Interview mit dem Starkoch & EAT-SMARTER-Experten

Christian Rach: "Ich bin weder Heiliger noch Moralapostel"

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Christian Rach gibt persönliche und berufliche Einblicke
Christian Rach gibt persönliche und berufliche Einblicke

Als Restauranttester bei RTL hatte er das Image: streng, aber fair. Doch der Spitzenkoch will sich nicht auf eine Rolle festlegen lassen. Er sucht Herausforderungen: Jetzt mit neuem TV-Format beim ZDF – und als Lebensmitteltester für EAT SMARTER.

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Sie haben Kooperation mit EAT SMARTER ein Siegel für vorbildliche Lebensmittel herausgebracht. Warum wurde der Restaurant-Tester zum Lebensmittel-Tester?

Christian Rach: Das eine ist nicht von dem anderen zu trennen. Sich um Restaurants zu kümmern, bedeutet ja auch immer, sich mit Lebensmitteln zu beschäftigen. Im Supermarkt achte ich sehr genau darauf, was ich einkaufe. Dabei bemerke ich auch, dass viele Menschen nicht recht wissen, was sie einpacken sollen. Ich spüre die Blicke der anderen – nach dem Motto: „Was hat Christian Rach im Wagen? Das kaufe ich dann vielleicht auch.“ Als wäre schon die Tatsache, dass ich etwas einkaufe, eine Art Gütesiegel. So kam ich auch auf die Idee, Lebensmittel zu testen und zu empfehlen.

Was ist denn das Hauptkriterium, nach dem Sie die Lebensmittel testen?

Christian Rach: Alltagsrelevanz. Es geht also nicht um Nischenprodukte aus dem Biomarkt, sondern um Produkte, die jeder kauft. Das fängt bei Kaffee an, geht über Butter, Brot, Bier bis hin zur Tomatensauce.

Haben Sie als Sternekoch nicht einen eher elitären Geschmack?

Christian Rach: Nein, überhaupt nicht, aber einen guten Geschmack. Ich glaube, die Kunst des Erfolgs ist es, einfach zu bleiben – das gilt auch für die Essgewohnheiten. Klar ist es toll, mal einen Steinbutt zu essen. Aber das ist ein Festtagsmahl. Die eigentliche Kunst ist es, auch aus Kartoffeln, Karotten und Zucchini etwas Vernünftiges zu machen.

Was landet denn nun bei Ihnen privat im Einkaufswagen?

Christian Rach: Ich kaufe vor allem frisch ein. Ich bin in der glücklichen Lage, mir das leisten zu können.

Heißt das, Sie kaufen keine Fertigprodukte?

Christian Rach: Doch, natürlich kaufe ich auch fertige Produkte. Zum Beispiel Nudeln. Wenn Sie das Haus voller Kinder haben, dann haben Sie nicht die Zeit, Nudeln selbst zu machen. Dafür sind Convenience-Produkte ja da: Sie sollen der Bequemlichkeit dienen. Heute ist es gesellschaftliche Realität, dass Mütter und Väter arbeiten. Da bleibt nicht viel Zeit zum Kochen.

Und deswegen geht der Trend immer mehr zu Fast Food?

Christian Rach: Dieser Begriff ist in Deutschland sehr negativ besetzt, weil er vor allem für amerikanische Schnellrestaurant-Ketten steht. Fast Food ist bei uns das Synonym für Burger und Pommes. Aber Fast Food heißt eigentlich nur schnelles Essen. Wenn Sie sich in der Welt umschauen, werden Sie sehen: Es gibt hervorragendes Fast Food. Frische, sauber vorbereitete und fertig gewürzte Gerichte, die alles bieten, was Sie für eine ausgewogene Ernährung benötigen.

Was ist ein Beispiel für gutes Fast Food?

