Abnehmen durch Magenballon

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 22. Mär. 2021
Rückansicht einer fettleibigen Frau mit Softdrink in der Hand

Was bewirkt ein Magenballon und für wen ist diese Behandlung geeignet? Die Internistin und Adipositas-Expertin Dr. med Birgit Gergelyfy beantwortet für EAT SMARTER die wichtigsten Fragen rund um das Abnehmen mit dem Magenballon.

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

Adipositas ist ein inzwischen weit verbreitetes Problem in Industrieländern. Die Fettsucht beeinträchtigt das Leben der Betroffenen erheblich, den Alltag zu meistern wird schwieriger.

Neben einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes kann es durch krankhaftes Übergewicht sogar zu einem erhöhten Krebsrisiko kommen. Die Knie- und Hüftgelenke sowie die Wirbelkörper stehen unter hoher Belastung und sind anfälliger für Arthrose. Die Psyche leidet bei vielen Patienten mit, denn mangelndes Selbstwertgefühl, Depressionen und missbilligende Blicke der Mitmenschen belasten das Gemüt auf Dauer erheblich.

Wenn Diäten nicht helfen und Sport ab einem sehr hohen Body-Mass-Index zu risikobehaftet ist, kann ein Magenballon Abhilfe schaffen. Dieser trickst das gestörte Sättigungsgefühl bei Adipositas-Patienten aus: Nach der Eingewöhnungsphase kann der Patient nur noch kleine Mahlzeiten zu sich nehmen, da der Magen schnell gefüllt ist. Die Rezeptoren, die in der Magenwand sitzen und die Dehnung des Magens bei Nahrungsaufnahme „messen“, melden dem Gehirn früher, dass genug Nahrung aufgenommen wurde und das Sättigungsgefühl setzt ein.

Was genau ist ein Magenballon?

Frau auf einer Waage

Es gibt zwei verschiedene Arten von Magenballons: Beide sind aus weichem Silikon gefertigt und werden über den Rachen, die Speiseröhre entlang, nach unten in den Magen gebracht.

Der Schluckballon besteht aus einer kleinen, drei Zentimeter langen ovalen Kapsel, die mit einem dünnen Schlauch verbunden ist. Bei dieser Variante schluckt der Patient die Kapsel selbst herunter, nachdem der Rachen mit einem Betäubungsspray eingesprüht wurde, um den Würgereiz zu minimieren. Sobald die Kapsel mit Flüssigkeit in Berührung kommt, weicht die Oberfläche etwas ein und das Herunterschlucken wird leichter. Im Magen angekommen entfaltet sich der Ballon und wird vom Arzt über den dünnen Schlauch mit 250 Milliliter ungiftigem Edelgas gefüllt. Der Schlauch fällt ab und der Ballon verschließt sich sofort. Anschließend wird der Schlauch über die Speiseröhre wieder entfernt und der Eingriff ist abgeschlossen.

Die zweite Variante besteht aus einem mit Kochsalzlösung gefüllten Ballon. In einem angenehmen Dämmerschlaf wird der noch leere Ballon durch den Arzt während einer Magenspiegelung über Rachen und Speiseröhre in den Magen geschoben. Anschließend wird der Ballon mit 500 bis 700 Milliliter einer blau gefärbten Kochsalzlösung gefüllt und der Schlauch wieder entfernt. Der Eingriff dauert etwa 25 Minuten und wird ambulant durchgeführt. Der Vorteil des flüssigkeitsgefüllten Ballons liegt darin, dass er sich nicht unbemerkt entleeren kann, wenn er undicht wird. Die blaue Farbe erscheint dann nämlich im Urin, sodass der Patient sofort erkennen kann, dass er sich bei seinem Arzt melden muss. Zudem entsteht durch das Gewicht von 500 bis 700 Gramm bereits ein gewisses Schwere- und Sättigungsgefühl, das der gasgefüllte Ballon nicht vermitteln kann.

Große wissenschaftliche Studien über Sicherheit und Wirksamkeit der Ballonbehandlung gibt es nur für den flüssigkeitsgefüllten Magenballon.

Magenballon: Weniger Risiko als Magenverkleinerung

Schlanke und Dicke Frau in Unterwäsche stehen Rücken an Rücken

Im Gegensatz zu einem Magenband oder einer operativen Magenverkleinerung entfällt bei der Behandlung mit dem Magenballon das für fettleibige Patienten nicht unerhebliche Operationsrisiko. Bereits während der Behandlung lernt der Patient, sich gesünder zu ernähren, um schließlich ohne Magenballon sein Gewicht halten zu können oder die weitere Gewichtsreduktion selbst fortzuführen. Der gefürchtete Jo-Jo-Effekt bleibt in den meisten Fällen aus. Laut Studienlage können 75 Prozent der Ballonpatienten ihr Gewicht halten.

Im Gegensatz zu einer reinen Diätbehandlung wird der Patient nicht von Hungerattacken gequält und muss nicht mit knurrendem Magen durch den Alltag gehen. Denn bereits eine kleine Menge Nahrung genügt, um dem Gehirn das Signal zu senden, dass der Magen ausreichend gefüllt ist. Der Magen gewöhnt sich im Lauf der Monate an die kleinen Portionen. Bei Fehlverhalten, wenn also zu viel und zu schnell, zu fett und zu süß gegessen wird, stellen sich Unwohlsein und Übelkeit ein. Der Patient wird praktisch durch seinen Ballon „erzogen“ und lernt wieder richtig und vernünftig zu essen.

