Aus dem Poesie-Album
„Wer jeden Tag nur Kuchen isst, Bonbons und Schokolade, der weiß ja nicht, wann Sonntag ist und das ist wirklich schade!“ Diesen Spruch hat mir – vor vielen, vielen Jahren – mein Klassenlehrer in der Grundschule in mein Poesie-Album geschrieben.
Ich weiß noch, dass das Poesie-Album am Ende der Grundschulzeit pickepackevoll mit Reimen und Lebensweisheiten war, aber dies ist tatsächlich der einzige Spruch, an den ich mich bis heute erinnere. Vielleicht weil mir das Thema „Essen & Trinken“ seit jeher in den Genen liegt, vielleicht aber auch weil die Aussage einfach so wahr ist...
Im Grunde genommen geht es dabei ja um Rituale. Früher gab es das Ritual „Sonntagskuchen“. Das war etwas Besonderes. Am Sonntagnachmittag kam ein Kuchen auf den Kaffeetisch und alle haben sich drauf gefreut. Am Montag gab es keinen Kuchen. Am Dienstag und Mittwoch auch nicht. Heute kann man jeden Tag, zu jeder Tageszeit und an jeder Ecke Kuchen kaufen und essen.
Einerseits ist das ja schön. Andererseits lässt sich aber nicht abstreiten, dass diese ständige Verfügbarkeit insbesondere von Süßem für viele Menschen ein Problem ist. Rituale können da durchaus helfen.
Hier ein Beispiel aus meinem Leben, bzw. dem meiner Familie: Viele Leute glauben ja, dass ErnährungswissenschaftlerInnen wie ich bestimmte Dinge grundsätzlich nicht essen, nicht im Haus haben und vor allem auch ihren Kindern nicht erlauben. Nuss-Nougat-Creme gehört in diese Kategorie. „Bei Ihnen gibt es bestimmt kein N...“, bekomme ich ganz oft zu hören. Weit gefehlt! Bei uns steht sogar ein ziemlich großes Glas N... im Schrank. Allerdings steht es nicht jeden Tag auf dem Tisch. Sondern nur am Samstag- und am Sonntagmorgen. Unter der Woche frühstücken wir Obst mit Müsli oder Himbeer-Milchshakes mit Haferflocken.
Theoretisch könnten sich die Kinder jeden Tag N...-Brote machen. Das Glas ist nicht versteckt. Tun sie aber nicht. Nuss-Nougat-Creme gehört einfach nicht in ihren Alltag. Und in meinen auch nicht. Unser Ritual ist: Am Wochenende gibt´s N...-Brötchen. Und wir alle freuen uns drauf.
Rituale sind nämlich nicht das Gleiche wie Regeln. Regeln sind streng. Beim Thema „Essen“ verbieten Regeln meistens etwas. Wenn man gegen Regeln verstößt, hat man ein schlechtes Gewissen. Rituale dagegen machen die Dinge zu etwas Besonderem. Den Sonntag, den Kuchen, die Nuss-Nougat-Creme.
Niemand schimpft, wenn ein Ritual mal außer Kraft gesetzt wird. Allerdings brächte man sich selbst um einen großen Genuss, würde man ein Ritual pausenlos torpedieren: Denn sowohl N...-Brötchen als auch Kuchen schmecken mindestens zehnmal so gut, wenn man sie nicht jeden Tag hat.
Probieren Sie es mal aus!
Mit herzlichem Gruß,
Ihre Alexa Iwan
Hier erfahren Sie mehr über Alexa Iwan!