Ein paar Worte zu: Achtsamkeit
Achtsamkeit... ist „in“... allgegenwärtig... und DAS neue Modewort. Wir sollen achtsam sein gegenüber uns selbst und unseren Partnern, Kindern, Kollegen, Bekannten, Nachbarn, Brötchenverkäufern und Paketboten. Aber auch beim Fahrradputzen, Wäschewaschen, Haarefärben, Kofferpacken und Rasenmähen ist Achtsamkeit gefragt. Puh... Kann man das leisten? Ganz ehrlich: ich nicht. Jedenfalls nicht ständig.
Der Begriff Achtsamkeit kommt ja ursprünglich aus dem Buddhismus. Dabei geht es um die bewusste Wahrnehmung von Körper- und Geistesregungen – sprich: eine verfeinerte Selbstwahrnehmung, was zu einem wacheren Erleben des aktuellen Moments führt und in Folge zu mehr Ruhe und Gelassenheit. Und jeder, der – wie ich – Kinder, Partner, Job, Schule, Sport, Fortbildung, Haus und anständiges Essen unter einen Hut kriegen muss und möchte, der weiß, dass es mit Ruhe und Gelassenheit zu oft nicht besonders weit her ist.
Also bitte gerne mehr Achtsamkeit! Aber wie macht man das? Vorneweg: Ich bin keine Expertin in Sachen Achtsamkeit. Ich bin Ernährungsexpertin. Und nur auf diesem Gebiet kann ich Ihnen in Bezug auf Achtsamkeit etwas anbieten: ein kleines Experiment.
- Nehmen Sie eine Rosine. Legen Sie sie auf die flache Handfläche und schauen Sie sie sich ganz genau an. Wie sieht diese Rosine aus? Hellbraun, dunkelbraun, runzelig, ungleichmäßig geformt... Was fällt Ihnen noch auf? Woran denken Sie, wenn sie die Rosine ansehen? Trauben, Rosinenbrot, Wein oder vielleicht an den Winzer, der die Traube geerntet und getrocknet hat?
- Jetzt riechen Sie mal an der Rosine. Wie riecht sie? Fruchtig, muffig, süß, erdig? Lassen Sie auch negative Eindrücke und Gefühle zu.
- Nun nehmen Sie die Rosine zwischen Ihre Lippen. Wie fühlt sie sich an? Angenehm, unangenehm, weich, zart, hart, klein?
- Als nächstes nehmen Sie die Rosine ganz in den Mund (nicht kauen, nur lutschen). Was spüren Sie? Die Kanten und Furchen, vielleicht einen Stiel, die Rosine wird weicher, Ihnen läuft das Wasser im Mund zusammen? Und was schmecken Sie jetzt schon? Süße, Säure, Sonne, Wind, Regen, Gras?
- Jetzt dürfen Sie kauen. Was fühlen und schmecken Sie nun? Kleine Kerne, die Haut, die von Ihren Zähnen zerquetscht wird, weiches Inneres, schmeckt gut, schmeckt nicht gut?
- Als Letztes: Runterschlucken und dabei vielleicht an die Geschichte dieser Rosine denken: von der Traube am Weinstock (vielleicht in Italien), über die Ernte, die Trocknung, die Auslese, den Verkauf der besten Chargen an einen Großhändler, das Verpacken in Tüten in einer Fabrik, den Transport zum Einzelhändler, den Moment, als Sie sich für genau diese Tüte mit dieser Rosine drin entschieden haben, den Weg im Einkaufskorb zu Ihnen nach Hause, Ihre Auswahl heute diese eine Rosine zu nehmen, die jetzt in Ihrem Bauch ist...
Mannomann, was man alles aus einer einzelnen Rosine herausholen kann, oder?! Was ich Ihnen damit sagen will, ist jedoch nicht, dass Sie künftig jede Rosine und jedes Reiskorn mit Vornamen ansprechen sollen. Nein, ich möchte auf diese Weise ihre Aufmerksamkeit (Achtsamkeit ;) ) darauf lenken, dass Lebensmittel sehr viel mehr sind als Kalorienträger und Sattmacher.
Jedes Lebensmittel hat eine Geschichte und eine Reise hinter sich, bis es bei Ihnen auf dem Teller liegt. Manche Geschichten und Reisen sind besser (Feld, Bauer, Gemüsehändler, Markt, Kochtopf, Teller), andere weniger gut (Feld, Bauer, Großkonzern, Fabrik, Verarbeitung, Zusatzstoffe, Verpackung, Tiefkühler, Mikrowelle, Teller). Und wenn Sie diesem Umstand künftig ein wenig mehr Beachtung schenken, dann haben Sie mit Sicherheit bald bessere (und damit gesündere) Lebensmittel auf Ihrem Tisch.
In diesem Sinne – achten Sie mal drauf!
Ihre Alexa Iwan
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