Christian Rach: Im Trend liegen zurzeit asiatisch angehauchte Gerichte. Sie eignen sich besonders gut, um vorbereitet und dann nur noch kurz fertiggestellt zu werden. Aber auch fantasievoll kombinierte Salate, leckere Suppen oder köstliche deutsche Eintöpfe sind nicht teuerer als Burger, Pommes und Currywurst.

Alle Welt will gesund essen, aber manchmal hat man den Eindruck, bei gesunden Produkten kommt der Geschmack zu kurz. Sehen Sie das ähnlich?

Christian Rach: Nein, überhaupt nicht. Erstens gibt es keine Definition, was gesund ist. Wir können nur definieren, was ungesund ist. Aber auch gesunde Lebensmittel können ungesund sein, wenn man sie in zu großen Mengen zu sich nimmt. Und wenn wir uns darauf einigen, was ungesund ist, dann bleibt immer noch eine große Menge von Lebensmitteln übrig, von der man sagen kann: In Maßen genossen sind die Sachen gesund. Aber warum sollen sich guter Geschmack und Gesundheit ausschließen?

Das ist ja das gängige Vorurteil. Viele Konsumenten glauben: Wenn etwas gesund ist, kann es eigentlich nicht richtig schmecken.

Christian Rach: Das ist überholt. Zu Beginn der Öko-Kocherei hatte gesundes Essen das Image null Fett, null Salz und null Eigengeschmack zu enthalten. Heute gibt es gerade im vegetarischen Bereich viel Abwechslung und kulinarische Highlights. Generell gilt: je besser ein Restaurant, desto gesünder das Essen. Ich kenne keine guten Restaurants, die ungesunde Gerichte auf den Tisch bringen. Das Zauberwort heißt Ausgewogenheit. Das gilt für die Kartoffel mit Quark wie für das Menü beim Drei-Sterne-Koch.

Edeka-Chef Markus Mosa hat letztens im Interview mit EAT SMARTER gesagt, die Qualität der Lebensmittel wäre so gut wie noch nie. Stimmen Sie dem zu?

Christian Rach: Die Standards in der deutschen Lebensmittelindustrie sind zweifelsohne sehr hoch. Was ich nicht verstehe: Warum weigern sich einige Konzerne immer noch, sich in die Töpfe schauen zu lassen? So etwas schafft Misstrauen.

Wen meinen Sie damit?

Christian Rach: Nehmen Sie Monsanto, den größten Saatguthersteller der Welt. Dieser Konzern hat einen so großen politischen Einfluss, dass sogar die EU davor kapitulierte. Das Handelsabkommen mit den USA kam nur zustande, indem zugestimmt wurde, dass Monsanto liefern darf, ohne dass das auf den Verpackungen steht. Das ist ungeheuerlich. Da werden Handelsinteressen über Gesundheitsinteressen gestellt.

Auch in Deutschland steht die Industrie nicht unbedingt für Transparenz ...

Christian Rach: Leider. Im Frühjahr fand zum Beispiel eine Jahrestagung der Zucker verarbeitenden Industrie statt. Da waren Global Player wie Nestlé oder Kraft genauso vertreten wie kleine und mittlere deutsche Firmen. Es wurden Seminare veranstaltet, und ich habe mich bemüht, an ihnen teilzunehmen – leider ohne Erfolg. Da gab es zum Beispiel einen Vortrag zum Thema „Das Ausnutzen der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern beim Süßwarenkauf“. Ich bitte Sie, da läuft etwas falsch. Der Titel des Vortrags müsste doch eher lauten „Die Gefahren von übermäßigem Zuckerkonsum bei Kindern!“. Dass das nicht der Fall ist, bedeutet: Nach wie vor wird gemauschelt und versteckt. Und zwar mit Kalkül.

Wäre es nicht Zeit, an Schulen Ernährung als Lehrfach einzuführen, damit Kinder selbst beurteilen können, was gesund ist und was nicht?

