Abnehmen mit Kälte: Geht das wirklich?
Eine verlockende Vorstellung: Heizung herunterdrehen, etwas frösteln, und die Fettverbrennung steigt. Aber geht diese Rechnung auf? Fitness-Doc Ingo Froböse hat die Antwort.
Spätestens nachdem Sturm „Xavier“ die Blätter von den Bäumen gefegt hat, ist es nicht mehr zu übersehen: Der Herbst ist da, liebe EAT SMARTER-Leser! Kühle Temperaturen und frischer Wind lassen uns frösteln und unwillkürlich die Schultern in Richtung Ohren ziehen.
Die körpereigene Thermoregulation hat im Herbst und Winter eindeutig mehr zu tun als im Frühling oder Sommer, um die durchschnittliche Körpertemperatur von 36,4 Grad Celsius herzustellen und zu halten. Steigt die Körpertemperatur über 42 Grad oder sinkt sie auf unter 30 Grad, wird es gefährlich: Lebenswichtige Organe wie Herz und Gehirn können dann nicht mehr richtig arbeiten.
Um sich vor Unterkühlung zu schützen, reagiert der Körper unter anderem mit Muskelzittern und Zähneklappern. Durch das Zittern werden die Muskeln besser durchblutet – der Körper produziert mehr Wärme.
Abnehmen mit Kälte: Das steckt dahinter
Dieser Effekt müsste sich doch auch nutzen lassen, um fröstelnd ein paar mehr Kalorien zu verbrennen, oder? In der Tat: Unser Körper wendet in moderat kalter Umgebung mehr Energie auf, um die Atemluft in der Lunge und kalte Hautpartien zu erwärmen. Die Heizung zu Hause oder im Büro also ein wenig herunterzudrehen, schadet nicht. Noch mehr kommt der Organismus in Fahrt, wenn es so kalt ist, dass Zittern und Zähneklappern einsetzen. Dass dann an Wohlfühlen oder effektives Arbeiten nicht mehr zu denken ist, sollte aber jedem klar sein.
Zur Thermoregulation wird jedoch auch das körpereigene Fett herangezogen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass eine moderate Umgebungskälte das sogenannte „braune Fettgewebe“ aktiviert. Im braunen Fettgewebe befindet sich das Protein Thermogenin, das Wärme ganz ohne Muskelzittern generieren kann. Funktionsweise des genialen Proteins: Es verhindert, dass Nährstoffe wie Glukose und Lipide in Speicherenergie umgewandelt werden, und bewirkt stattdessen, dass deren Energie als Wärme freigesetzt wird.
Allerdings macht das braune Fettgewebe nur einen kleinen Teil unseres Körperfetts aus; der Löwenanteil besteht aus weißem Fettgewebe, das Energie speichert, statt sie freizusetzen.
Dennoch: Die Heizung in der Wohnung etwas niedriger zu stellen, schont nicht nur den Geldbeutel, sondern bringt auch den Organismus auf Trab. Denn um warm zu werden, müssen wir uns bewegen. Hier kommen wir zu meiner zweiten Empfehlung für kühlere Herbsttage:
Outdoor-Sport: Im Herbst erst recht!
Auch Joggen, Radeln oder zügiges Spazierengehen an der frischen Herbstluft setzt den Körper einem Kältereiz aus – dem durch Bewegung entgegengewirkt wird.
Wer viel Zeit draußen verbringt, tut überdies Gutes für seinen Vitamin-D-Haushalt und hält Kreislauf und Blutgefäße auf Trab. Unsere Blutgefäße ziehen sich bei Kälte zusammen, bei Wärme weiten sie sich wieder. Je enger die Blutgefäße, desto schneller nicht nur der Transport des Blutes, sondern auch der Abwehrzellen, die sich darin befinden und die an unseren äußeren Körperbarrieren wie der Nasenschleimhaut potenzielle Krankheitserreger abtöten.
Dieser Mechanismus kann träge werden, wenn wir uns fast nur in warmen Räumen aufhalten. Die Folge: Das Blut und damit auch die Abwehrzellen können nicht mehr schnell genug transportiert werden. Mit regelmäßigen Spaziergängen oder Outdoor-Sporteinheiten beugen Sie also aktiv vor.
Kryolipolyse gegen Problemzonen?
„Moderat“ ist die Kälte bei einer sogenannten Krypolipolyse nicht: Mit Hilfe von Kälteapplikationen im Bereich von -8 bis -10 Grad Celsius soll das Fettgewebe „eingefroren“ und zum Absterben gebracht werden; dabei soll nur das Fettgewebe abgetötet werden und die darunterliegenden Nerven und Muskeln verschont bleiben.
Allerdings sind bislang noch nicht alle Mechanismen bekannt, die bei der Kälteanwendung wirken. Ein positiver Effekt ist momentan nur für die kurzfristige Wirkung belegt, Langzeitstudien zur Kryolipolyse gibt es noch nicht.
Wer sein Fett durch Kälte schmelzen möchte, sollte sich auch über die Nebenwirkungen im Klaren sein, unter anderem Hämatome, Gewebeverhärtungen, temporäre Empfindungsstörungen und Schwellungen.
Mein Rat: Solch eine Behandlung sollte, wenn überhaupt, das allerletzte Mittel der Wahl sein. Zum einen ist über Langzeiteffekte noch nichts bekannt, und zum anderen löst die Kryolipolyse nicht das Problem, das zu den hartnäckigen Fettansammlungen geführt hat: Wer sich nach der (kostspieligen) Behandlung weiterhin schlecht ernährt und zu wenig bewegt, hat die verlorenen Kilos und Umfänge schnell wieder auf den Hüften haben. Deshalb ist es langfristig ratsamer, durch eine Ernährungsumstellung und ein ganzheitliches Sportprogramm die Kilos purzeln zu lassen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Herbstbeginn!
Ihr Ingo Froböse
Hier finden Sie Herbst Rezepte von EAT SMARTER!