Slow Food: Nachhaltig und bewusst essen!
Der Italiener Carlo Petrini gründet 1986 Slow Food als Gegen bewegung zum Fast Food. Inzwischen hat der Verein mehr als 100.000 Mitglieder. EAT SMARTER erklärt, was es mit Slow Food auf sich hat.
Inhaltsverzeichnis
- Die Geschichte einer Bewegung – Slow Food
- Wofür steht Slow Food?
- Gute Gründe für Slow Food
- Die Schnecke – wer wird mit dem Slow-Food-Logo ausgezeichnet?
- Slow Food – eine elitäre Einrichtung?
- Wissen zum Mitnehmen
Als McDonald's 1986 eine Filiale gleich 50 Meter neben der Spanischen Treppe in Rom eröffnen will, wird es Carlo Petrini endgültig zu viel. Schon viele der typischen kleinen italienischen Cafés, niedlichen Restaurants und Trattorien in seiner Umgebung mussten schließen, während die internationalen Fast Food-Ketten immer neue Filialen eröffnen. Lange schon ärgert sich der Soziologe über die zunehmende Zahl der Fast Food-Filialen in Italien, das Symbol für schnelle Küche. Jetzt, so beschließt er, ist es an der Zeit, endlich etwas gegen den Fast Food-Trend zu tun.
Die Geschichte einer Bewegung – Slow Food
Aus Protest gegen die Eröffnung mitten in Rom rief der Journalist und Soziologe Carlo Petrini gemeinsam mit Freund:innen 1986 zu einer Gegenbewegung auf – damals noch unter dem Namen „Arcigola“. Als Symbol wählt Petrini eine Schnecke. Name und Logo spiegeln deutlich die Intentionen seiner Organisation wieder: Slow Food will die Esskultur "entschleunigen".
Schnell wuchs die Zahl der Mitglieder und nur drei Jahre später war die Geburtsstunde von Slow Food als internationaler Verein. Inzwischen ist er in über 150 Ländern mit mehr als 100.000 Mitgliedern vertreten. Auch hier gibt es die Slow Food Deutschland-Bewegung seit über zwanzig Jahren mit inzwischen 80 regionalen Gruppen.
Wofür steht Slow Food?
Während Fast Food – gerade die Ketten – überall auf der Welt das gleiche Essen bietet, es überall gleich schmeckt, setzt sich Slow Food für die Vielfalt und den Genuss der regionalen Esskultur ein. Doch was bedeutet Slow Food? Die Produkte, ihre Herstellung und ihre Erzeuger:innen sollen wieder geschätzt und respektiert werden. „Gut, sauber und fair“ lautet daher der Leitsatz von Slow Food. Was Carlo Petrini damit meint, erklärte er im März in einem Interview in der Zeitung "die Welt": "Essen muss heute drei Eigenschaften besitzen: Es muss gut schmecken, aber auch sauber – ohne die Umwelt zu verschmutzen – hergestellt werden, und zwar zu einem Preis, der fair ist für all jene, die es erzeugen und konsumieren."
Was "gut schmecken" bedeutet, ist nicht schwer zu verstehen. Die anderen beiden Schlagwörter brauchen aber vielleicht ein wenig Erklärungsbedarf. Eine "saubere" Herstellung, kommt laut Petrini ohne Umweltverschmutzung aus. Konkret bedeutet das: Lebensmittel müssen ohne Pflanzengift, ohne Wachstumshormone, ohne gentechnische Veränderung und auch ohne Geschmacksverstärker produziert werden. "Fair" heißt, dass die Lebensmittel zu Preisen verkauft werden, von denen auch die regionalen Bäuerinnen und Bauern sowie Erzeuger:innen leben können. "Es muss Schluss sein damit, dass Großhändler am meisten und Bauern kaum etwas verdienen", fordert Petrini im Mai in einem Interview mit der "Zeit".
Eigentlich müsste der Slogan "gut, sauber und fair" um ein viertes Wort erweitert werden, nämlich "vielfältig". Denn auch die Förderung von Biodiversität liegt Slow Food am Herzen. Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, erklärte auf der Fachmesse "InterMopro", warum das so ist: "Biodiversität im Zusammenhang mit Esskultur bedeutet, die Vielfalt des Geschmacks zu erhalten." Lokale Sorten und Rassen sind standortangepasst: Sie wachsen und leben nur in einer bestimmten Region und haben einen eigenen Geschmack, den es nirgendwo anders ein zweites Mal gibt. Um diese zu erhalten, muss man sie essen. Denn nur die Nachfrage sichert auch eine Herstellung. Hudson erklärt weiter: "Vielfalt auf dem Teller heißt auch, eine lokale oder regionale kulinarische Identität zu haben, die es zu bewahren gilt und sich von anderen, aufgrund der dort typischen Lebensmittel und ihrer Verarbeitung sowie Zubereitungsweisen, als Region zu unterscheiden."