Christian Rach: Es gäbe gute Gründe dafür. Zumal wir heute in einer Zeit leben, wo tradiertes Haushaltswissen nicht mehr wie früher in einer Großfamilie von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. Unsere Großeltern wussten noch, wie man Knödel macht, wie ein Linseneintopf geht oder wie man ein Stück Fleisch brät. Sie wussten auch: Was ist zu welcher Jahreszeit gesund? Sie haben Obst und Gemüse eingemacht, um es im Winter essen zu können, obwohl es dann nicht zu kaufen war. All dieses Wissen geht verloren. Dabei sind vergorenes Gemüse wie Sauerkraut und eingelegte Dinge so wichtig für unseren Körper. Unsere Vorfahren wussten das – viele Menschen heute nicht. Nicht von ungefähr sind 60 Prozent aller Krankenhauseinlieferungen ernährungsbedingt.

Es gibt sogar Quellen, die sagen, 80 Prozent aller Krankheiten seien bei richtiger Ernährung vermeidbar. Brauchen wir nicht dringend mehr Aufklärung über Ernährung – in allen Altersschichten?

Christian Rach: Ja. Aber da Essen und Trinken ja auch in unserer modernen Mediengesellschaft angekommen sind, findet auch die Aufklärung in den Medien statt. Es gibt immer mehr Fernsehsendungen, die sich mit dem Thema Ernährung auch kritisch auseinandersetzen. Wenn wir es jetzt noch schaffen, das Thema Ernährung auch in der Schule zu integrieren, fächerübergreifend in Biologie, Physik, Chemie oder bei Natur und Technik, dann legen wir den Grundstein für ein gesellschaftlich relevantes Ernährungsbewusstsein.

Wer trägt die Hauptschuld an den Ernährungsproblemen? Die kommerzielle Industrie oder die ignoranten Verbraucher?

Christian Rach: Ich frage mich schon: Warum entspricht der Zucker-, Salz- oder Fettgehalt vieler Markenprodukte nicht den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO? Oder den nahezu deckungsgleichen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung? Stattdessen werden die Angaben auf den Verpackungen nach dem GDA -Kennzeichnungssystem benannt, das vom Verband der Europäischen Lebensmittelindustrie bezahlt wird. Dort sind etwa die Werte für Zucker doppelt so hoch wie von der WHO empfohlen. Doch wenn man nachfragt, heißt es nur: Ja, die Wissenschaft ist bei der Ernährung halt nicht so eindeutig. Ich sage da nur: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Aber man darf das nicht nur negativ sehen: Es gibt inzwischen auch viele Firmen, die einen anderen Weg gehen und auf künstliche Zusatzstoffe verzichten.

Sehen Sie eine Trendwende zu mehr Bio?

Christian Rach: Es können sich nicht 80 Millionen Deutsche aus dem Vorgarten heraus ernähren. Aber eine Mindestanforderung wäre, dass die Lebensmittel sauber produziert sind. Und immerhin gibt es heute in fast jedem deutschen Supermarkt grüne Ecken, wo Lebensmittel anders präsentiert werden. Ein Trend ist sicherlich, dass die Supermärkte erfolgreich auf mehr Regionalität setzen. Trotzdem muss der regionale Bauer immer noch einen erheblichen Teil seiner Ernte wegwerfen, weil sie nicht der vom Verbraucher bevorzugten glatten Norm entspricht. Da versündigen wir uns noch immer an der Natur.

Was sollte Ihrer Meinung nach geschehen?

Christian Rach: Wir Verbraucher schauen derzeit noch immer zu sehr darauf, dass Produkte einwandfrei aussehen – glänzen, eine satte Farbe haben, im besten Fall die perfekte Form. Dabei wird auch sehr viel qualitativ hochwertige Ware aussortiert und weggeworfen – einfach nur, weil sie nicht wie ein Hochglanzprodukt aussieht. Das sollte sich ändern. Zum anderen würde ich es begrüßen, wenn sich regionale Hersteller, Bauern und Erzeuger zusammentun und vor Ort ihre heimischen Produkte in einer Art Outlet anbieten. Sie wären frisch und konkurrenzlos günstig.

