Spermidin als Jungbrunnen?
Unbeschwert ein hohes Alter erreichen: Wer möchte das nicht? Dabei könnte Spermidin helfen. Es rückte erst vor wenigen Jahren in den Fokus der Wissenschaft und als Nahrungsergänzungsmittel ist die Substanz derzeit ein Verkaufsschlager. Wir erklären, was dahintersteckt.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Spermidin?
- Für was ist Spermidin gut?
- Soll man Spermidin einnehmen?
- In welchen Lebensmitteln steckt Spermidin?
- Wissen zum Mitnehmen
Dank einer gesunden Ernährung fühlen wir uns fitter, vitaler und erhöhen die Chance, gesund alt zu werden. Leicht gesagt? In diesem Fall auch getan: Das ErnährungsCoaching der Techniker Krankenkasse hilft Ihnen dabei, Ihren Speiseplan ausgewogen zu gestalten. Ohne Verzicht und Kalorienzählen, dafür mit jeder Menge frischen und gesunden Lebensmitteln. Auf diese Weise bekommt Ihr Körper alle wichtigen Nährstoffe – und Sie können sich das Geld für Nahrungsergänzungsmittel sparen.
Aktuell erfreut sich Spermidin großer Beliebtheit. Als Nahrungsergänzungsmittel soll es Alterungsprozesse stoppen, das Gedächtnis schützen und sogar das Leben verlängern. Doch ist die Substanz wirklich das Anti-Aging-Wundermittel, das die Werbung verspricht? Erfahren Sie mehr darüber im Live Smarter-Blog.
Was ist Spermidin?
Spermidin ist ein sogenanntes biogenes Polyamin, das unser Körper selbst bilden kann. Sein Name leitet sich tatsächlich von der männlichen Samenflüssigkeit ab. Hier wurde es zuerst nachgewiesen. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass der Stoff in sämtlichen Körperzellen existiert und auch in einigen Lebensmitteln steckt.
Für was ist Spermidin gut?
Die Spermidin-Wirkung ist eng mit dem Zellwachstum verbunden: So ist das biogene Polyamin an der Bildung von Zellbausteinen beteiligt, spielt bei der Zellteilung eine Rolle und sorgt für stabile Zellmembranen. Außerdem kann es die Autophagie aktivieren. Das ist eine Art Recyclingsystem, bei dem eingedrungene Krankheitserreger, fehlerhafte Proteine oder nicht mehr funktionstüchtige Zellbestandteile abgebaut und wiederverwertet werden. Dadurch werden gealterte Zellen wieder voll funktionsfähig und leben auch länger.
Jedoch sinkt die Spermidin-Konzentration mit zunehmendem Alter und auch die Selbstreinigung gerät ins Stocken. Wenn die Autophagie weniger gut funktioniert, können sich leichter Proteinablagerungen bilden, die neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer begünstigen. Daneben ist das Altern ein großer Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Kein Wunder also, dass sich Forscherinnen und Forscher dem Stoff mit großem Interesse widmen.
Mittlerweile liegen Ergebnisse aus zahlreichen Studien vor: Im Labor lebten Hefen, Fliegen und Würmer länger als ihre Artgenossen, wenn sie zusätzliches Spermidin zur Verfügung hatten (1). Was viele nicht wissen: Fruchtfliegen können ebenso wie Menschen an altersbedingtem Gedächtnisverlust leiden. Aber nachdem den Winzlingen Spermidin zugefüttert wurde, minimierte sich die Menge der Proteinablagerungen in ihren Gehirnen und ihre Erinnerungsfähigkeit nahm zu (2).
An Mäusen konnte gezeigt werden, dass die Fütterung mit Spermidin die Lebensspanne verlängert, eine herzschützende Wirkung entfaltet und die Gedächtnisleistung verbessert. Zudem fiel der altersbedingte Haarausfall deutlich geringer aus als bei der Kontrollgruppe. Kahle Stellen auf dem Rücken, wie für ältere Mäuse typisch, zeigten sich dank der Gabe an Spermidin kaum (3), (4), (5).
