Die Getränkeprüferin

Gerstensaft glutenfrei genießen

Von Nicole Oschwald
Aktualisiert am 27. Dez. 2018

Feierabendsonne im Biergarten. Ein Allergiker trinkt ein Weizenbier. Nichts passiert. Anders als ein normales Hefeweizen enthält sein Weißbier kein Gluten. Das Eiweiß, das sein Körper nicht verdauen kann, hat die Brauerei nämlich aus dem Gerstensaft entfernt. Doch wie geht das - Weizenbier ohne Weizen?

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Geschätzt über 300.000 Deutsche leiden an der Darmkrankheit Zöliakie und damit unter einer Unverträglichkeit von Getreideproteinen. Die einzige Therapie: eine glutenfreie Ernährung, ein Leben lang. Glutensensitive Menschen wissen oft nicht, was sie überhaupt essen oder trinken dürfen. Viele Lebensmittel enthalten das Klebereiweiß, das in verschiedenen Getreidearten vorkommt und das ihr Körper nicht verträgt. Alkoholische Getränke, die aus Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer oder Gerste (Malz) gewonnen werden, sollten glutensensible Menschen deshalb meiden. Das gilt besonders für Bier. Denn das wird gemäß Reinheitsgebot aus Wasser, Hopfen und Gerstenmalz gebraut, im Falle von Weißbier auch aus Weizen.

Dennoch müssen Menschen mit einer Glutenintoleranz nicht auf Bier verzichten. Brauereien brauen auch glutenfrei. Und das Angebot in dieser Nische wächst. Sogar Weizenbier, eigentlich sehr glutenhaltig, gibt es inzwischen 100 % glutenfrei. Wie geht das? Brauereien brauen glutenfreie Biere in der Regel aus glutenfreien Ausgangsstoffen wie Mais, Reis oder Hirse. Oder sie entfernen, wie im Fall des glutenfreien Weizenbiers, das Gluten aus dem Bier. Dafür gibt es technologische Verfahren.

Damit sich ein Produkt „glutenfrei“ nennen darf, muss es sehr strenge Auflagen erfüllen. Laut geltendem EU-Lebensmittelrecht darf ein Lebensmittel nur dann so gekennzeichnet werden, wenn es weniger als 0,002 Prozent Gluten enthält. Häufig ist die Aufschrift „glutenfrei“ durch ein Symbol ergänzt, das eine durchgestrichene Ähre zeigt. Dieses Signet wird von der „Deutschen Zöliakie Gesellschaft“ vergeben und verpflichtet die Hersteller, regelmäßig ihre Produkte überprüfen zu lassen.

Die kontinuierliche Überwachung von glutenfreien Produkten, wie sie auch in den Laboren der SGS gemacht wird, ist sehr wichtig. Denn die Gesundheit von Zöliakiepatienten hängt von der korrekten Kennzeichnung glutenfreier Nahrungsmittel ab. Sie müssen sich absolut auf die Angaben auf Lebensmitteln verlassen können. Wenn eine Brauerei sowohl glutenfreies Hirsemalz als auch handelsübliches Gerstenmalz verwendet, muss sie eine Vermischung – Fachleute sprechen von Kreuzkontamination – zwingend ausschließen. Gleichzeitig sollten die Braumeister einzelne Produktchargen vor Auslieferung in einem Labor analysieren lassen. Nur so können glutensensible Menschen wirklich sicher sein, dass sie ein glutenfreies Bier am Feierabend bedenkenlos genießen können.

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Über die Autorin dieses Beitrags

Nicole Oschwald ist staatlich geprüfte-Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Kundenbetreuung am Freiburger Standort von SGS Institut Fresenius. Das dortige Labor ist Kompetenzzentrum für die Analyse von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, Fleisch- und Wurstwaren und Tierarzneimittelrückständen. Eine weitere Spezialität des Standorts ist die Aromaanalyse, die für die Getränke- und Lebensmittelindustrie eine große Rolle spielt. Mehr über die Dienstleistungen der SGS erfahren Sie auf www.sgsgroup.de und www.sgs-institut-fresenius.de.   

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