Dr. Ingo Froböse

Milch: gesund oder ungesund?

Von Prof. Dr. Ingo Froböse
Aktualisiert am 25. Jan. 2024
Milch ungesund

Das einst als so lebenswichtig dargestellte Lebensmittel Milch ist in Verruf geraten: Zum einen erfordert unser Milchkonsum eine intensive Landwirtschaft, zum anderen werden Milch gesundheitsschädigende Eigenschaften zugesprochen. Fitness-Doc Ingo Froböse fasst den aktuellen Forschungsstand zusammen und gibt Verzehrempfehlungen.

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Haben Sie mal die Begriffskombination „Milch gesund oder ungesund“ in der Online-Suchmaschine eingegeben, liebe EAT SMARTER-Leser? In den Suchergebnissen werden Sie auf etliche Artikel stoßen, in denen die Milch sehr kritisch betrachtet wird. Im Prinzip finde ich das auch in Ordnung. Denn wir sollten uns mit den Lebensmitteln, die wir täglich zu uns nehmen, auf jeden Fall kritisch auseinandersetzen. Die aktuelle Schelte auf die Milch jedoch ist haarsträubend und wissenschaftlich nicht haltbar. Einige der wichtigsten Contra-Argumente möchte ich heute studienbasiert betrachten.

Mythos 1: Milch erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Der Anteil an gesättigten Fettsäuren, so lautet ein Gerücht rund um die Milch, erhöhe den Blutfettgehalt und somit das Risiko für Diabetes, Herzkrankheiten und so fort. Einen Beleg hierfür konnte ich bislang jedoch nicht finden.

Ganz im Gegenteil: Eine Meta-Studie der Universität Kopenhagen von 2016 (1) kommt zu dem Ergebnis, dass „die Gesamtheit der vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse belegt, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten (...) gegen die häufigsten chronischen Krankheiten helfen kann, wohingegen nur wenige gesundheitsschädliche Effekte festgestellt werden konnten.“ Selbst ein hoher Milchkonsum von 200 bis 300 Millilitern pro Tag erhöht das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung nicht. Joghurt und Käse können sogar einer Diabetes-Typ II-Erkrankung vorbeugen.

Milch besitzt zudem einen positiven Effekt auf die Knochengesundheit im Kindes und Jugendalter; ob es einen positiven Effekt im Erwachsenenalter gibt, ist noch nicht genau erforscht.

Merke!
Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Milch Herz-Kreislauf-Erkrankungen befördert.

Mythos 2: Milchkonsum erhöht das Brustkrebsrisiko

Die Wachstumshormone, die in der Kuhmilch enthalten sind, so die Theorie, erhöhen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Auch hierzu lässt sich kein wissenschaftlicher Beleg finden.

Eine Auswertung von 22 Kohortenstudien ergab hingegen (2): Ein hoher Konsum von Milch und Milchprodukten (400 bis 600 Gramm Tag bzw. über 600g/Tag) reduzieren das Brustkrebsrisiko im Vergleich zu einem Milchkonsum unter 400 Gramm pro Tag. Diese Aussagen beziehen sich allerdings auf eine bestimmte Gruppe der Studie: Amerikaner und Frauen vor der Menopause. Ob dieser Effekt also für alle Frauen zutrifft, ist noch zu erforschen.

Ein weiterer positive Effekt von Milch ist jedoch ihr hoher Vitamin-D- und Calcium-Gehalt. Beide schützen die Zellen und können so das Bustkrebsrisiko reduzieren. Vor allem Joghurt ist reich an probiotischen Stoffen, Eiweiß, Calcium, dem Vitamin Riboflavin (B2), dem Vitamin B6 und Vitamin B12.

Merke!
Milch senkt nach bisherigem Forschungsstand das Brustkrebsrisiko.

Mythos 3: Milch verschleimt den Körper

Eine Frage, die sich immer wieder stellt, lautet: Sind Erwachsene überhaupt noch in der Lage, Milch ausreichend in ihre Bausteine zu zerlegen? Vor allem das Protein Casein wird für Entzündungs- und Verklumpungsprozesse im menschlichen Organismus. Ob ein solcher Effekt wirklich besteht, ist noch unklar, sollte aber unbedingt beobachtet und wissenschaftlich weiter erforscht werden.

Merke!
Hierzu gibt es keinen eindeutigen Forschungsstand.

Mythos 4: Kuhmilch ist für Säuglinge nicht geeignet

Da bin ich einer klaren Meinung: Kuhmilch ist keine Muttermilch und wird es auch nie werden. Kuhmilch enthält zu viel Eiweiß und ist zu kalorienreich, um eine adäquate Säuglingsnahrung zu sein.

