Laktosefreie Milch: Wie funktioniert das eigentlich?
Rund 15 Prozent der Deutschen vertragen Laktose, also Milchzucker, nicht gut. Der Genuss von Milch und Milchprodukten führt bei ihnen zu Magenverstimmungen oder gar Darmkrämpfen. Sie müssen sich – mehr oder weniger streng – laktosefrei ernähren. Auf Milch und daraus hergestellte Produkte verzichten müssen sie deshalb aber nicht. Mithilfe moderner Prozesstechnik kann die Laktose leicht aus der Milch entfernt werden.
Milchzucker ist ein Zweifachzucker, der aus den Bausteinen Glukose und Galaktose besteht und natürlicherweise in Milch vorkommt. Um die fünf Gramm pro 100 Milliliter enthält klassische Trinkmilch. Die Laktosegehalte von Buttermilch, Kefir oder Milchmixgetränken schwanken je nach Herstellungsweise und Zusammensetzung zwischen drei und sechs Gramm pro 100 Milliliter. Für Menschen mit einer Laktoseunverträglichkeit sind all diese Produkte eigentlich tabu. Denn ihnen mangelt es mehr oder weniger am Enzym Laktase. Das hat zur Folge, dass ihr Körper Milchzucker nicht oder – je nach Ausmaß des Enzymmangels – nur teilweise in seine leicht verdaulichen Einzelbausteine spalten kann. Er gelangt stattdessen unverdaut in den Dickdarm und sorgt dort für ein Durcheinander.
Noch gravierender als eine Laktoseunverträglichkeit ist die sehr seltene, angeborene Stoffwechselerkrankung Galaktosämie. Diese wird in Deutschland üblicherweise beim Neugeborenenscreening erkannt. Für die Neugeborenen ist eine unerkannte Galaktosämie unter Umständen sogar lebensbedrohlich. Menschen mit Galaktosämie müssen ein Leben lang streng auf eine laktose- und galaktosefreie Ernährung achten.
Bisher existiert kein gesetzlicher Grenzwert für laktosefreie Produkte. Im Fall von Milch- und Milcherzeugnissen verfügen die Hersteller über sogenannte Ausnahmegenehmigungen, die es ihnen erlauben, laktosefreie Produkte unter bestimmten Voraussetzungen herzustellen. So ist zum Beispiel geregelt, dass die Produkte weniger als 0,1 % Laktose enthalten müssen.
So wird laktosefreie Milch hergestellt
Der Trick bei der Herstellung laktosefreier Milch geht so: Durch den Zusatz von Laktase wird der körpereigene Spaltungsprozess von Laktose in die Einfachzucker Glukose und Galaktose vorverlagert. Laktase wird aus Hefen oder Schimmelpilzen gewonnen. Das Enzym macht während der Herstellung genau das, was eigentlich erst im menschlichen Dünndarm passiert.
Das ist übrigens auch der Grund, weshalb laktosefreie Milch süßer schmeckt, als ihr Ausgangsprodukt. Glukose und Galaktose haben eine viel höhere Süßkraft als Milchzucker. Alternativ kann Laktose auch mit speziellen Membranfiltern praktisch aus der Milch herausgefischt werden. Dabei bleiben alle sonstigen Milchbestandteile wie Calcium oder Eiweiß unverändert erhalten.
Eine nach diesen Verfahren hergestellte Milch gilt als „laktosefrei“ – auch wenn kleine Laktosemengen von weniger als 0,1 Gramm pro 100 Milliliter in der Milch verbleiben können. Das steht dann auch auf der Packung solcher Milcherzeugnisse. Milch, die mittels Membranfilter behandelt worden ist, enthält noch weniger Laktose und natürlich auch keine Galaktose und Glucose.
Mangels gesetzlicher Regelungen gilt im Übrigen für alle als „laktosefrei“ beworbenen Lebensmittel, die nicht mit laktosefreien Milcherzeugnissen hergestellt worden sind, ein Richtwert von maximal 0,01 g Laktose und/oder Laktoseabbauprodukten je 100 g des verzehrfertigen Lebensmittels – also ein deutlich niedrigerer Gehalt. Diese Produkte sind auch für Menschen mit Galaktosämie geeignet. Von diesen Regelungen profitiert am Ende der Verbraucher. Denn wem Milch auf den Magen schlägt und wer deshalb gezielt laktosefrei einkauft, kann sich auf die Verpackungsangaben verlassen.
So hat beispielsweise erst kürzlich das "Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit" einige Untersuchungsergebnisse dazu veröffentlicht. Demnach wurden durch die Behörde seit 2013 insgesamt 65 Proben laktosereduzierter Milch und Milchprodukte auf ihren tatsächlichen Laktosegehalt überprüft. Allesamt waren ohne Beanstandungen.
Über die Autorin dieses Beitrags
Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.
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