Andere Länder, andere Portionen: Wie viel ist eigentlich viel?
Andere Länder, andere Sitten – und auch andere Portionsgrößen. Wie stark unterscheiden sich die Portionen und wie beurteilt man, was eigentlich "normal" ist? Werden auch in Deutschland mittlerweile die Portionen immer größer?
Andere Länder, andere Portionen
Ich komme gerade aus dem Sommerurlaub – wir sind durch den mittleren Westen der USA gereist. Dort kann man sich unter anderem das berühmte Nationalmonument „Mount Rushmore“ anschauen. Das ist der Berg, in den vier Präsidentenköpfe geschlagen wurden: George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt, Abraham Lincoln. Man erfährt dort viel über die Entstehung des Denkmals, die Geschichte der USA und die einzelnen Präsidenten.
Wussten Sie zum Beispiel, dass Thomas Jefferson das erste Eiscreme-Rezept in Amerika geschrieben hat? Dieses Eis kann man auf dem Mount Rushmore-Gelände natürlich kaufen. Es sieht total lecker aus. Deshalb haben wir uns in die Schlange vor dem Eisstand eingereiht. Kurz bevor ich an der Reihe war, habe ich die Dame vor mir (die gerade eine riesen Eisportion in einer Waffel entgegennahm) gefragt, wie viele Kugeln sie denn da bestellt hätte. „This is regular“ („Das ist die Normalportion“) war ihre Antwort. Zum besseren Verständnis: die Eisportion, die sie da gerade bekommen hatte, entsprach in etwa 4 Kugeln in einer deutschen Eisdiele...
Ich war einigermaßen geplättet, kam allerdings nicht mehr dazu zu sagen, dass ich lieber „something a bit smaller“ hätte, als mir die freundliche Verkäuferin bereits eine Monsterportion „regular“ über die Theke reichte. Okay, das Eis war sehr lecker und ich esse sehr gerne Eis, also hab ich’s aufgegessen. Meine Kinder allerdings nicht. Die haben tatsächlich einen Teil ihres Eises am Ende weggeworfen. Haben Sie das schon mal erlebt – Kinder, die ihr Eis wegwerfen...?
Portionen werden auch in Deutschland immer größer
Ich muss Ihnen wahrscheinlich nicht erzählen, dass man in den USA (besonders auf dem Land) viele sehr, sehr, sehr, sehr übergewichtige Menschen sieht. Gleichzeitig sieht man 2-Jährige mit 0,5-Liter-Bechern Limonade in der Hand, 5-Jährige mit Eisportionen wie oben beschrieben und die Erwachsenen freuen sich über Pizzen mit mehr als einem halben Meter Durchmesser. Auf uns wirkt das alles völlig übertrieben und teilweise regelrecht skurril. Dort ist es normal. Niemand stört sich dran.
Und genau das finde ich besorgniserregend, denn die riesigen Portionen schwappen langsam, aber sicher auch zu uns herüber. In den großen Kinos in meiner Heimatstadt kann man Cola in 1,5-Liter-Bechern kaufen. Und die Popcorn-Portionen stehen dem in nichts nach. Ich persönlich finde das nicht normal. Und ich finde es bedenklich, wenn eine Generation von Kindern so konditioniert wird, dass Megaportionen als „cool“ und normal empfunden werden.
Wie beurteilt man, ob eine Portion „normal“ groß ist?
Dafür gibt es ein System, das so simple wie genial ist. Die eigene Hand. In der Regel ist das, was in eine Hand passt, eine normale Portion. Bei großen Menschen ist eine Portion größer, weil die Hände größer sind. Bei Kindern ist eine Portion kleiner, weil die Hände klein sind. Bei Gemüse nimmt man zwei Hände, um eine normale Portion abzumessen. Mit diesem einfachen „Pi-mal-Daumen“-System kann jeder beurteilen, ob das, was auf seinem Teller liegt, möglicherweise zu viel ist.
Manch’ einer von Ihnen wird jetzt wahrscheinlich denken: Was für ein banaler Tipp... Doch man kann leider gar nicht oft genug betonen wie wichtig es ist, sich von klein auf beim Essen an vernünftige Portionsgrößen zu gewöhnen bzw. gewöhnt zu werden. Was ansonsten passiert, leben uns die Amerikaner vor.
Herzlichst,
Dr. Alexa Iwan
Dipl. Ökotrophologin