Meine Low-Carb-Erfahrung: Der Fitness-Selbsttest
Redakteurin Friederike hat sich in die Fitness-Bubble begeben und die Ernährung für 13 Wochen angepasst. Auf dem Speiseplan stehen: Low Carb und High Protein.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Low-Carb-Ernährung?
- Was passiert bei Low Carb?
-
Low-Carb-Erfahrung im Selbsttest
- Welche Lebensmittel darf man bei einer Low-Carb-Ernährung essen?
- Meine Erfahrungen mit Low Carb in der Praxis: Der Einstieg
- Wie schnell sieht man Erfolge bei Low-Carb?
- Was ist der Nachteil von Low-Carb?
- Positive Low-Carb-Diät Erfahrungen
- Low-Carb-Erfahrung: Die Zeit danach
- Low-Carb-Erfahrung: Das Fazit
Der Low-Carb-Trend hält sich schon lange, viele Anhänger wollen abnehmen, andere möchten ihr Gewicht halten oder ihrem Körper einfach etwas Gutes tun. Gerade in Kombination mit viel Eiweiß praktizieren auch Sportlerinnen und Sportler diese Ernährungsweise. Ich habe den Selbsttest gemacht und berichte von meinen ganz persönlichen Erfahrungen mit Low Carb.
Was ist eine Low-Carb-Ernährung?
Bei Low Carb beziehungsweise No Carb werden Kohlenhydrate in der Ernährung stark minimiert. Sie gehören neben Eiweiß und Fett zu den drei Makronährstoffen, die unseren Körper mit Energie versorgen, wobei Kohlenhydrate dabei die Hauptrolle einnehmen. Vor allem Sättigungsbeilagen wie Brot, Pasta, Reis und stärkehaltiges Gemüse, etwa Kartoffeln, Möhren, Bete, Kürbis und Co sind voller Carbs und werden bei dem Ernährungstrend durch stärkearmes Gemüse, gesunde Fette und Eiweißkomponenten ersetzt.
Mehr dazu lesen Sie hier: Low-Carb-Ernährung: Ein Beginner's Guide
Was passiert bei Low Carb?
Wird die Zufuhr von Carbs stark reduziert, muss sich unser Körper eine andere Energiequelle suchen. Er beginnt, Körperfett als Hauptenergiequelle anzuzapfen. Der Organismus verfällt in die sogenannte Ketose und Fettreserven werden abgebaut. So kann das Körpergewicht reduziert werden.
Passend dazu: Welche Funktion haben Kohlenhydrate im Körper?
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Low-Carb-Erfahrung im Selbsttest
Ich persönlich habe noch nie irgendwelche Crash-Diäten oder Ernährungstrends ausprobiert, außer vielleicht eine pflanzenbetonte, ausgewogene Ernährung. Doch dann kam mein Mann mit der Idee nach Hause, eine Fitness-Challenge zu machen: In 13 Wochen so viel aus dem Körper rausholen wie möglich, mit viel Training und natürlich angepasster Ernährung. Das heißt: keine Carbs, dafür sehr viel Eiweiß und gesunde Fette. Hört sich erst mal gut an, auf den zweiten Blick wurde ich jedoch skeptisch.
Eine Ernährung ohne Getreide, Milchprodukte, Obst, Hülsenfrüchte und stärkehaltiges Gemüse ist nämlich gar nicht mal so ausgewogen. Aus ernährungsphysiologischer Sicht hielt ich als Ökotrophologin nichts von solchen Crash-Diäten mit vorprogrammiertem Jo-Jo-Effekt – doch selbst ausprobiert hatte ich es noch nie. Da packte mich dann doch die Neugier. Wie fühlt man sich wohl mit der Diät und wie verändert sich der Körper? Also starteten wir spontan gemeinsam das Programm: Vier- bis fünfmal die Woche Sport plus eine strikte Low-Carb-Ernährung mit Fokus auf viel Eiweiß.
Ähnlich ist übrigens die Keto-Ernährung, auch da wird auf Carbs verzichtet, der Fokus liegt jedoch auf fettreichen Lebensmitteln.
Mehr dazu lesen Sie hier: Ketogene Diät: Das steckt dahinter
Welche Lebensmittel darf man bei einer Low-Carb-Ernährung essen?
Nicht vorgesehen ist Zucker in Form von Getreide, Alkohol, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Obst bis auf Beeren und stärkehaltigem Gemüse. Übrig bleiben kohlenhydratarme Lebensmittel wie Fisch, Fleisch, Eier, gesunde Fette, stärkearmes Gemüse und Pilze.
Bei unserem persönlichen Diätplan gab es noch drei Ausnahmeregelungen:
1 x die Woche Tempeh
1 x die Woche Feta
3 x die Woche Skyr oder griechischer Joghurt
Außerdem durfte nach dem Sport eine kleine Portion Kohlenhydrate gegessen werden, selbstverständlich getreidefrei.