Merke!
Kuhmilch ist keine Säuglingsnahrung.

Mythos 5: Die Haltung der Milchkühe ist nicht artgerecht

Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Um Milch geben zu können, muss eine Kuh ein Kalb geboren haben. Dieses Kalb wird kurze Zeit nach der Geburt von der Mutter getrennt. Ob der Mensch das Recht hat, in den natürlichen Kreislauf der Kuh auf diese Weise einzugreifen, wird heiß diskutiert. Jede Meinung in dieser Debatte hat ihre Berechtigung. Fest steht: Wer Milch und Milchprodukte konsumiert, sollte auch immer an die Tierhaltung denken.

Aktuell leben laut der Albert-Schweizer-Stiftung (3) etwa 72 Prozent der deutschen Milchkühe in Laufstallhaltung. Diese Haltung bedeutet relativ wenig Auslauf und Ablenkung für die aufgeweckten Tiere. Am besten sind Milchkühe auf der Weide aufgehoben. Allerdings exisitiert bislang EU-weit noch kein Siegel für Weidehaltung. Am besten ist es, wenn Sie zu Milch aus Ihrer Region greifen. Häufig haben sich Höfe zu Produktionsgemeinschaften zusammengeschlossen. Diese Milch ist etwas teurer, doch die Tierhaltung ist artgerechter. Sicher gehen Sie, wenn Sie kritisch nachfragen.

Merke!
Milch von Kühen aus Weidehaltung ist am ehesten artgerecht.

Welche Milch ist die beste?

Wie bei allen Lebensmitteln gilt auch für Milch: Greifen Sie zur möglichst naturnahen und unbehandelten Variante. In Milch aus biologischer Landwirtschaft ist nachgewiesenermaßen die Fettsäurenzusammensetzung günstiger: Milch von Kühen, die Gras fressen, enthält einen höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt den täglichen Verzehr von fermentierten Milchprodukten. Dazu zählen Sauermilchprodukte wie Joghurt, Kefir und auch die Buttermilch. Letztere ist mein Favorit. Reine Buttermilch entsteht als Nebenprodukt bei der Herstellung von Butter, enthält viel Eiweiß und ist sehr kalorienarm.

In Deutschland gibt es verschieden Bezeichnungen, die etwas über die Qualität der Milch verraten. Hier spielen die Faktoren Wärmebehandlung und Fettgehalt die entscheidende Rolle. Diese können unterschiedlich kombiniert werden:

  • Roh- und Vorzugsmilch sind unbehandelt und kommen direkt von der Kuh
  • Frischmilch wird für 15 bis 30 Sekunden auf 72 Grad erhitzt
  • ESL-Milch wird 1 Sekunde auf 127 Grad erhitzt und ist dadurch gekühlt länger haltbar als Frischmilch
  • H-Milch wird bis zu 3 Sekunden auf 135 Grad erhitzt und kann ungekühlt gelagert werden.

Entgegen früherer Empfehlungen können Sie ruhig zu einer Milch mit hohem Fettgehalt greifen. Zum einen sind diese Fette sehr hochwertig, und zum anderen ist Milch mit Vollfettanteil das weniger behandelte Lebensmittel.

Ich hoffe, ich konnte in puncto Milch etwas Klarheit schaffen. Was mir ganz wichtig ist: Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen. Hinterfragen Sie vermeintliche „Wahrheiten“ kritisch, machen Sie sich ein eigenes Bild.

In diesem Sinne: Bleiben Sie aktiv!

Ihr Ingo Froböse

 
Leider wird hier nichts über gesunden oder ungesunden Milchzucker berichtet.
 
Danke für ihren Report über Milch! Aber leider fand ich es nicht so gut das Studien über reine Milch mit Jogurt, Käse etc. gleichgesetzt werden. Ihre Berichterstattung ist mir leider zu ungenau. Ich hätte mich über eine detailreichere und differenzierte Berichterstattung gefreut. Mit freundlichen Grüßen Nicole
 
Ich befürworte diesen Kommentar.Seit Jahrzenten trinke ich Mlich.Im Gegensatz zu vielen anderen schmeckt sie mir so gar . Auch habe ich sehr positive Ergebnisse , was meine Knochendichte betrifft. Milch oder Gen?. Auf jedenfall sollte man sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Ich mag manche Lebensmittel auch nicht , Na und ,muss ich auch nicht. Feierabend Rezept
 
Hallo, der Betrag über die Milch war sehr interessant. Nur, da ich eine beginndende Osteoporose habe, würde mich interessieren, ob Milch und Milchprodukte als Calciumlieferant gut sind. Hier liest man ja auch viele gegenteilige Sachen. LG Maria
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