Wie viel Alkohol ist in Ordnung?
Glühweintrinken hier, Weihnachtsfeier dort: Gerade in der Adventszeit trinken wir schnell mehr Alkohol, als uns gut tut. Professor Ingo Froböse erklärt, warum Alkohol fett statt fit macht, und warum nüchtern bleiben sollte, wer ein ehrgeiziges sportliches Ziel hat.
Hatten Sie schon Ihre Betriebs-Weihnachtsfeier, liebe EAT SMARTER-Leser? Dann kann sich der ein oder andere von Ihnen sicher noch lebhaft daran erinnern, wie es sich anfühlte, mit „dickem Kopf“ aufzuwachen. Der Körper giert nach salzigen, fettigen Lebensmitteln, die einzige sportliche Aktivität, zu der Sie sich aufraffen können, ist ein kurzer Spaziergang, um den Kopf zu lüften.
Fest steht also: Wer verkatert ist, der bewegt sich nicht gern. Sich mit einem Kater ins Fitnessstudio zu schleppen oder zur Joggingrunde zu starten, ist ohnehin nicht empfehlenswert, denn durch den schlappen Körper- und Gemütszustand schleichen sich schnell Fehler in das Training ein, und die Gefahr, sich zu verletzen, steigt.
Doch wie wirken moderate Alkohol-Dosen wie das abendliche Glas Bier auf den Körper? Sollten Sportler ganz auf Alkohol verzichten? Und machen Bier, Wein und Co. unseren Fitness-Zielen einen Strick durch die Rechnung? Diese Fragen möchte ich Ihnen heute aus meiner Sicht als Sportwissenschaftler – und bekennender Weinliebhaber – beantworten.
1. Was macht Alkohol mit unserem Körper?
Wer schon einmal Ski- oder Snowboard-Urlaub gemacht hat, kennt die frustrierende Erfahrung, trotz einer Woche gesteigerter sportlicher Aktivität mit einer kleinen Wampe aus dem Schnee zurückzukehren. In der kritischen Rückschau, wenn die Zahl der Weizenbiere, Jagertees und Mixgetränke zusammengezählt werden, lässt sich die Gewichtszunahme erklären; denn Alkohol, insbesondere Spirituosen, enthält viele leere Kalorien. Wenn wir trinken, führen wir dem Körper Energie zu, aber keinerlei Nährstoffe.
Unter Alkoholeinfluss steigt unser Appetit auf ungesunde, fettige Snacks; kein Wunder, denn Alkohol geht schnell ins Blut und die oft enthaltenen Kohlenhydrate sorgen für eine rasche Insulinausschüttung. Wenn der Blutzucker absackt, bekommen wir Appetit auf hochkalorische Nahrungsmittel wie Chips, Flips oder Nüsse. Besonders fies: Unter Alkoholeinfluss essen wir nicht nur mehr ungesunde Dinge, sondern diese schlagen auch noch besonders auf die Hüften! Der Körper erkennt Alkohol sofort als gefährliche Substanz und macht sich an dessen Abbau. In der Folge verlangsamt sich der Fettstoffwechsel, und weniger Körperfett wird abgebaut.
Wer eine Zeit lang regelmäßig größere Mengen Alkohol getrunken hat, fühlt sich häufig schlapp und energielos. Ein Grund dürfte (neben fehlendem Schlaf) darin liegen, dass Alkohol die Magen-Darm-Aktivität beeinträchtigt. Verdauungsvorgänge dauern länger, und Nährstoffe, vor allem Vitamine und Mineralien, werden schlechter aufgenommen. Hinzu kommt, dass wir unter Alkoholeinfluss öfter zur Toilette müssen. Die Nährstoffe, die der Körper noch nicht resorbiert hat, werden so vermehrt ausgeschieden.
2. Macht es einen Unterschied, welchen Alkohol man trinkt?
Alkohol ist und bleibt ein Zellgift, das immer eine Belastung für den Organismus darstellt. Je hochprozentiger der Alkohol, desto mehr Kalorien enthält er und desto größer sind seine Auswirkungen.
Natürlich macht ein Schluck Alkohol nicht alles zunichte, aber „die Dosis macht das Gift“: Wer seine sportlichen Ziele erreichen möchte, sei es beispielsweise die Teilnahme an einem Halbmarathon, ein Sixpack oder knackige Oberschenkel, sollte lieber einen Gang zurückschalten: Trinken Sie vor, bei und nach geselligen Anlässen viel Wasser und nehmen Sie Alkohol am besten in Form von Schorlen zu sich.
