Diagnose: Asperger-Syndrom
Menschen mit dem Asperger-Syndrom gelten als sonderbar oder besonders begabt – doch viele von uns haben eine falsche Vorstellung von dem Autismus-Spektrum. Erfahren Sie mehr über die Entwicklungsstörung.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist das Asperger-Syndrom?
- Was macht Betroffene besonders?
- Mythos des genialen Einzelgängers
- Wie bekommt man Autismus?
- Diagnose von Autismus-Spektrum-Störungen
- Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen
- Ernährung bei Autismus
- Arbeitsleben mit Autismus
- Wissen zum Mitnehmen
Hierzulande leben etwa 800.000 Menschen mit Autismus. Das ist keine Krankheit, sondern eine andere Art, die Welt zu denken, zu fühlen und mit ihr zu kommunizieren. Auch hat das Dasein Betroffener oft wenig mit den gängigen Klischees zu tun: Weder sind sie alle kleine Einsteins, noch leiden sie ständig an Isolation. Es sind Menschen, die Spaß am Leben haben, auch berufstätig sind und Partnerschaften führen – etwa wenn die Störung nur mild ausgeprägt ist.
Was ist das Asperger-Syndrom?
Das Asperger-Syndrom ist eine leichte Ausprägung von Autismus und zählt damit zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Das klingt unpassend, denn Betroffene haben meist keine auffälligen Verzögerungen in ihrer Entwicklung, zum Beispiel geistig oder sprachlich. Als Erwachsene können Sie ihren Alltag oft selbstständig gestalten, einen Beruf ausüben und eine Beziehung führen. Daher wird das Asperger-Syndrom häufig erst in späteren Lebensabschnitten erkannt. Für viele ist es dennoch eine Erleichterung, da sie nun wissen, warum sie anders als andere sind.
Daneben existieren noch weitere Subgruppen, etwa atypischer und frühkindlicher Autismus. Da sich die Formen überschneiden und unterschiedliche Ausprägungsgrade auftreten können, etabliert sich zunehmend der Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störung (ASS) – und die genannten Unterscheidungen werden damit aufgegeben. Aus diesem Grund ist im weiteren Verlauf vom gesamten Spektrum die Rede.
Was macht Betroffene besonders?
Grundsätzlich ist kein Mensch im Autismus-Spektrum wie der andere, dennoch fällt es ihnen allgemein schwer, sich auf ihre Umwelt einzulassen und das Handeln ihrer Zeitgenossen zu verstehen. Daher wirken sie auf uns Normalos etwas seltsam: Sie können Mimik nicht deuten, pflegen einen festen Tagesablauf, nehmen Redewendungen wörtlich. So berichtet eine Asperger-Autistin auf Spiegel Online, dass einmal eine wütende Mitarbeiterin zu ihr kam und sagte: "Ich könnte in die Luft gehen!" Daraufhin fragte sie ihre Kollegin nach ihren Urlaubsplänen und wohin sie gerne fliegen würde. Dass sie sich über jemanden geärgert hatte, habe sie nicht gemerkt (1).
Auch ist die Schwelle zur Reizüberflutung viel niedriger als bei nicht-autistischen Menschen. Das bedeutet, dass Bilder, Geräusche, Gerüche oder Ähnliches auf Betroffene ungefiltert einprasseln – unwichtige Reize können nicht mehr rausgefiltert werden, im Kopf entsteht ein Chaos aus Eindrücken und Gefühlen. Infolge der Überlastung ziehen sich manche zurück, andere brechen in einem Wutanfall aus oder erstarren.
Auf der anderen Seite liegt Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung meist logisches Denken, sie sind unbestechlich ehrlich, treffen Entscheidungen rational, lieben Details und arbeiten gründlich und genau.
