So ernähren sich Rohköstler
Im vierten Teil unserer Serie die andere Ess-Klasse stellt EAT SMARTER den Rohköstler vor. Rohköstler halten gekochte oder gebratene Nahrung für schädlich - und essen deswegen alles roh. Sie sind überzeugt davon, dass ihre Ernährungsweise die gesündeste ist. Ernährungsexperten sehen das allerdings kritischer.
Was essen Rohköstler?
Eigentlich dürfen Rohköstler wie der Berliner Azubi Michael Taube (24) nur Lebensmittel essen, die nicht auf mehr als 40 Grad erhitzt wurden. Denn sonst gelten sie als „tot gekocht“, also frei von wichtigen Vitaminen oder Enzymen. Michael Taube isst daher meistens nur rohes Obst oder Gemüse. Kartoffeln, Reis oder Hülsenfrüchte gehören nicht dazu – schließlich kann man diese Lebensmittel ungekocht nicht essen. Verarbeitete Fertigprodukte meidet Michael Taube sowieso:„Wenn du „Fake Food“ isst, wirst du doch selbst zum Fake.“ Stattdessen trinkt er morgens einen Smoothie aus Kohl, Früchten, Salat oder Kräutern; über den Tag verteilt gibt es Tomaten, Gurken, Sellerie, Bananen oder Feigen. Der angehende Erzieher ist überzeugt, dass er auf diese Weise am gesündesten lebt.
Warum erhitzen Rohköstler ihr Essen nicht?
Um zu erklären, warum Rohkost aus seiner Sicht gesünder ist, nimmt Taube einen Apfel in die Hand: „Wenn du den Apfel roh isst, könnte aus den Kernen noch ein Baum wachsen. Wenn du aber den Apfel in den Backofen legst, ist am Ende alles tot.“ Durch den Kochvorgang würden nämlich wichtige Vitamine oder Enzyme vernichtet. Deswegen erhitzt Rohköstler Michael Taube seine Lebensmittel allerhöchstens auf 40 Grad. Streng genommen dürfte er auch Fleisch essen – solange er es nicht erhitzt. Doch Michael Taube ist ein veganer Rohköstler. Wie viele spätere Fleischverächter hatte auch Michael Taube ein Schlüsselerlebnis, das ihn zum Veganer machte: Als er 19 war, fragte ihn sein Onkel, ob er ihm beim Hasenschlachten helfen könnte. Noch heute erinnert sich Michael Taube daran, wie sein Onkel dem Hasen einen Knüppel auf den Kopf schlug, die Kehle durchschnitt und ihn ausbluten ließ. Nachdem das Tier zerlegt war, konnte Michael Taube tagelang nicht schlafen. Er wurde Veganer, um kurze Zeit später zum Rohköstler zu werden. Bei der Rohkost macht Michael Taube nur ab und zu eine Ausnahme: Wenn er Quinoa oder Buchweizen essen möchte, bringt er es manchmal zum Kochen, auch wenn dabei viele Nährstoffe verloren gehen. „Vielleicht bin ich noch kein hundertprozentiger Rohköstler“, sagt Taube. Allerdings isst er das Getreide erst, wenn es wieder kalt geworden ist.
Wie viele Rohköstler gibt es?
Auch bei den Rohköstlern lässt sich nicht genau sagen, wie viele es wirklich sind. Aus seinen Untersuchungen zu Rohköstlern schließt der Ernährungswissenschaftler Claus Leitzmann, dass es nur ein paar Tausend sind. Der Grund: Je eingeschränkter die Ernährungsform ist, desto weniger Anhänger findet sie.
Was sagen Ernährungsexperten über Rohköstler?
1998 veröffentlichte Prof. Leitzmann die bis heute umfassendste Studie über Rohköstler. Die Autoren befragten mehr als 570 Rohköstler zu ihrem Ernährungsverhalten, etwa 200 von ihnen wurden danach untersucht. Ein Großteil der Studienteilnehmer war untergewichtig. Kritisch wurde es vor allem bei der Versorgung mit den Vitaminen D, B2, B12 und Niacin. Außerdem fehlten vielen Rohköstlern die Mineralstoffe Zink, Kalzium und Jod. Das Ergebnis der Wissenschaftler: Eine reine Rohkosternährung sei nicht empfehlenswert. Vor allem nicht für Schwangere, Stillende, Kinder oder ältere Menschen. Und spätestens hier ist das Problem mit der einseitigen Ernährung wieder da: Zu viel Fleisch kann auf Dauer krank machen, eine zu vegane Lebensweise aber auch, wenn man sich darauf nicht richtig vorbereitet. Experte Leitzmanns Fazit: „Als Lacto-Ovo-Vegetarierer lebt man eigentlich am gesündesten.“ (wil)
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