von 52 (Männer) beziehungsweise 50 (Frauen) Jahren. Als Datengrundlage dienten Ernährungsprotokolle. 
  • Alle Probanden füllten einen umfangreichen Fragebogen zu ihrem Ernährungsverhalten aus.
  • Die anschließende durchschnittliche Nachbeobachtungszeit (die Zeit, in der geprüft wurde, ob die gesuchte Krankheit auftritt) betrug 12,7 Jahre.

Welche Methode wurde angewandt?

  • Ziel von Kohortenstudien ist es, Zusammenhänge zwischen Exposition (das verzehrte Lebensmittel) und einer bestimmten Krankheit (Schlaganfall) zu erkennen. Dazu werden die Daten exponierter (mit einem hohen Verzehr) und nicht exponierter (mit einem niedrigen bis keinem Verzehr) Probanden dahingehend verglichen, wie oft die gesuchte Krankheit auftritt.  
  • Auf Basis der Ernährungsprotokolle wurde der allgemeine Verzehr der wichtigsten Lebensmittelgruppen (unter anderem Obst und Gemüse, Getreide, Milchprodukte, Fleisch sowie Fleischprodukte) geschätzt.
  • Demografische Daten (darunter Alter sowie Geschlecht) und Lebensstil-Faktoren (etwa Alkoholkonsum sowie körperliche Aktivität) wurden bei der Auswertung berücksichtigt.
  • Die Ernährungsgewohnheiten der Probanden, die während der Nachbeobachtungszeit einen Schlaganfall erlitten, wurden mit denen der schlaganfallfreien Probanden verglichen, um Rückschlüsse auf mögliche Zusammenhänge der Lebensmittelgruppen und deren Risikofaktoren zu schließen.

Tolle Rezepte mit Ballaststoffen

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

  • Innerhalb der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 12,7 Jahren gab es 4.281 Fälle eines ischämischen Schlaganfalls (tödlich und nicht tödlich), 1.430 Fälle eines hämorrhagischen Schlaganfalls und 7.378 Fälle eines totalen Schlaganfalls (ischämischer, hämorrhagischer und nicht spezifizierter kombinierter Schlaganfall).
  • Ein hoher Obst- und Gemüseverzehr sowie ein hoher Anteil an Ballaststoffen zum Beispiel durch Vollkornprodukte senken das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls: 200 Gramm mehr Obst beziehungsweise Gemüse pro Tag bereits um circa 13 Prozent und zehn Gramm mehr Ballaststoffe um bis zu 23 Prozent. 
  • Käse, Milch und Milchprodukte setzten das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls ebenfalls etwas herab, wohingegen das Risiko durch den Verzehr von rotem und/oder verarbeitetem Fleisch anstieg.
  • Eier sind ein signifikanter Risikofaktor für den hämorraghischen Schlaganfall.

Wer hat die Studie finanziert und durchgeführt?

  • Die Analyse wurde vom britischen Medical Research Council, Cancer Research UK und dem Wellcome Trust, Livestock Environment and People unterstützt. Die Kohorte (EPIC-CVD) wurde unter anderem durch das Rahmenprogramm der Europäischen Union (HEALTH-F2-2012-279233) und den Europäischen Forschungsrat unterstützt.

Wo ist die Original-Studie zu finden?


Begriffe: Was ist/sind eigentlich...?


Wie bewertet EAT SMARTER diese Studie?

  • Hohe Relevanz: Die aktuelle Verzehrsempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Ballaststoffe liegt bei Erwachsenen bei 30 Gramm Ballaststoffen pro Tag – diese Menge erreichen etwa zwei Drittel aller Männer und Frauen nicht. Fleisch und Fertiggerichte durch Vollkornprodukte und Gemüse zu ersetzen, ist eine einfach zu befolgende Ernährungsverbesserung. Die Studie zeigt den Zusammenhang zwischen Schlaganfall-Risiko und ballaststoffarmer Ernährung.
  • Großer Datensatz, ernstes Thema: Die Verringerung der Anzahl an Schlaganfällen ist ein wichtiges Ziel von Prävention. Jeder wissenschaftliche Beleg für Risikofaktoren hilft, Programme zu entwickeln. Ein Datensatz von über 400.000 Männern und Frauen mit einer Nachbeobachtungszeit von fast 13 Jahren ist valide. Von dieser Gruppe erlitten 3,2 Prozent einen Schlaganfall, das entspricht 13.000 Menschen. Die Studie zeigt, dass Ballaststoffe schützen, Eier und rotes Fleisch das Risiko hingegen erhöhen. Das Fazit lautet damit: Essen Sie mehr Vollkorn.
  • Fehleranfällige Selbstauskünfte: Die Studie basiert auf freiwillig durch die Probanden ausgefüllten Ernährungsprotokollen. Diese Selbstauskünfte haben immer Schwächen. Allerdings ist die Kohorte riesig und der Untersuchungszeitraum sehr lang. Artefakte, also aufgrund von Erhebungsfehlern nicht interpretierbare Forschungsergebnisse, wurden herausgefiltert und so ist die Studie für Ernährungsempfehlungen durchaus wegweisend.
  • Zu schließende Datenlücken: Das Forscherteam räumt ein, dass für viele Teilnehmer die Daten für Blutdruck und Cholesterin fehlten. So lassen sich keine klaren Aussagen darüber treffen, wie genau die Ernährung als Schutz- oder Risikofaktor für Schlaganfall wirkt. Für weitere Untersuchungen empfehlen sie darum, diese Parameter zu erheben.
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