Warum Sprossen verzichtbar sind
Kleine Sprossen, große Gefahr: Nach wochenlangem Rätseln scheint die Ursache für die EHEC-Epidemie gefunden zu sein. Am Freitagvormittag sagte der Leiter des Robert-Koch-Instituts Reinhard Burger, dass es wohl die Sprossen sind, am Freitagnachmittag meldete das Nachrichtenportal Spiegel Online, dass die Erreger nun offenbar auch zum ersten Mal auf den Sprösslingen nachgewiesen werden konnte. Für eine gesunde Ernährung sind die Sprossen nun aber auch durchaus verzichtbar.
Wer bei Google das Suchwort „Sprossen“ eingibt, findet derzeit zwar an oberster Stelle Meldungen zur aktuellen Lage in Sachen EHEC. Derzeit rät das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) von dem Verzehr von rohen Sprossen ab. Da derzeit vermutet wird, dass der Erreger möglicherweise schon im Saatgut steckt, gilt diese Warnung auch für selbstgezogene Sprossen. Gleich darunter aber geht es los mit einer wahren Flut von Lobpreisungen: Kleine Gesundheits-Wunder sollen die kleinen Keimlinge angeblich sein, beim Keimen soll ihr Vitamingehalt um das 700-fache ansteigen, außerdem sollen sie zahlreiche Ballast- und Mineralstoffe liefern. Kein Wunder also, dass viele Fans der zarten Rohkost-Minis von den aktuellen Warnmeldungen verunsichert sind und sich fragen, ob bei Sprossenverzicht nicht Vitaminmangel droht.
Vitamin-Gehalt in Sprossen
Da haben wir nun aber eine richtig gute Nachricht: Der Verzicht mag für alle, die frische Keimlinge auf Salat oder Butterbrot lieben, schwer sein – gesundheitlich aber ist der Verlust leicht zu verschmerzen. Denn es stimmt zwar, dass Sprossen relativ reich an günstigen Stoffen sind. Aber wenn man bedenkt, wie viel davon man normalerweise isst, spielt das für unsere Nährstoffbilanz kaum eine Rolle. Schließlich sind die knackigen Kleinen federleicht, was bedeutet: Selbst wenn man viel davon isst, kommt man kaum über 40 g. Um die viel gepriesenen Inhaltsstoffe wirklich in nennenswerten Mengen zu bekommen, müsste man die meisten Keimlinge also pfundweise essen. Beispiel Vitamin C: Angeblich sollen Sprossen ja eine „Vitaminspritze“ sein. Die nüchternen Fakten zeigen jedoch, dass sie weit hinter anderem Gemüse und Kräutern liegen. Unsere Tabelle zeigt das auf einen Blick:
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Gesundheitswert von Sprossen
Für unsere Vitaminversorgung brauchen wir Sprossen und Keimlinge also keineswegs. Und so gesund, wie viele behaupten, sind sie sowieso nicht. Eher im Gegenteil: Schon vor der EHEC-Epidemie kamen die Winzlinge immer wieder mal als Bakterienschleudern in Verruf. Das letzte Mal ist gar nicht lange her: Erst Anfang Mai, noch vor Ausbruch von EHEC, wies das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass 59 Einzelproben einer Untersuchung schon nach wenigen Tagen Lagerung eine teilweise erhebliche Belastung mit krankmachenden Bakterien und Viren aufwiesen. Listerien, Salmonellen, E. coli-Bakterien oder Viren wie Noroviren oder Hepatitis A-Viren haben bei Wärme und Feuchtigkeit nämlich ein ideales Lebensklima. Auf Sprossen vermehren sie sich explosionsartig. Das BfR riet schon zu diesem Zeitpunkt Menschen mit geschwächtem Immunsystem vom Verzehr frischer, roher Sprossen ab.
Verzichtbare Sprossen
Unser Fazit: Sprossen sind lecker und dekorativ, aber ihr so hartnäckig beschworener gesundheitlicher Wert ist verschwindend gering im Vergleich dazu, dass sie andererseits durch ihre Struktur und durch die für ihre Aufzucht nötigen, ungünstigen Bedingungen (feuchte Wärme) der Gesundheit schaden können. So lange das RKI und der BfR von ihrem Verzehr abraten, hält man sich am besten daran. Und für die Zeit danach gilt: Wer Sprossen mag und gesund ist, kann sie sich schmecken lassen – sollte aber in jedem Fall beherzigen, was das BfR ganz grundsätzlich rät: Alle frischen Sprossen möglichst bald verbrauchen und vor dem Essen unbedingt sehr gründlich unter fließendem Wasser waschen, um eine mögliche Keimbelastung wenigstens zu verringern. Wer ganz sicher gehen will, kann die Sprossen auch einige Sekunden lang in kochendes Wasser tauchen.
(koe)
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