Warum machen Sie im Gegensatz zu vielen anderen Promiköchen eigentlich kaum Werbung für Lebensmittel?

Christian Rach: Wenn ich viel Werbung machen würde, bekäme ich schnell ein Problem mit der Glaubwürdigkeit. Aber ich bin auch kein Heiliger und will mich nicht zum Moralapostel aufschwingen. Ob man als Promi Werbung macht, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Täuscht der Eindruck, dass Sie sich im Gegensatz zu anderen Prominenten in der Öffentlichkeit lieber rar machen?

Christian Rach: Das ist so. Thomas Gottschalk hat einmal gesagt: „Wenn du in der Öffentlichkeit stehst, dann musst du anfassbar sein.“ Da hat er Recht. Aber du musst dich auch dort abgrenzen können, wo es wichtig für dich ist. Ich finde es lächerlich, mit Sonnenbrille und Hut herumzulaufen, um nicht erkannt zu werden. Und ich habe bislang keine schlechten Erfahrungen gemacht. Wenn mich jemand erkennt, dann bin ich freundlich. Aber wenn meine Familie dabei ist, bitte ich darum, nur Fotos von mir zu machen und sie außen vor zu lassen. Diesem Wunsch kommen die Menschen in der Regel auch nach.

Hängt das auch mit ihrem Image zusammen, offen aber geradeheraus zu sein?

Christian Rach: Ich habe mir dieses Image ja nicht bewusst gegeben. Ich bin so, wie ich bin, das ist keine Inszenierung fürs Fernsehen.

Wie hat denn Ihre Fernsehkarriere Ihr Leben verändert? Als Restaurantbetreiber waren Sie davor ja nur einem überschaubaren Kundenkreis bekannt ...

Christian Rach: Ach wissen Sie, ich habe gelernt, mich nicht so wichtig zu nehmen. Ich bin nicht der Schönste und auch nicht der Schlauste und nicht der Stärkste.

Meinen Sie das ernst? Sind Fernsehstars nicht per Definition alle eitel?

Christian Rach: Das kann ich nicht sagen – ich kenne so wenige (lacht). Ganz ehrlich: Mir macht es nichts aus, älter zu werden, dass die Haare grauer und weniger werden. Aber eine gewisse Eitelkeit gehört zum Leben dazu. Wer die nicht hat, der lässt sich gehen. Aber eines mache ich übrigens grundsätzlich nicht: Ich lese nicht das, was über mich geschrieben wird. Vor allem nicht die anonymen Einträge im Internet.

Das klingt fast etwas verletzt. Bisher sind Sie doch bei Ihren Kritikern recht gut weggekommen, von kleinen Ausnahmen abgesehen. Was ist denn so schlimm daran, über sich selbst zu lesen?

Christian Rach: Nein, das klingt überhaupt nicht verletzt, das ist einfach nur eine klare Positionierung. Menschen, die mich direkt anschreiben, bekommen auch eine Antwort. Meinungen, die anonym an mich herangetragen werden, zu denen niemand steht, sind unwichtig.

Die Deutschen lieben es, sich an den Skandalen der Prominenten zu ergötzen, siehe den Fall Uli Hoeneß. Und die Presse schreibt Leute hoch, um sie morgen dann wieder niederzumachen. Macht Ihnen das Angst? Schließlich ist keiner perfekt und ohne Angriffsfläche ...