Das könnte Sie auch interessieren: Klimafreundliche Ernährung
Bei Slow Food muss demnach nachhaltig, artgerecht und sozial fair produziert und verarbeitet werden – und zwar so, dass die Produkte für die regionalen Erzeuger:innen auch zu fairen Preisen verkauft werden können. Zu Slow Food gehört demnach also die Förderung von verantwortlicher, regionaler Landwirtschaft und artgerechter Viehzucht, sowie das Weitergeben von Ernährungswissen.
Gute Gründe für Slow Food
Slow Food bietet viele Vorteile im Bereich Essen, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl:
- Genuss beim Essen: Der Genuss steht an oberster Stelle beim Slow Food – reiner Konsum soll reduziert und ein Bewusstsein für die Produkte geschaffen werden, die auf dem Teller liegen. Dies bedeutet auch eine Abkehr von der Essen-zum-Mitnehmen-Kultur, welche zudem Unmengen an unnötigem Abfall produziert. Aktiver Genuss fördert das Wertschätzen der Lebensmittel.
- Gesundheit: Bewusste Ernährung ist gut für Körper und Geist, weshalb es ratsam ist, nahrhafte und gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel zu essen. Fast Food sowie Fertigprodukte enthalten jedoch oftmals Zusatzstoffe, welche in größeren Mengen schädlich sein können. Beim frischen Zubereiten von Speisen kann aktiv auf Zusatzstoffe verzichtet werden.
- Nachhaltigkeit: Slow Food möchte eine Ernährung schaffen, die auch in Zukunft noch Bestand hat. Die Versorgung respektiert nicht nur den Menschen, sondern auch Tiere und Natur. Demnach sollen überwiegend Lebensmittel konsumiert werden, dessen Herstellung die Ressourcen der Erde nicht erschöpft und die Umwelt nicht belastet. Aus diesem Grund sollten Lebensmittel verarbeitet werden, die regional sowie saisonal sind.
- Gemeinwohl: Alle Beteiligten entlang der Produktionskette sollen unter fairen Bedingungen arbeiten, sodass keine soziale Ungleichheit entsteht. Aus diesem Grund hat Slow Food das Terra-Madre-Netzwerk gegründet, welches Lebensmittel-Produzent:innen weltweit repräsentiert, die eine Alternative zur industriellen Landwirtschaft bieten.
Lesen Sie auch: 8 Tipps für einen klimafreundlichen Einkauf
Die Schnecke – wer wird mit dem Slow-Food-Logo ausgezeichnet?
Ein klarer Vorteil von Slow Food ist, dass Slow Food die Sinne für die regionale Vielfalt der Lebensmittel als Teil unserer Kultur schärfen will. Und was ist das Ziel von Slow Food? Mit der „Arche des Geschmacks“ hat Slow Food ein Projekt zum Schutz der biologischen Vielfalt ins Leben gerufen, damit wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen, aber auch Zubereitungsarten nicht vergessen werden.
Die sogenannten Arche-Passagiere sind zum Beispiel das Hinterwälder Rind, das bunte Bentheimer Schwein oder unter den Lebensmitteln der Weißlacker Käse, der nur im Allgäu hergestellt wird. Erzeuger:innen, Anbieter:innen und Gastronom:innen, die diese Idee unterstützen, sich für die Verbreitung dieser Lebensmittel einsetzen, zeichnet Slow Food mit einem Gütezeichen aus, der roten Schnecke, dem Slow-Food-Logo.
Slow Food – eine elitäre Einrichtung?
Immer wieder musste sich Slow Food in der Vergangenheit der Kritik stellen, dass es den Mitgliedern hauptsächlich um Genuss ginge, um Lebensmittel, die sich Normalverdiener:innen auf Dauer gar nicht leisten könnten.
Auch Gründer Carlo Petrini sah die Gefahr, dass Slow Food zu einem Verein für Gourmets wird. Mit dem Projekt „Terra Madre“, einem weltweiten Netzwerk von verantwortlichen Bäuerinnen und Bauern, Fischer:innen und Tierzüchter:innen hofft Petrini dieses Vorurteil aufzuheben, da Slow Food jetzt auch in ärmeren Ländern engagiert ist – zum Nutzen der Esskultur, der Umwelt und der unabhängigen Kleinbäuerinnen und -bauern.
Wissen zum Mitnehmen
Slow Food wurde 1986 in Italien von Carlo Petrini als Protestaktion gegen eine Eröffnung einer Fast-Food-Kette in Rom gegründet. Slow Food steht dabei für schmackhaftes Essen, das die Umwelt nicht belastet. Zentral sind auch faire Preise für all jene, die in der Produktionskette beteiligt sind. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass das Essen wieder entschleunigt wird, als Gegentrend zum schnellen Essen wie bei Fast Food.
Als Slow-Food-Logo dient eine rote Schnecke, mit der Produkte ausgezeichnet werden, die die biologische Vielfalt schützen und die besondere Lebensmittel, seltene Nutztierarten und Kulturpflanzen sowie spezielle Zubereitungsarten nicht in Vergessenheit geraten lassen.
Hier finden Sie noch viele weitere tolle Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Alltag.