Und wie sieht es beim Menschen aus? In einer Beobachtungsstudie mit 829 Erwachsenen konnte eine Assoziation zwischen dem Verzehr spermidinhaltiger Lebensmittel und einer längeren Lebensdauer gezeigt werden (6). Zudem scheint die Substanz die Gedächtnisleistung älterer Erwachsener zu verbessern – sowohl bei Gesunden als auch bei Personen mit leichter und mittelschwerer Demenz (7), (8).
Soll man Spermidin einnehmen?
Auch wenn es dutzende Studien zur Spermidin-Wirkung gibt, die Ergebnisse aus Zell- und Tierversuchen lassen sich nicht einfach auf den Menschen übertragen. Wissenschaftliche Studien, die den Effekt von Spermidin auf den Menschen untersuchen, sind bislang rar.
Dennoch ist das biogene Polyamin als Nahrungsergänzungsmittel ein Verkauftsschlager. Es wird als Wundermittel gehandelt und viele Hersteller preisen es als „Anti-Aging-Food“ oder mit dem „Frisch-Zell-Effekt” an. Auf Social Media – insbesondere auf Instagram – wird mit zahlreichen Wirkungen und positiven Erfahrungsberichten geworben.
Allerdings sind nur gesundheitsbezogene Aussagen rechtlich erlaubt, die eine wissenschaftliche Prüfung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestanden haben und von der EU-Kommission zugelassen wurden. Für Spermidin sind derzeit von der EFSA keinerlei gesundheitsbezogene Angaben, sogenannte Health-Claims, genehmigt.
Spermidinhaltige Nahrungsergänzungsmittel basieren zumeist auf Weizenkeimen oder Sojabohnen. Sie sind von Natur aus spermidinreich. Häufig enthalten die Kapseln zugesetzte Vitamine und Spurenelemente wie Vitamin C, B1 (Thiamin) oder Zink. Auf diese Weise können Hersteller Health Claims nutzen, die jedoch mit dem enthaltenen Spermidin nichts zu tun haben.
Zudem sind die Produkte teuer. Eine Monatspackung kostet nicht selten 30 Euro und die tägliche Spermidin-Dosierung liegt bei 1–2 Milligramm. Dabei geht es auch ohne Kapseln und deutlich günstiger: So stecken gut 2 Milligramm Spermidin in einem Esslöffel Weizenkeimen (10 Gramm). Eine 200-Gramm-Packung gibt es schon für unter 2 Euro in Bioläden und Reformhäusern zu kaufen. Zusätzlich punkten Weizenkeime mit B-Vitaminen, Vitamin E, Eisen, Zink und ungesättigten Fettsäuren.
Grundsätzlich ist es immer besser, einen Nährstoff über natürliche Lebensmittel aufzunehmen, statt punktuell auf Nahrungsergänzungsmittel zu setzen. Sie können eine ungesunde Ernährung in keinem Fall ausgleichen. Nicht umsonst muss auf der Verpackung der Hinweis stehen, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten.
Ihnen fällt es schwer, gesund zu essen? Das TK-ErnährungsCoaching hilft Ihnen dabei, Ihre Ernährung umzustellen – und langfristig dabeizubleiben. Das Programm ist auf Ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt, Sie können leckere Rezepte auswählen und eigene Rezepte in den Ernährungsplan aufnehmen.
In welchen Lebensmitteln steckt Spermidin?
Das biogene Polyamin kommt in zahlreichen, vor allem pflanzlichen Nahrungsmitteln in höheren Konzentrationen vor. Allen voran die bereits erwähnten Weizenkeime: Pro 100 Gramm enthalten sie 24,3 Milligramm Spermidin – damit sind sie das Spermidin-Lebensmittel schlechthin.