Christian Rach: Nein, das macht es nicht. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass ich von der Presse hochgeschrieben wurde. Es ist sicher so, dass man sich als Prominenter in der Öffentlichkeit stärker disziplinieren muss. Aber bislang hatte ich damit keine Probleme, und es fällt mir auch nicht schwer. Nur beim Autofahren passe ich auf, dass das Fenster zu ist, wenn ich schimpfe. Und manchmal denke ich mir: Dem müsstest Du jetzt einen Vogel zeigen – und verkneife es mir dann doch. Aber noch ein Wort zum Fall Hoeneß, den ich inhaltlich aus der Ferne überhaupt nicht beurteilen kann. Aber wie die Presse und in Teilen auch die Politik über ihn hergefallen ist, das halte ich für ein Unding. Da ist jedes Augenmaß verloren gegangen.

Nach neun Jahren bei RTL sind Sie jetzt zum ZDF gewechselt. Warum?

Christian Rach: Die Zeit bei RTL war großartig, aber ich wollte mich verändern und weiterentwickeln. Das war eine rein emotionale Entscheidung. Ich hatte das Gefühl, etwas anderes machen zu müssen. Mich reizt die Herausforderung.

Ist das typisch für Sie, dass Sie ständig neue Herausforderungen brauchen? Der Berliner „Tagesspiegel“ hat mal geschrieben, Christian Rach müsse schwer aufpassen, dass er nicht in zu viele Töpfe guckt.

Christian Rach: Viele Töpfe gleichzeitig zu erwärmen, ist in der Küche ja üblich. In der Öffentlichkeit sollte man aufpassen, nicht nur auf eine Rolle festgelegt zu werden: Von diesem Image kommen Sie dann nicht wieder los. Richtig ist, dass der Markenkern erhalten bleiben muss. Aber wenn man sich neuen Aufgaben stellt, setzt es Energie und Fantasie frei. Die Aufgaben drehen sich natürlich nur darum, was ich beherrsche oder mir auch zutraue.

War ein Grund für den Wechsel des Senders, dass sich die Restauranttester-Show trotz guter Einschaltquoten totgelaufen hatte? Sie haben sich doch durch alle Horrorküchen der Republik gegessen. Irgendwann musste Ihnen der Appetit vergehen ...

Christian Rach: Wir haben über 60 Fälle gezeigt, wir hatten alle Varianten vom Landgasthof bis zum Hotel, von der Imbissbude bis zum Italiener. Jetzt kann man sich nur noch wiederholen, und das langweilt die Leute dann irgendwann.

Und Sie selbst vermutlich auch, oder?

Christian Rach: Wie schon gesagt, bin ich jemand, der sich gerne und immer wieder neuen Herausforderungen stellt und sie auch maßgeblich initiiert und beeinflusst.

Passen Sie mit Ihrem eher kritischen journalistischen Ansatz nicht ohnehin besser zum öffentlich-rechtlichen ZDF als zum Boulevard-Sender RTL?

Christian Rach: Das weiß ich nicht. Diese Unterscheidung in Ernsthaftes und Unterhaltsames ist etwas sehr Deutsches, das gibt es sonst nirgendwo. Wer sagt denn, dass ernsthafte Informationen staubtrocken daherkommen müssen? Der RTL Nachrichtensprecher Peter Klöppel etwa hat ganz unabhängig von seinem Sendeplatz sehr hohe Beliebtheits- und Glaubwürdigkeitswerte. Günther Jauch betreibt eine sehr erfolgreiche Produktionsfirma, die heißt i&u TV : Information und Unterhaltung. Das ist kein Widerspruch, sondern eine Symbiose. Das ZDF bedeutet eine neue Herausforderung, in der ich versuchen werde, journalistisch sauber recherchierte Sachverhalte spannend und unterhaltsam zu dokumentieren.

Trotzdem, bei Ihrer letzten RTL-Show „Rach deckt auf“ haben Ihnen Kritiker vorgeworfen, teilweise etwas reißerisch rüberzukommen. Beispiel: Sie brachten eine Fast-Food-süchtige Familie dazu, eine Woche auf Döner und Burger zu verzichten. Und am Ende ging sich die Familie ob der vielen Rohkost gegenseitig an die Gurgel. Das passte zu RTL. Aber auch zu Christian Rach 2014?