Somit stellt der Magenballon eine sichere und komfortable Möglichkeit dar, um Adipositas-Patienten bei der Gewichtsabnahme effektiv und nachhaltig zu unterstützen. Die Tatsache, dass Ergebnisse dank der Umstellung auf einen gesünderen Lebensstil schnell zu sehen sind, stellt eine zusätzliche Motivation für Betroffene dar. Viele Patienten können langfristige Erfolge erzielen – und das auch nach Entfernen des Magenballons.

Die wichtigsten Fragen rund um den Magenballon

Für wen eignet sich ein Magenballon?

Ob ein Patient für die Behandlung mit einem Magenballon geeignet ist, wird immer im persönlichen Gespräch mit dem Arzt geklärt. Generell ist der Magenballon eine Option für Menschen über 18 Jahren mit einem BMI von 28 bis 44, die noch kein Magenband oder eine operative Magenverkleinerung benötigen. Voraussetzung ist, dass Diäten und regelmäßiger Sport nicht zum Erfolg geführt haben. Wenn Voroperationen an Speiseröhre oder Magen, Essstörungen, wie zum Beispiel Bulimie oder Blutgerinnungsstörungen vorliegen, muss von einer Behandlung mit dem Magenballon abgesehen werden. Das gilt auch für schwangere und stillende Frauen.

Wie sehr nimmt man durch den Magenballon ab? 

Ein Magenballon allein führt meist nicht zum gewünschten Ziel. Eine kompetente Ernährungsberatung und Sport sind unverzichtbare Bestandteile der Behandlung und helfen dabei, das Wunschgewicht zu erreichen. Dadurch ist eine Gewichtsreduktion von 15 bis 30 Kilo möglich. Patienten, die Probleme mit den Gelenken haben und über 100 Kilo wiegen, sollten zunächst Wassersport betreiben, bis eine Gewichtsreduktion eingetreten ist.

Wie verhält man sich nach dem Eingriff?

Da das Einsetzen des Ballons nur kurze Zeit dauert und der Dämmerschlaf schnell endet, kann der Eingriff ambulant durchgeführt werden. Häufig kommt es in den ersten drei Tagen nach dem Einsetzen zu Übelkeit und Erbrechen. In diesem Fall können entsprechende Medikamente Abhilfe schaffen. Um den Magen nicht weiter zu reizen, sollte der Patient zunächst nur flüssige und breiige Kost zu sich nehmen. Im weiteren Verlauf der Behandlung kann dann auf Vollkost in kleinen Portionen umgestiegen werden, die jedoch gründlich gekaut werden muss, um Übelkeit zu verhindern.

Wie lange kann der Ballon im Magen bleiben?

Der Schluckballon kann bis zu drei Monate im Magen bleiben und der mit Kochsalzlösung gefüllte Ballon bis zu einem halben Jahr. Nach Ablauf dieser Zeit sollte der Ballon entfernt werden, um die Magenschleimhaut nicht zu schädigen und das Platzen des Ballons zu vermeiden. Neuere Studien zeigen, dass der flüssigkeitsgefüllte Ballon unter entsprechender Beobachtung und bei engem Arzt-Patienten-Kontakt auch bis zu 14 Monate sicher im Magen belassen werden kann. Das ändert aber nichts an der vom Hersteller angegebenen Produkthaftung für sechs Monate, sodass eine über sechs Monate gehende Ballonbehandlung „off label“, also bis zu einem gewissen Punkt auf eigenes Risiko erfolgt.

Was passiert, wenn der Ballon platzt?

In sehr seltenen Fällen kann der Ballon im Magen undicht werden. Da die Flüssigkeit im Inneren des Magenballons blau gefärbt ist, merkt der Patient schnell am verfärbten Urin, dass der Ballon beschädigt ist. In diesem Fall muss sofort ein Arzt konsultiert werden, der den Ballon entfernt, damit es nicht zu einem Darmverschluss kommen kann.

Wenn der gasgefüllte Ballon undicht wird, fehlt ein sichtbares Zeichen, sodass unter dem Aspekt der Patientensicherheit viele Ärzte den flüssigkeitsgefüllten Ballon bevorzugen.

Trägt die Krankenkasse die Kosten für einen Magenballon?

Die Kosten für einen Magenballon müssen vom Patienten selbst getragen werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Eingriff nicht.


Die Autorin

Dr. med. Birgit Gergelyfy, Spezialisten für Magenballon-TransplantationenDr. med. Birgit Gergelyfy ist Fachärztin für Innere Medizin und betreibt in München eine Privatpraxis für Innere Medizin, Gastroenterologie, Rheumatologie und Ernährungsmedizin. Eine wichtige Säule in Dr. Gergelyfys Tätigkeit bildet die Ernährungsmedizin. Neben allgemeiner Ernährungsberatung gehört die Behandlung von Adipositas-Patienten mit dem Magenballon zu ihren Spezialgebieten. Durchschnittlich drei bis vier ambulante Magenballon-Implantationen werden pro Woche in der Praxis durchgeführt – damit gehört Dr. med. Gergelyfy auf diesem Gebiet zu den führenden Spezialisten in Deutschland. www.privatpraxis-gergelyfy.de

 
Eine Information fehlt mir noch: Auf welche Weise wird der Ballon wieder aus dem Magen entfernt?
 
Liebe Frankfurterin. das Legen und Entfernen des Magenballons erfolgt mittels einer einfachen Magenspiegelung. Nach Entfernung des Magenballons ist im Magen nichts mehr zu sehen (anders als bei einer Magenverkleinerung). Viele Grüße, Ihr EAT SMARTER-Team
Schreiben Sie einen Kommentar