Vorsicht: Vitaminpillen verkürzen das Leben
Vitaminpräparate können das Leben verkürzen, diese Meldung sorgte im Oktober 2011 für Schlagzeilen. Dabei galten die Pillen doch lange Zeit als gesunde Nahrungsergänzungsmittel, die sogar vor Krankheiten schützen. Doch immer mehr Forscher warnen vor den Präparaten. EAT SMARTER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Zu welchen Erkenntnissen kommt die Studie?
Die Forscher der Vitamin-Studie fanden für ihre Ergebnisse deutliche Worte: "Der weit verbreitete Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln ist aufgrund der vorliegenden Daten in keiner Weise zu rechtfertigen", schreiben sie in dem Artikel, der in den Archives of Internal Medicine erschienen ist. Der Grund: Die untersuchten Nahrungsergänzungsmittel würden das Leben eher verkürzen, als es zu verlängern. Dies zeigte sich bei Eisen-Präparaten, bei Multivitaminen, Vitamin B6, Folsäure, Magnesium, Zink und Kupfer. Insgesamt hatten die Forscher von der University of Eastern Finland und der University of Minnesota um Studienleiter Jaakoo Mursu seit 1986 rund 40 000 ältere Frauen der Iowa Women's Health Study begleitet. Dabei mussten diese angeben, welche Vitamine und Mineralstoffe sie in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nahmen. Bis Ende 2008 waren 15 594 der Frauen gestorben. Bei der Auswertung fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und Nahrungsergänzungsmitteln: Das Sterberisiko stieg bei Einnahme von Kupfer um 18 Prozent, bei den übrigen Präparaten lag es zwischen 3 und 6 Prozent (Multivitamine, Eisen, Folsäure, Vitamin B6, Zink, Magnesium). Als Vergleichsgruppe wurden jeweils Frauen genommen, die diese Zusatzstoffe nicht eingenommen hatte. Die Studie hat allerdings einen Haken: Auf den individuellen Gesundheitszustand der Testpersonen wurde nicht eingegangen. Während Kritiker gerade hier die größte Schwäche der Studie sehen, halten die Autoren die Ergebnisse dennoch für aussagekräftig. Nur ein positives Ergebnis konnten die Wissenschaftler vermelden: Die regelmäßige Einnahme von Kalzium kann das Leben verlängern.
Gibt es noch andere Untersuchungen?
So überraschend die Ergebnisse zunächst auch klingen mögen, neu sind sie nicht. Bereits 2008 veröffentlichten Forscher vom dänischen Chochrane-Zentrum Kopenhagen eine ähnliche Untersuchung. Für ihre Meta-Analyse hatten die Forscher 67 Fachartikel mit mehr als 230 000 Teilnehmern untersucht. Die Probanden hatten entweder antioxidatives Beta-Karotin, Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E, Selen oder ein entsprechendes Placebo bekommen. Während aus der Placebo-Gruppe 10,5 Prozent der Teilnehmer gestorben waren, traf es aus der Vitamin-Gruppe immerhin 13,1 Prozent. Schon damals war das Urteil eindeutig: "Regulierungsbehörden sollten sich endlich trauen, die Vitamin-Industrie stärker zu kontrollieren – ohne abhängig von ihr zu sein", schrieb Christian Gluud, Leiter des Chochrane-Zentrums.
Sind Vitaminpräparate überhaupt sinnvoll?
"Wir wissen heute, dass allgemein die Aufnahme von Vitaminen durch Zusatzpräparate nicht zu empfehlen ist", sagt auch EAT SMARTER-Expertin Birgit Zyriax. Aber dennoch: Es gibt auch Menschen, bei denen Nahrungsergänzungsmittel mögliche Defizite ausgleichen können. Dazu gehören Schwangere, Stillende, Kinder, Vegetarier, ältere oder kranke Menschen. Bei ihnen kann die Aufnahme sinnvoll sein, sie sollte aber in Rücksprache mit einem Arzt geschehen. Zu diesem Ergebnis kommen auch die Forscher um Jakkoo Mursu: "Wir empfehlen sie nur aus rein medizinischen Gründen zu nehmen, etwa wenn ein Mangel besteht." Von einer Selbstmedikation raten sie ab. Manchmal können die Nahrungsergänzungsmittel, falsch konsumiert, aber auch das Gegenteil bewirken, wie eine ebenfalls im Oktober 2011 veröffentlichte Studie zeigt: Im Fachmagazin JAMA berichten Forscher, dass die regelmäßige Einnahme von Vitamin-E-Präparaten das Risiko für Prostata-Krebs bei gesunden Männern deutlich erhöht. Hier traf es vor allem die Männer, die die Präparate in zu hohen Dosen eingenommen hatten.
Woher soll ich meine Vitamine denn sonst bekommen?
Natürlich sind Vitamine wichtig, sind sie doch für eine Reihe wichtiger Körperfunktionen zuständig. Aber eine Versorgung ist auch ohne Nahrungsergänzungsmittel möglich. Die Lösung klingt recht banal: In unseren Lebensmitteln stecken die für uns wichtigen Vitamine und Mineralstoffe. Und zwar genau in der Form, die für unseren Körper verwertbar ist. Denn während die Vitamine in den Pillen isoliert vorkommen, nimmt man sie über Lebensmittel in Kombination mit vielen anderen, bisher unbekannten Substanzen auf, die auch einen Teil zur Wirkung beitragen. Und auch hier gilt wieder die Empfehlung: Eine abwechslungsreiche, ausbalancierte Ernährung mit viel Obst und Gemüse versorgt unseren Körper mit ausreichend Vitaminen. Roh liefern Obst und Gemüse natürlich die meisten Vitamine. Doch auch auf dem Herd lassen sich die Lebensmittel mit der richtigen Methode vitaminschonend zubereiten.
(wil)
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