Mythos des genialen Einzelgängers
Während Personen mit Autismus in sozialen Bereichen meist Probleme haben, gelten sie in anderen mitunter als wahre Genies. Etwa im Film Rain Man, in dem ein Protagonist einen Autisten mit phänomenalem Zahlengedächtnis verkörpert. Diese Inselbegabungen existieren auch in der Realität. So kann ein autistischer Künstler detaillierte Stadtansichten aus dem Gedächtnis zeichnen. Allerdings sind solche Fälle eher selten: Weltweit sind lediglich 100 Inselbegabte bekannt, bei der Hälfte wurde eine autistische Störung diagnostiziert (2).
Wie bekommt man Autismus?
Was eine Autismus-Spektrum-Störung auslöst, lässt derzeit nicht zweifelsfrei beantworten. Die Wissenschaft geht davon aus, dass genetische Komponenten eine Rolle spielen: Leidet ein Elternteil unter Autismus, so ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Kind betroffen. Ebenso scheinen bestimmte Faktoren während der Schwangerschaft einen Einfluss auszuüben. Hierzu gehören fortgeschrittenes Alter der Mutter, Einnahme bestimmter Medikamente (Paracetamol), Umweltchemikalien (etwa Blei, Quecksilber, Phthalate) und die Infektion mit Röteln-Viren.
Keinen wissenschaftlichen Beweis hingegen gibt es für das Gerücht, die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln würde Autismus verursachen (3). Ebenso wenig rufen Verfehlungen in der Erziehung oder ein liebloses Zuhause die Störung hervor; dies wurde früher immer wieder vermutet.
Diagnose von Autismus-Spektrum-Störungen
Meist sind es die Eltern, die erste Anzeichen bemerken, etwa wenn sich der Spross nicht in den Arm nehmen lässt, kaum oder gar nicht spricht, keinen Blickkontakt sucht oder Stereotypien entstehen. Dann geht er (nur) nach einem spezifischen Muster oder knipst das Licht ständig an und aus. Einige pflegen auch Spezialinteressen, sammeln und lernen etwa alles über Dinosaurier oder Züge oder entwickeln eine Vorliebe für Kfz-Kennzeichen.
Hegen Eltern einen Verdacht, sollten sie sich an die Kinderärztin beziehungsweise den Kinderarzt wenden. Mit einer frühzeitigen Diagnose erhält der Nachwuchs wichtige Hilfen, zum Beispiel Logopädie, Ergotherapie oder Frühförderung. Mit ihnen lassen sich kognitive Fähigkeiten, Sprache und alltägliche Fertigkeiten ausbauen – um sie für die Herausforderungen in ihrem Alltag zu wappnen.
Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen
Nicht selten treten begleitend andere Erkrankungen auf, darunter Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Angststörungen, Depressionen oder Epilepsie, die wiederum dazu beitragen können, die autismusspezifischen Symptome zu verstärken. Diese lassen sich in der Regel gut mit verhaltenstherapeutischen Methoden und Medikamenten behandeln.
Wird erst im Erwachsenenalter eine leichte Ausprägung festgestellt, profitieren Betroffene von Verhaltenstherapien oder moderierten Selbsthilfegruppen. Sie lernen dabei, Gefühle besser zu verstehen und sich besser in andere Menschen hineinzuversetzen. Außerdem erfahren sie, wie sie ihre sozialen Kontakte stärken.
Ernährung bei Autismus
Viele Knirpse im Autismus-Spektrum haben ihr Essverhalten ritualisiert; mitunter ist eine einseitige, ungesunde Ernährung das Ergebnis. So verputzen manche ausschließlich blaue Nahrungsmittel. Andere können es nicht ertragen, wenn sich Lebensmittel auf ihrem Teller vermischen und lehnen stets Suppen oder Eintöpfe ab. Nicht selten bleiben solche Angewohnheiten über das Kindes- und Jugendalter hinaus bestehen.
In vielen Fällen mögen die Kleinen keine Speisen mit unregelmäßiger Textur wie Joghurt mit Obststücken, schleimige sowie sehr scharfe Gerichte. Hingegen steht Weiches, Flüssiges, aber auch Knuspriges höher im Kurs. Eltern sollten dem Rechnung tragen und entsprechend andere Gerichte auftischen. Versuchen Sie auch den Speiseplan zu erweitern, indem Sie Ihrem Spross bei jeder Mahlzeit ein neues Lebensmittel zusammen mit seinem Favoriten anbieten. Vermeiden Sie aber stets Zwang, denn Essen soll Freude bereiten.
