Warum trotz Sport das Gewicht stagniert
Bewegung gleich Gewichtsverlust, diese Rechnung geht nicht immer auf. Wer sich viel bewegt, bei dem purzeln die Pfunde, glauben wir zu wissen. Denn so lesen und hören wir es schließlich immer wieder. Doch viele Menschen erfahren genau das Gegenteil: Sie trainieren fleißig, machen mehrmals die Woche Gymnastikübungen, joggen, spielen Fußball – und das Gewicht stagniert. Wie ist das möglich? EAT SMARTER klärt auf.
Inhaltsverzeichnis
- Trugschluss durch sportliche Aktivität
- Überkompensatorisches Essen nach dem Sport
- Stresshormone bewirken, dass das Gewicht stagniert
- Regelmäßige Bewegung statt sportlicher Höchstleistungen
- Alle Tipps im kurzen Video
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Tatsächlich leben Menschen, die sich regelmäßig bewegen, gesünder: Die Risiken für die meisten Erkrankungen – darunter Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes und Krebs – sind bei ihnen deutlich geringer. Doch es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass der Effekt auf den Gewichtsverlust deutlich überschätzt wird und bei vielen das Gewicht stagniert statt zu schwinden. Mehr noch: Unter Umständen macht uns mehr Bewegung dicker.
Trugschluss durch sportliche Aktivität
"Der Sport-Mythos" ("The Myth About Exercise") titelte das US-Nachrichtenmagazin "Time" kürzlich. Die Hauptthese des Artikels: Natürlich verbrennt Bewegung Kalorien – doch gleichzeitig stärkt sie das Hungergefühl. Die Folge: Wir ersetzen die verbrannten Kalorien sofort wieder – und futtern uns gleich noch ein paar zusätzliche an. Denn wer Schweiß treibenden Sport absolviert hat, sagt sich: "Jetzt kann ich mir auch eine Portion Pommes erlauben." Die Folge: Das Gewicht stagniert oder steigt.
Überkompensatorisches Essen nach dem Sport
Joggen und danach zu McDonald’s – wir kennen diese Bilder noch von Bill Clinton. Unser Belohnungssystem überlistet uns, und wir fühlen uns auch noch gut dabei. Solange, bis wir auf die Waage steigen und sehen, dass das Gewicht stagniert oder gestiegen ist. "Wer körperlich aktiver ist, hat größeren Hunger und isst auch mehr", sagt Steven Gortmaker. Er leitet das Prevention Research Center on Nutrition and Physical Activity an der Universität Harvard. Zusammen mit Kendrin Sonneville vom Bostoner Kinderkrankenhaus veröffentlichte er im vergangenen Jahr eine Studie mit 538 Jugendlichen, die das ernüchternde Ergebnis brachte: Wenn die Probanden anfingen, Sport zu machen, nahmen sie nach dem Ende der 18-monatigen Untersuchung mehr Nahrung zu sich – durchschnittlich 100 Kalorien mehr als sie gerade durch den Sport verbrannt hatten.
"Überkompensatorisches Essen nach Sport ist nicht ungewöhnlich", bestätigt die Ernährungs- und Sportmedizinerin Susanne Wiesner vom Adipositaszentrum der Lindbergklinik aus Winterthur (Schweiz). Wenn in der ersten Tageshälfte zu wenig Kohlenhydrate zugeführt werden, könne das gerade nach Sport zu erhöhtem Kalorienkonsum führen. Häufig werde auch der Energiebedarf durch körperliche Belastung überschätzt. Um zu vermeiden, dass sich der Körper an die Bewegung gewöhnt und das Gewicht stagniert, sollte laut Wiesner spätestens alle vier bis sechs Monate das Trainingsprogramm etwas verändert werden.
Stresshormone bewirken, dass das Gewicht stagniert
Auch der Stresseffekt durch übertriebenes Training könne dazu führen, dass das Gewicht stagniert oder zunimmt. Susanne Wiesner: "Bei Übertraining wird das Hormon Cortisol verstärkt ausgeschüttet, welches weniger Zucker und Fette in den Muskel und dadurch mehr Nährstoffe in die Fettzelle bringt. Unter dieser Situation verwendet der Muskel das eigene Eiweiß, um Energie zu gewinnen. Das kann sogar zum Verlust von Muskulatur führen kann." Ganz wichtig sei es, nie aus den Augen zu verlieren: "Sport muss Spaß machen, sonst rutscht man in den schlechten Stress-Stoffwechsel rein." Die "Time"-Thesen seien nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber auch nicht verallgemeinerbar, findet dagegen Elmar Trunz-Carlisi: "Sonst müssten ja alle Leistungssportler furchtbar dick sein." Der Sportwissenschaftler leitet das Institut für Prävention und Nachsorge (IPN) in Köln (jüngste Veröffentlichung "Schlank im Schlaf: Der Fitness-Turbo", Graefe und Unzer Verlag).
"Natürlich kann es sein, dass sich jemand, der gerade ein bisschen Sport gemacht hat, auf dem Nachhauseweg mit Pommes und Cola versorgt. Oder dass die verlorenen Kalorien durch das eine oder andere Bier danach mehr als wieder eingespielt werden. Aber das ist keine Zwangsläufigkeit." Und Diät ohne Sport ist auch keine Lösung: "Auf Dauer ist ein gesundes Abnehmen ohne Bewegung nicht möglich. Nur über Bewegung ist der Abbau der Muskulatur zu stoppen, der zwangsläufig bei einer Diät einsetzt." Als möglichen Grund, dass das Gewicht stagniert, obwohl man Sport treibe, könne er sich höchstens vorstellen, so Trunz-Carlisi, "dass jemand, der bei zu geringer Nahrungszufuhr extrem viel Sport treibt und dadurch Muskelmasse abbaut, sozusagen seinen "Motor" verkleinert, in dem Moment übermäßig an Fettzellen zulegt, wenn er mit dem Sport aufhört."
Regelmäßige Bewegung statt sportlicher Höchstleistungen
Sport hält nicht nur den Körper, sondern auch den Geist beweglich – doch auch hier gilt es, das gesunde Mittelmaß zu finden. Wer es mit dem Sport übertreibt, tut sich nichts Gutes. Statt sich zu Höchstleistungen zu quälen, ist es sinnvoller, mäßig, aber regelmäßig in Bewegung zu sein, damit das Gewicht nicht stagniert. Die Treppe statt den Fahrstuhl zu benutzen, das Fahrrad statt den Bus… Den ganzen Tag stillzusitzen, um dann für eine halbe Stunde zu körperlichen Höchstleistungen aufzulaufen, bedeutet dagegen höchsten Stress für unsere Muskeln. Wer den ganzen Tag ein bisschen in Bewegung ist, hat mehr davon. Dann bleibt man in der Mittagspause auch nicht gleich an der nächstgelegenen Pommes-Bude hängen...
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