Das sind vergessene deutsche Spezialitäten
Schweinebraten, Sülze und Stampfkartoffeln kennt jeder. Diese Gerichte kommen bei vielen Deutschen auch heute noch auf den Tisch. Doch was ist mit Ingreisch, Schwarzen Nüssen und Tollatsch? Sie sind vergessene deutsche Spezialitäten. EAT SMARTER verrät, was sich hinter den ungewöhnlichen Namen verbirgt.
Vergessene deutsche Spezialitäten: Ingreisch
Beim Ingreisch geht es im wahrsten Sinne des Wortes ums Eingemachte. Denn bei dieser vergessenen Spezialität werden Fisch-Innereien verarbeitet. Besonders in Franken ist Ingreisch sehr bekannt und wurde früher häufig zubereitet. Allerdings eignet sich nicht jeder Fisch und seine Innereien für dieses Gericht. Einzig männliche Karpfen und deren Gonaden werden dafür verwendet. Gonaden? Ja richtig, hierbei handelt es sich um die Samenstränge des Fisches. Da der Karpfen ursprünglich kein heimischer Fisch war, sondern eigentlich aus Asien stammt, wurde früher aus Sparsamkeit der ganze Fisch verwertet und so eben auch seine Samenstränge. Heute kommt Ingreisch nur noch selten auf den Tisch. Gegessen wird er ähnlich wie Muscheln in den Monaten mit R – nur dann hat der Karpfen die perfekte Größe. Doch wurden die Karpfen-Gonaden etwa roh verzehrt? Nein, sie wurden wie Tintenfischringe erst paniert und anschließend frittiert. Ingreisch schmeckt wenig fischig, fast schon käsig und fest.
Vergessene deutsche Spezialitäten: Schwarze Nüsse
Das Rezept für Schwarze Nüsse kennen heute nur noch Wenige. Diese vergessene deutsche Spezialität wird aus Walnüssen hergestellt und war früher ein Essen für arme Leute. Heute gelten Schwarze Nüsse als echte Delikatesse und werden teuer verkauft. Geerntet werden die Schalenfrüchte bis spätestens Ende Juni, denn dann bilden die Walnüsse ihre Schale und werden zu hart. Damit sie ihre Bitter- und Gerbstoffe verlieren, werden sie mit einer Nadel gelöchert. Das Wasser in dem sie lagern, färbt sich aufgrund dessen schwarz. Bis die Nüsse verspeist werden können, ist es ein langer Weg. Denn nach dem Einstechen müssen sie 14 Tage wässern, wobei das Wasser jeden Tag gewechselt werden muss. Anschließend werden sie erst in heißem Wasser gekocht und dann über mehrere Tage immer wieder in einem Sirup gelagert und geköchelt. Entscheidend für den Geschmack ist die Mischung aus Essig, Honig, Vanille, Nelken, Zimt und Orangenschale. Am vierten Tag werden die schwarzen Nüsse nochmals aufgekocht und dann mit dem Sirup heiß in Gläser gefüllt – beim Abkühlen entsteht so ein Vakuum. Erst nach 6–12 Monaten Lagerung sind die Schwarzen Nüsse reif zum Verzehr. Am besten schmeckt die würzig aromatische Delikatesse als Beilage in Scheiben geschnitten zu Wild, Pasteten oder Käse. Von der Konsistenz her erinnern Schwarze Nüsse an Oliven. Wer die Spezialität probieren will, in diversen Online-Shops kann man Schwarze Nüsse bestellen. Traditionell werden Schwarze Nüsse zu Kartoffelbrei und Bratwurst serviert. In der Spitzengastronomie wird die fast vergessene Delikatesse gern zur Veredelung von Saucen oder Desserts verwendet.
Vergessene deutsche Spezialitäten: Tollatsch
Diese Spezialität ist wirklich nichts für schwache Nerven und Vegetarier. Denn bei Tollatsch handelt es sich um ein Gericht, das mit frischem Schweineblut zubereitet wird und als traditionelles Schlachtessen, besonders in Pommern und Vorpommern, gilt. Die etwa faustgroßen Klöße werden aus Schweineblut, Schweinefleischbrühe, Mehl und Schwarte gemacht. Allerdings schmeckt Tollatsch nicht herzhaft, sondern ist durch die weitere Zugabe von Rosinen, Zimt und Semmelbrösel eine Süßspeise. Die Herstellung ist sehr aufwendig, denn alle Zutaten werden in die Brühe gegeben, sodass eine Masse entsteht, die sich zu Klößen formen lässt. In der Brühe werden diese dann gar gekocht und anschließend in Scheiben geschnitten serviert. Tollatsch ist sehr reichhaltig, denn eine Portion hat circa 600 Kalorien. Früher wurde diese heute vergessene Spezialität sowohl zum Frühstück, als auch zum Mittag und Nachmittag gegessen. Auch in der Literatur wird Tollatsch erwähnt. So tragen Hans Falladas Erzählungen den Titel „Das Wunder des Tollatsch“. Heute trifft das Gericht wohl weniger unseren Geschmack.
Vergessene deutsche Spezialitäten: Schiefertrüffelpilz
Nachdem mit Ingreisch bereits eine der vergessenen deutschen Spezialitäten aus Franken kommt, ist der Schiefertrüffel-Pilz die zweite. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um echte Trüffel, sondern um einen Pilz, der wegen seines trüffelähnlichen Aussehens so heißt. Er wächst vor allem auf alten, verrotteten Schieferhalden in der Nähe von Birken. Seine Suche gestaltet sich allerdings müßig, denn Schiefertrüffelpilze riechen im Rohzustand kaum und machen sich, genau wie Spargel, nur durch ihren Kopf bemerkbar. Trüffelschweine und Suchhunde helfen hier daher nur wenig. Schiefertrüffel haben äußerlich eine braun-schwarze Farbe, im Inneren sind sie gelb-gold gemasert. Ihr kräftiges und typisch trüffelartiges Aroma entfalten sie erst beim Erhitzen. Geschmacklich ist der Schiefertrüffel dem Steinpilz ähnlich, eben nur sehr viel intensiver. Besonders gut passt die Delikatesse zu Pastagerichten, Hirschcarée oder Schmorbraten. Zur Bekanntheit außerhalb Frankens verhalf dem Pilz Starkoch Alexander Herrmann. Er hat häufig Gerichte mit Schiefertrüffelpilz auf der Karte seines Restaurants, denn sein Vater gab dem Pilz seinen Namen.
(chil)