Zusätzlich leistet eine Ernährungsberatung wertvolle Hilfe. Hier wird nicht nur auf das besondere Ess- und Trinkverhalten eingegangen, sondern ebenso auf die Folgen der medikamentösen Behandlung. Durch manche Tabletten nehmen Betroffene leichter zu und haben ein höheres Risiko, an Adipositas zu erkranken. Außerdem kommen Essstörungen wie Anorexia nervosa, Binge Eating Disorder, Pica (Verzehr von ungenießbaren Dingen) sowie Rumination (Hochwürgen der Nahrung nach dem Essen) häufiger vor – sie alle gehören in die Hände von Ernährungsfachkräften.
Arbeitsleben mit Autismus
Im Job haben es Betroffene trotz ihrer Stärken immer wieder nicht leicht. So berichtet eine Ärztin und Asperger-Autistin auf Spiegel Online, sie habe bei ihrer ersten Stelle in einer Arztpraxis Patient:innen, die sich wenige Minuten verspätet hatten, wieder nach Hause geschickt. "Der Termin war vorbei", erinnert sie sich. Heute ist ihr klar, dass dieses Verhalten problematisch war. Ihre Diagnose erhielt sie erst mit 27 Jahren (4). Mittlerweile hat sie gelernt, ihre Stärken im Job gezielt zu nutzen: "Mir fällt es leicht, an der Arbeit zu bleiben, ohne dass ich dauernd Pausen mit Kollegen einlegen muss. Ein Nebeneinander mehrerer Tätigkeiten verwirrt mich" sagt sie (1).
Zudem gibt es Unternehmen wie die IT-Beratung auticon, die längst erkannt haben, dass Personen aus dem Autismus-Spektrum eine Bereicherung darstellen: Sie arbeiten gründlich, zuverlässig und haben ein gutes Auge für Details beziehungsweise Fehler. In dem Unternehmen ist die Diagnose Autismus sogar Einstellungskriterium für den Job als IT-Consultant. Um typische Herausforderungen im Job-Alltag zu meistern, werden sie von speziell ausgebildeten Jobcoaches und Projektmanagern unterstützt (5).
Wissen zum Mitnehmen
Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, bei der soziale Interaktion und Kommunikationsverhalten beeinträchtigt sind. Da die Bandbreite von kaum merkbaren Symptomen bis hin zu einer schweren Behinderung reicht, hat sich der Begriff Autismus-Spektrum-Störung etabliert.
Das Bild von einem wunderlichen Genie ist eher ein Klischee, denn Inselbegabungen sind sehr selten. Wahr ist, dass es Betroffenen oft schwerfällt, Mimik und Gestik zu lesen, häufig pflegen sie einen festen Tagesablauf und reagieren sensibel auf ihre Umwelt. Ihre Stärken liegen im logischen Denken, Rationalität und Gründlichkeit.
Die konkreten Ursachen sind noch unklar, allerdings üben genetische Faktoren einen großen Einfluss aus; ein Zusammenhang zwischen Impfung und Autismus hingegen besteht nicht. Erste Auffälligkeiten treten bereits in der Kindheit auf. Mit einer frühzeitigen Diagnose geht der Zugang zu wichtiger Hilfe einher, die ihre Kompetenzen stärken. Mitunter entwickeln Kinder ein selektives Essverhalten, das über das Kindes- und Jugendalter hinaus bestehen bleibt, auch Essstörungen sind nicht selten. Die Autismus-Ernährung kann mit professioneller Hilfe begleitet werden.
Smarte Partner – TK und EAT SMARTER
Gemeinsam mit der TK haben wir großes Interesse daran, Sie über wichtige Themen rund um Gesundheit und Ernährung aufzuklären. Mehr über die Zusammenarbeit und die TK erfahren Sie hier.
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