Die Getränkeprüferin

Im Labor aufgedeckt: Was ist dran an der Fünf-Sekunden-Regel?

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
5-Sekunden-Regel

Das Sandwich ist frisch mit Käse und Gurke belegt – schwupps – da klatscht es schon auf den Küchenboden. Ist der verunglückte Snack noch genießbar, wenn er sekundenschnell aufgehoben wird? Dieser interessanten Frage sind US-amerikanische Wissenschaftler im Labor nachgegangen. Es passiert uns immer wieder – in der Küche, auf dem Bürgersteig oder im Imbiss. Wir wollen uns etwas Schnelles auf die Hand gönnen und zack, fällt es uns herunter. Ärgerlich! Und immer wieder fragen wir uns: Kann ich das noch essen?

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

Alles halb so wild, sagt die 5-Sekunden-Regel. Fällt ein Lebensmittel runter und liegt nicht länger als fünf Sekunden auf dem Boden, kann man es bedenkenlos essen – heißt es in diesem weitverbreiteten Ratschlag. Dahinter steckt die Annahme, dass die Übertragung von Krankheitserregern eine gewisse Zeit braucht.

Mit Laborarbeit dem Alltagsphänomen auf der Spur

Ein amerikanisches Forscherteam von der Rutgers University in New Jersey hat jetzt diesen „Hygienetipp“ im Labor unter die Lupe genommen. Die Mikrobiologen ließen Brot mit und ohne Butter, Wassermelonenstücke und Weingummi aus einer Höhe von rund 13 Zentimetern auf vier verschiedene Oberflächen fallen – Edelstahl, Keramikfliesen, Holz und Teppichboden.

Zuvor hatten sie den Boden mit Darmbakterien verunreinigt. Sie hoben das Heruntergefallene entweder umgehend wieder auf oder ließen es 5, 30 oder 300 Sekunden liegen. Jede Kombination wurde 20-mal wiederholt. Im Labor bestimmten die Forscher dann die Menge an Keimen auf den Speisen.

Gesunder Menschenverstand gefragt

Offenbar hält die Fünf-Sekunden-Regel dem wissenschaftlichen Praxistest stand: Je länger der Bodenkontakt, desto mehr Bakterien werden auf ein Lebensmittel übertragen. Richtig ist aber auch, dass die Wissenschaftler schon nach weniger als einer Sekunde Keime fanden – vor allem auf feuchten Lebensmitteln wie der Melone. Neben der Kontaktzeit spielen offensichtlich andere Faktoren eine genauso große, vielleicht sogar noch größere Rolle, wie etwa die Art der Oberfläche oder das Lebensmittel selbst.

Das Gesundheitsrisiko durch die Kontamination mit Keimen hängt auch davon ab, wie dreckig der Boden ist und wie viele Erreger vorhanden sind. So ist auf öffentlichen Plätzen sicherlich mehr Vorsicht geboten als in der eigenen Küche. Auch der Untergrund ist ein wichtiger Faktor. Im Experiment war der Teppich im Vergleich zu glattem Edelstahl und Keramik am harmlosesten. Denn in seinem Stoff blieben die Bakterien offenbar haften und übertrugen sich nicht so leicht auf das Lebensmittel.

Und noch ein Punkt ist zu beachten: Allein das Vorhandensein von Keimen in unseren Lebensmitteln ist nicht problematisch. Es kommt neben der Keimart immer auch auf die Menge an. Lebensmittel, die auf den Boden gefallen sind, sollten daher keinesfalls aufbewahrt werden. Sonst können sich die Keime stark vermehren. Auch in der Mikrobiologie gilt: Die Dosis bestimmt das Gift.


Über die Autorin dieses Beitrags Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.

Schreiben Sie einen Kommentar