Spiel mit dem Erbgut

Wie Sie bei Gen-Food auf Nummer sicher gehen

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Gen-Food - zurecht kritisch beäugt?
Gen-Food - zurecht kritisch beäugt?

Mais, der Schädlinge tötet, Reis, der extra viel Eisen enthält: Dank der "Grünen Gentechnik" lassen sich Pflanzen ertragreicher und wirtschaftlicher machen. Doch hat dieses Spiel mit den Genen der Pflanze wirklich Vorteile? Wissenschaftler warnen vor ökologischen Folgen. Und den Hunger der Welt könne man so schon gar nicht bekämpfen.

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Woran denken Sie beim Thema Gen-Food? An viereckige Tomaten, lila Reis oder Riesen-Aprikosen? Oder doch eher an optimiertes Saatgut und insektenresistente Pflanzen? Umfragen zeigen: Viele Verbraucher wissen nicht genau, was Gentechnik eigentlich ist. Doch in einem sind sich fast alle einig: Genmanipulation ist kein natürlicher Prozess und so etwas kann nicht gut sein. Allein in Deutschland sind laut einer Forsa-Umfrage 78 Prozent eindeutig gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel. Das Spiel mit dem Erbgut: 1994 wurde das erste gentechnisch veränderte Lebensmittel in den USA zum Patent angemeldet. Die Flavr-Savr-Tomate, die Anti-Matsch-Tomate war so verändert worden, dass sie auch nach längerer Zeit im Lager nicht weich oder matschig wurde. Kurze Zeit später aber verschwand die Tomate wieder. Die Kunden mochten sie nicht.

Weltweiter Anbau von Gen-Pflanzen wächst rasant

Doch auch wenn die meisten Menschen Gen-Food ablehnen: auf immer mehr Feldern wachsen gentechnisch veränderte Lebensmittel. Allein im Jahr 2009 wuchs die Anbaufläche noch einmal um rund 15 Millionen Hektar auf nun 148 Millionen Hektar. Zum Vergleich: Deutschland ist etwa 35,7 Millionen Hektar groß. In der Landwirtschaft werden vor allem veränderter Soja, Mais oder Raps angebaut. Die Produkte landen dabei nicht unbedingt auf den Tellern der Verbraucher, dafür aber zum Beispiel in den Futtertrögen von Mastvieh. Die neuen technischen Verfahren der „Grünen Gentechnik“ erhöhen vor allem die Produktivität: Maispflanzen werden zum Beispiel gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht. So können in aller Ruhe Pestizide versprüht werden, die bis auf die Pflanzen alles andere vernichten. Daneben gibt es Pflanzen, die selbst ein Gift produzieren können. Manchmal können diese Veränderungen aber auch direkt dem Verbraucher nützen: So tüfteln Forscher schon seit langem an einem Reis, der deutlich mehr Beta-Carotin und Eisen enthalten soll. Er soll demnächst als „goldener Reis“ auf dem Markt erscheinen. Gerade darin sehen Befürworter einen großen Vorteil: Indem die Produktivität der Pflanzen erhöht werde, könne man den Hunger der Weltbevölkerung in den Griff bekommen. Gentechnisch veränderte Pflanzen könnten Dürren, Krankheiten oder Schädlingen trotzen.

Gen-Technik: Ein Mittel gegen den Welthunger?

Skeptiker sehen das anders. „Man kann jetzt nicht hingehen und sagen, dass durch die Gentechnik alle Probleme beseitigt werden“, sagt Dr. Steffi Ober, Gentechnik-Expertin vom Naturschutzbund Deutschland. „Was nützt es, wenn ich zwar resistente Pflanzen habe, dafür aber schlechte Böden wie zum Beispiel in Afrika?“ Das Problem mit dem Welthunger lasse sich auch anders lösen: Im Jahr 2008 legte der Weltwirtschaftsrat ein Konzept für eine ökologische Landwirtschaft vor, mit der neun Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Daneben berge die Grüne Gentechnik auch ökologische Gefahren. „In Südamerika wird beispielsweise Soja angebaut, der mit dem Herbizid Roundup gespritzt wird“, sagt Ober. Bis auf die resistent gemachte Pflanze töte das Gift alles ab, zum Beispiel Amphibien, die ebenfalls in den Feldern leben. Die Menge, die dabei eingesetzt werde, könne auch toxisch auf den Menschen wirken. In Deutschland ist die Gentechnik seit 2008 verboten, dennoch kommen auch die Menschen hier mit veränderten Lebensmitteln in Berührung. Die EU führt zum Beispiel jährlich 35 Millionen Tonnen Sojarohstoffe aus den USA, Brasilien oder Argentinien ein.