Ganz wichtig: Verzichten Sie nach dem Sport beziehungsweise in der Regenerationsphase auf Alkohol! Denn gerade in diesen Phasen werden vermehrt Nährstoffe für den gesamten Organismus benötigt, deren Aufnahme welche durch Alkoholkonsum eingeschränkt wird.
200 ml Rotwein (10%) | 162 kcal |
500 ml Bier (Pils. 4-5 %) | 210 kcal |
100 ml Wodka (43%) | 227 kcal |
3. Dauert der Muskelaufbau länger, wenn man Alkohol trinkt?
Generell verlangsamt oder hemmt das Zellgift Alkohol viele Vorgänge im Körper. Dazu kommt die erhöhte Ausscheidung und verminderte Resorption von Wasser und Nährstoffen, wie Proteinen, Vitaminen und Mineralien, die für den Muskelaufbau sehr wichtig sind. Zu viel Alkohol senkt außerdem den Spiegel des Hormones Testosteron, das eine muskelaufbauende Wirkung hat.
Eine Studie deutet auch auf eine verminderte Leistungsfähigkeit 2 beziehungsweise 3 Tage nach einem intensiven Krafttraining und anschließend Alkoholkonsum hin.
Wer regelmäßig Alkoholmissbrauch betreibt, riskiert zudem eine sogenannte Muskelatrophie, also den Abbau der Skelettmuskulatur.
4. Bei welchen sportlichen Zielen sollte man ganz auf Alkohol verzichten?
Für Leistungssportler und Personen, die regelmäßig Wettkämpfe bestreiten, herrscht ohnehin Alkoholverbot; zu groß wären die Leistungseinbußen, die sie hinnehmen müssten. Jeder kennt Ausnahmen von der Regel; doch Sportler, die auf ein Ziel fokussiert sind, werden von Alkohol die Finger lassen. Ähnliches gilt für hochintensive Sportarten wie Marathon, Schwimmen oder Rudern.
Damit der Körper seine volle Leistungsfähigkeit ausschöpfen kann, sollten zwischen einem wichtigen Wettkampf und dem letzten Kater mindestens zwei Wochen liegen.
Meine Meinung ist: Egal, welche sportlichen Ziele Sie sich setzen, sollten Sie Ihren Körper nicht mit übermäßigem Alkoholkonsum belasten.
5. Hat Alkohol eventuell auch positive Effekte?
Sicher haben Sie schon von der gesundheitsfördernden Wirkung eines Glases Rotwein gehört. Der im Wein enthaltene sekundäre Pflanzenstoff Resveratrol senkt den Blutdruck, schützt damit das Herzkreislaufsystem und soll den Fettstoffwechsel der Leber dahingehend verändern, dass Fett hier nicht mehr angelagert, sondern, im Gegenteil, abgebaut wird.
Wer hofft, sich jetzt bedenkenlos Glas um Glas kredenzen zu könne, irrt jedoch: Mehr als ein Glas des roten Weins hebt den Effekt des Resveratrols auf.
Bier wiederum ist reich an allen wichtigen B-Vitaminen, welche für den Stoffwechsel und die Blutbildung wichtig sind. Außerdem gibt es Indizien dafür, dass Bier eine krebshemmende Wirkung haben könnte. Allerdings treffen diese beiden Attribute auch auf alkoholfreies Bier zu.
Die genannten Vorteile lassen sich aber durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität erreichen.
6. So geht moderater Alkoholkonsum
Meine Empfehlung für alle, die Wert auf einen gesunden, aber nicht genussfeindlichen Lebensstil legen: Trinken Sie Wein, Bier oder Mixgetränke bewusst und nicht mehr als ein bis zwei Gläser am Tag.
Achten Sie darauf, pro Woche mindestens drei alkoholfreie Tage einzulegen. Ich zum Beispiel gönne mir an 2 bis drei Tagen die Woche ein Glas schönen Rotwein und trinke an den anderen Abenden Wasser oder Tee.
Der entspannende Effekt, der Alkohol oft nachgesagt wird, lässt sich viel besser und nachhaltiger durch eine Runde Fußball Spielen, Joggen oder eine Stunde Yoga erreichen; denn wer körperlich aktiv ist, entlastet sich aktiv vom Stress des Tages und kann danach gestärkt durchstarten.
Ich wünsche Ihnen eine genussvolle Weihnachtszeit!
Ihr Ingo Froböse