Perinatale Programmierung
Die perinatale Programmierung beschäftigt sich mit den Grundlagen für Übergewicht, die bereits im Mutterleib gelegt werden. Kann das Körpergewicht eines Kindes schon so früh geprägt werden?
Eine Sache, die mir sehr am Herzen liegt, ist Übergewicht im Kindesalter. Ich bin ausgebildete Adipositastrainerin für Kinder und Jugendliche und sehe mit Erschrecken, wie die Zahl der übergewichtigen Kinder in den letzten Jahren immer weiter ansteigt.
Deshalb möchte ich hier gerne auf eine wissenschaftliche Erkenntnis hinweisen, die leider noch viel zu wenig bekannt ist, die sogenannte perinatale Programmierung. Man könnte auch sagen: Fehlprogrammierung.
Was bedeutet perinatale Programmierung?
Perinatale Programmierung bedeutet, dass die Grundlagen für Übergewicht unter Umständen bereits im Mutterleib gelegt werden. Nämlich dann, wenn die werdende Mutter entscheidende „Fehler“ während empfindlicher Entwicklungsphasen des Embryos macht.
Zu deutsch: Wie sich Mama während der Schwangerschaft ernährt, was sie isst und wie viel sie wiegt, beeinflusst den kindlichen Stoffwechsel.
Studien belegen, dass Kinder von übergewichtigen Müttern, die möglicherweise auch noch rauchen und in der Schwangerschaft viel an Gewicht zulegen, ein deutlich erhöhtes Risiko haben, im späteren Leben ebenfalls übergewichtig zu werden.
Warum ist das so?
Das heranwachsende Baby lernt bereits im Bauch von der Mutter. Das Baby lernt, wie sein Stoffwechsel funktionieren soll, das Geschehen hingegen übernimmt es über die Plazenta und die Nabelschnur.
Nur: Wenn die Mutter überernährt ist und möglicherweise bereits einen (durch das Übergewicht) gestörten Glukosestoffwechsel hat, dann lernt der Körper des Babys das Falsche. Der Stoffwechsel wird bereits vor der Geburt fehlprogrammiert.
Bestimmte „Soll-Werte“ (zum Beispiel für die Insulinausschüttung) werden zu hoch eingestellt, was dazu führt, dass das Kind im späteren Leben stets zu viel Insulin ausschüttet. Und somit ständig Hunger hat, übermäßig Gewicht zunimmt und Gefahr läuft Diabetes (Zuckerkrankheit) zu entwickeln.
Die richtige Ernährung ist wichtig
Ein Risiko, welches vielen werdenden Müttern und Frauen mit Kinderwunsch, meiner Beobachtung nach, gar nicht bewusst ist. Deshalb mein Appell an alle Schwangeren und alle Frauen, die schwanger werden möchten: Achten Sie auf Ihre Ernährung!
Natürlich sind krasse Gewichtsabnahmen während der Schwangerschaft völlig unangebracht, aber bitte versuchen Sie sich ausgewogen, frisch und abwechslungsreich zu ernähren und essen Sie nicht „für zwei“. Sie legen in diesen Monaten den Grundstein für die „Gewichtskarriere“ Ihres Kindes.
Wie beeinflusst Stillen das Körpergewicht?
Der Begriff „perinatal“ beschreibt allerdings nicht nur den Zeitraum vor der Geburt, sondern bezieht sich auch auf das Neugeborene. Es gilt heute als unbestritten, dass Stillen die beste Ernährung für Säuglinge ist.
Allerdings denken die meisten Menschen in diesem Zusammenhang an Schutzstoffe und immunologisch wirksame Substanzen in der Muttermilch. Weniger bekannt ist, dass gestillte Kinder ein geringeres Risiko für Übergewicht im späteren Leben haben. Der Effekt ist umso ausgeprägter, je länger gestillt wird (bis etwa zum 8. Monat).
Der Grund für das geringe Übergewichtsrisiko gestillter Babys könnte darin liegen, dass Stillbabys weniger Energie aufnehmen als Flaschenkinder, da Trinken aus der Mutterbrust für das Baby anstrengender ist als Trinken aus der Flasche.
Neuere Untersuchungen zeigen zudem, dass Muttermilch weniger Eiweiß enthält als Säuglingsmilchpulver. Möglicherweise spielt dies auch eine Rolle. Auf jeden Fall resultiert aus diesen Erkenntnissen das eindringliche Plädoyer für das Stillen, welches ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen möchte.
Herzlichst
Dr. Alexa Iwan
Dipl. Ökotrophologin