Kritik an den Prüfverfahren

Gen-Befürworter sehen dies als unbedenklich an. Schließlich werde Genfood von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) getestet und nur zugelassen, wenn keinerlei Bedenken vorliegen. Gerd Spelsberg von der Organisation „transgen“ (TRANSparenz für GENtechnik bei Lebensmitteln) ist der Meinung, die Zulassungsverfahren von EFSA ganz genau zu kennen: „Sie sind umfassend, sehr genau und gründlich.“ Spelsberg betreibt über das Portal „transgen“ seit 1997 Wissenschaftskommunikation. Andere Organisationen sehen das anders. „Die Prüfungen von EFSA sind nicht unabhängig“, sagt Stephanie Töwe, Genfood Expertin bei Greenpeace. Töwe bezeichnet daher Lebensmittel aus Gen-Pflanzen als nicht sicher. „Man weiß nicht, was passiert, wenn über Artgrenzen hinaus genmanipuliert wird. Die Veränderung eines einzigen Gens kann unendlich viele Auswirkungen haben, die weitestgehend unbekannt sind.“ Was langfristige Schäden angehe, sei die Untersuchungslage noch nicht ausreichend. Mögliche Risiken, die derzeit diskutiert werden: Die Folgen eines verstärkten Pestizid-Einsatzes oder mögliche Allergien, die durch eine Neu-Ordnung der Gene ausgelöst werden. Greenpeace fordert daher zuverlässigere Überprüfungen der Risiken.

Die Lücken bei der Kennzeichnung

In Deutschland gibt es eine einheitliche Kennzeichnungspflicht, jedoch gibt es auch Lücken im Gesetz. Sind gentechnisch veränderte Zutaten aus Soja, Mais oder Raps in einem Produkt enthalten, muss es mit „gentechnisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem Soja/Mais/Raps hergestellt“ gekennzeichnet sein. Meist ist die Kennzeichnung im Kleingedruckten auf der Verpackung zu finden. Auch Tierfutter aus Gen-Pflanzen muss so gekennzeichnet werden. Aber: Stammen Milch, Milchprodukte, Eier oder Fleisch von Tieren, die mit genverändertem Futter gefüttert wurden, muss das auf dem Produkt nicht gekennzeichnet werden. Auch müssen Zusatzstoffe, die mit gentechnisch veränderten Bakterien oder Hefen hergestellt werden, nicht gekennzeichnet werden. Ob das der Gesundheit schaden könnte, bleibt zunächst noch eine offene Frage. Es gibt Lebensmittelhersteller, die komplett auf den Einsatz von Gentechnik verzichten. Viele von diesen Produkten tragen ein „Ohne-Gentechnik-Siegel“. Einige jedoch nicht. Denn Pflicht ist dieser Slogan nicht. Um den Markt transparenter zu machen, hat die Verbraucherzentrale Hamburg eine Liste erstellt mit Produkten, die das Gentechnikfrei-Siegel tragen. Bio-Produkte sind übrigens immer gentechnikfrei.
 
Die Menschen in Afrika, deren Ernten gerne mal zu 50% oder mehr von Insekten vernichtet werden, können die hiesige Wohlstandsarroganz nicht nachvollziehen... Die Verwendung von Worten wie "Gen-Befürworter" lässt mich vermuten, dass der Verfasser dieses Artikels selbstverständlich nichts isst, was Gene enthalten könnte!
 
Ganz ehrlich: Das ist doch Panikmache! Gen-Manipulation klingt gefährlich und moralisch fragwürdig, aber haben wir nicht andere Probleme als optimierten Mais/Soja/Tomaten???
 
Die Menshcen sollten besser aufgeklärt werden. Ob der Apfel durch Züchtung nach 50 Jahren süß und rot ist oder nach einem mal "Genmanipulation" bleibt sich gleich, aber hauptsache Worte wie "gegen die Natur" reinwerfen. Das Afrika-Beispiel ist eine schlechte Ausnahme, viel mehr können Pflanzen so verändert werden, dass Schädlinge sie nicht mehr anfressen und so gänzlich(!) auf Pestizide verzichtet werden kann. Dass das Vieh mit Antibiotika und Hormonen vollgepumpt wird, finde ich deutlich schlimmer.
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