Christian Rach: Komplizierte Sachverhalte sind oft einfacher und anschaulicher an konkreten Beispielen darzustellen. Insofern ist zum Beispiel die Problematik von Fast Food, Zucker und Fett mithilfe einer Familie, die unumwunden zugibt, dass sie all das liebt, klar, ehrlich und einfach zu dokumentieren. Dies ist ein Stilmittel, das für diese Sendung in Ordnung war, 2014 werden wir ein Neues ausprobieren.

Bei RTL waren Ihre Zuschauer vergleichsweise jung. Das hat sie für den Sender sehr interessant gemacht. Beim ZDF sind eher die Älteren zu Hause. Haben Sie keine Angst, dort zu scheitern? Nicht jeder Senderwechsel geht glatt, wie man das etwa bei Johannes B. Kerner gesehen hat.

Christian Rach: Ich werde nicht auf die Idee kommen, mir die Haare zu färben und mir einen neuen Herrenausstatter zuzulegen, sondern werde mich einfach mit voller Kraft und ganzem Einsatz dem Neuen stellen. Es gibt keinen Erfolg ohne die Möglichkeit des Scheiterns.

Sie haben vorhin das Beispiel von Günther Jauch gebracht, der selbst produziert. Wäre es nicht konsequent, wenn Sie in Zukunft Ihre eigenen Sendungen auch selbst produzieren würden? So wären Sie unabhängiger und könnten mehr gestalten.

Ich kann mir vorstellen, irgendwann auch eine eigene Produktionsfirma zu gründen. Dazu braucht man ein gutes Team – und das habe ich. Aber heute sehen das die Fernsehsender nicht mehr so gerne. Und aktuell gibt es dafür auch keinen Anlass. Ich muss bei meinen Sendungen nicht vom Skript ablesen. Ich reagiere dort spontan. Und ich arbeite aktiv und maßgeblich an der Gestaltung meiner neuen Sendung mit.

Was konkret wird man im ZDF von Ihnen sehen? Was sind die Pläne?

Wir werden zwei, drei Sendungen rund um das Thema Ernährung und Lebensführung produzieren, die Ideen sind schon recht weit gediehen. Aber seien Sie gespannt, und lassen Sie sich überraschen.

Warum machen Sie eigentlich keine eigene Kochshow?

Davon gibt es wirklich genug, da muss ich nicht auch noch mitmachen. Jeder Kollege soll das so halten, wie er möchte. Ich kritisiere
diese Shows gar nicht, aber viele bringen mich zum Schmunzeln. Lassen Sie mich dazu etwas Grundsätzliches sagen: Kochen dient ja nicht nur der Nahrungsaufnahme, Kochen ist auch eines der schönsten Kulturgüter. Ohne Genuss wäre das Leben ein ganzes Stück ärmer. Deutschland nennt sich zwar das Land der Dichter und Denker, aber wir haben darüber vernachlässigt, dass Kochen, Essen und Genießen eine der größten Errungenschaften überhaupt sind. Diese Erkenntnis schwappte erst vor zwei, drei Jahrzehnten zu uns herüber, weil deutsche Köche reisten und im Ausland viel gelernt haben. Heute ist Kochen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und damit findet es zunehmend natürlich auch in den Medien statt. Ob die Deutschen wirklich zu Hause mehr kochen, weil diese Sendungen überall laufen, darüber kann man sich allerdings trefflich streiten.

Könnten Sie sich vorstellen, im Fernsehen auch einmal ganz andere Themen anzupacken als „nur“ Kochen und Ernährung?

Ja, absolut. Sehen Sie: Horst Tappert war immer und vor allem Derrick. Wenn Christian Rach ewig nur der Restauranttester bliebe, wäre das schade.

Interview: Dirk Manthey, Bruntje Thielke

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