Aber auch gereifter Käse, Pilze und Hülsenfrüchte zählen zu den besonders spermidinhaltigen Lebensmitteln. Nachfolgend eine Tabelle mit dem Spermidingehalt einiger Lebensmittel (9):
Lebensmittel | Spermidin pro 100 Gramm |
---|---|
Weizenkeime | 24,3 mg |
Cheddar (1 Jahr gereift) | 20,0 mg |
Pilze | 8,9 mg |
grüne Erbsen (gekocht) | 6,5 mg |
Kichererbsen | 2,9 mg |
Knollensellerie | 2,8 mg |
Brokkoli (gekocht) | 2,7 mg |
Blumenkohl (gekocht) | 2,6 mg |
Haselnüsse | 2,1 mg |
Vollkornbrot | 1,8 mg |
Erdnüsse | 1,6 mg |
Kartoffeln (gekocht) | 1,5 mg |
Pistazien | 1,1 mg |
Geflügelfleisch | 0,9 mg |
Rindfleisch | 0,8 mg |
Naturreis | 0,6 mg |
Pfirsich | 0,6 mg |
Mandeln | 0,6 mg |
Zwiebel | 0,5 mg |
Weißbrot | 0,5 mg |
Aubergine | 0,4 mg |
Weißer Reis | 0,4 mg |
Schweinefleisch | 0,4 mg |
Apfel | 0,3 mg |
Erdbeeren | 0,1 mg |
Vergleichsweise große Mengen an Spermidin bietet die Mittelmeer-Diät: Reichlich Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse und Vollkornprodukte, dazu kalt gepresstes Olivenöl, regelmäßig Fisch und wenig Fleisch. Hinzu kommt, dass zahlreiche Studien belegen, dass diese Kostform das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt und vor Gedächtnisverlust und Alzheimer schützen kann (10), (11), (12).
Im Übrigen aktiviert nicht nur Spermidin die Autophagie. Sie wird besonders dann in Gang gesetzt, wenn der Nachschub an Nährstoffen stockt. Eine Situation, die bei intensivem Sport oder ab 12 Stunden Nahrungsverzicht, also beim Intervallfasten, entsteht.
In diesem Mangelzustand wird der Körper angehalten, auf eigene Ressourcen zurückzugreifen. Die Zellen bauen beschädigte oder defekte Bestandteile ab und gewinnen so neue Nährstoffe und Energie. Auf diese Weise wird nichts verschwendet und der Organismus kann sich gleichzeitig von seinem Zellschrott befreien.
Lesen Sie mehr: Autophagie – Selbstreinigung der Zellen
Wissen zum Mitnehmen
Spermidin ist eine körpereigene Substanz, die erstmals in der männlichen Samenflüssigkeit entdeckt wurde. Inzwischen ist bekannt, dass es in allen Körperzellen existiert und die Autophagie anschalten kann. Diese Spermidin-Wirkung weckt großes Interesse, denn mit steigendem Alter funktioniert das körpereigene Recyclingsystem weniger gut. Das bringt die Wissenschaft wiederum mit Alterskrankheiten wie Alzheimer, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs in Verbindung.
In Zell- und Tierstudien konnte gezeigt werden, dass Spermidin die Lebensspanne verlängert, die Gedächtnisleistung verbessert und das Herz schützt. Allerdings lassen sich diese Erkenntnisse nicht einfach auf den Menschen übertragen. Die Datenlage zur Spermidin-Wirkung beim Menschen ist derzeit noch recht dünn. Dennoch sind spermidinhaltige Nahrungsergänzungsmittel ein Verkaufsschlager – obwohl der Nutzen umstritten ist und sie überteuert sind.
Die bessere Wahl sind natürliche Lebensmittel. Doch in welchen Lebensmitteln ist Spermidin enthalten? Besonders viel Spermidin steckt in Weizenkeimen. Reifer Käse, Pilze, Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse und Vollkornprodukte stellen ebenfalls geeignete Quellen dar, die im Rahmen einer gesunden Ernährung auf dem Speiseplan stehen können. Das TK-ErnährungsCoaching hilft Ihnen dabei, Ihren Speiseplan abwechslungsreich zu gestalten, damit Sie sich bis ins hohe Alter fit, vital und rundum wohlfühlen.
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