Im Detail sah unsere Lebensmittelauswahl so aus:
Lebensmittelgruppen | Lebensmittel |
---|---|
Gemüse und Obst | Artischocken, Aubergine, Avocado, Beeren (wie Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren), Blumenkohl, Brokkoli, Fenchel, Grüne Bohnen, Gurken, Knoblauch, Kohl, Kohlrabi, Konjakwurzel(-nudeln), Kräuter, Lauch, Mangold, Norialgen, Oliven, Pak Choi, Paprika, Pilze, Radieschen, Rettich, Salat, Sellerie, Spargel, Spinat, Sprossen, Tomaten, Zucchini, Zwiebeln |
Kohlenydrate (nur nach dem Training) |
Edamame, Karotten, Kichererbsen(-mehl, -nudeln), Linsen(-nudeln, -waffeln), Obst (zum Beispiel Banane, Apfel, Kiwi), Reis, Rote Beete, (Süß-)Kartoffeln, weiße Bohnen, Zuckerschoten |
Nüsse und Saaten |
Cashewnüsse, Chiasamen, Hanfsamen, Haselnüsse, Kokosnüsse, Kürbiskerne, Leinsamen, Macadamianüsse, Mandeln, Pekannüsse, Sesam, Sonnenblumenkerne, Walnüsse |
Öle und Fette |
Butter (in Maßen), Hanföl, Kokosöl, Olivenöl |
Proteine |
Eier, Feta, Fisch (vor allem fettreicher Seefisch wie Lachs), Geflügel, griechischer Joghurt, Lamm, Rind, Scampis, Schwein (in Maßen), Skyr, Tempeh |
Snacks |
Avocado, hartgekochte Eier, Nüsse, Rohkoststicks |
Sonstiges (zum Kochen) |
Gewürz(-mischungen) ohne Zucker, Kokosmilch, Mandelmilch, passierte Tomaten, Tamari-Sojasoße (zuckerfrei) |
Meine Erfahrungen mit Low Carb in der Praxis: Der Einstieg
Wir sind verblüffend schnell in unsere Routinen gekommen. Die Sporttage waren durch den monatlich wechselnden Trainingsplan vorgeschrieben. Einmal die Woche stand Cardio- und sonst Krafttraining auf dem Programm. Das Essen plante ich die Woche durch, um Meal-Prep für die Arbeit vorzubereiten.
An einige Routinen wie die fehlende Hafermilch im Kaffee oder das Stück Schoki am Abend musste ich mich kurz gewöhnen, doch das Umdenken ging schneller als gedacht.
Zum Frühstück standen Eier mit Gemüse oder Skyr mit Heidelbeeren, Saaten und Nussmus auf dem Speiseplan. Da wir morgens zum Sport gingen, war nach dem Work-out eine zusätzliche Carb-Komponente in Form von etwas Banane oder Linsenwaffel dabei sowie ein Proteinshake. Am Mittag und Abend gab es immer eine Proteinkomponte wie Fleisch, Fisch, in Ausnahme auch Feta oder Tempeh, dazu Gemüse jeglicher Art, etwa Salate, Bowls, Suppen oder Ofengemüse.
Schnell war mein Rezeptordner auf dem Smartphone voll. Trotz stark eingeschränkter Lebensmittelauswahl war einiges möglich. Gerade zum Frühstück habe ich gerne experimentiert und Kaiserschmarrn, Kichererbsenbrötchen, Nussbrot und Co in getreidefrei und proteinreich zubereitet. Das Klischee, dass alle Fitness-Freaks nur Steak mit Paprika, Hähnchen mit Brokkoli oder Rührei mit Avocado essen dürfen, konnte ich also mit etwas Kreativität schnell widerlegen.
Ich muss jedoch zugeben: Obwohl ich liebend gerne in der Küche stehe und auch vor der Diät täglich frisch gekocht habe, hat mich die Ernährung einige Nerven gekostet. Wir aßen aufgrund der fehlenden Sättigungsbeilage nicht nur unglaubliche Mengen, sodass ich jeden zweiten Tag den Kühlschrank neu füllen musste, auch das Planen und Vorbereiten kostete viel Zeit und im Übrigen auch viel Geld – gerade wenn Bio geshoppt wird.
Wie schnell sieht man Erfolge bei Low-Carb?
Wenn Sie sich fragen, "Wie schnell nimmt man mit Low-Carb ab?”, in Kombi mit Sport auf jeden Fall schneller als gedacht, konnte ich feststellen. Mein Mann startete mit minimalem Übergewicht und die Pfunde purzelten ab Tag eins. Ich besaß eine Normalfigur und machte auch vorher etwas Sport, schnell merkte aber auch ich Effekte, weniger beim Körpergewicht, viel mehr strafften sich Beine, Arme und Co. Beim Training konnten wir schnell Gewichte erhöhen, somit stieg auch die Motivation und der Appetit auf Ungesundes blieb überraschenderweise völlig aus. Alle vier Wochen stellten wir uns auf eine Körperfettwaage, um die Ergebnisse festzuhalten.
Nach 13 Wochen kam die finale Abrechnung. Zu meiner Verblüffung konnte ich mein biologisches Alter um acht Jahre reduzieren und meinen Körperfettanteil von 25 Prozent auf 15 Prozent nahezu halbieren. Auch mein Mann hat über 15 Kilogramm Körpergewicht verloren und ordentlich Muskelmasse aufbauen können. Das wäre ohne den strikten Diätplan wohl kaum möglich gewesen, beziehungsweise hätte es sehr lange gedauert. Aber wo ist die Schattenseite?
Was ist der Nachteil von Low-Carb?
Einige unangenehme Erfahrungen mit der Low-Carb-Diät mussten wir tatsächlich machen. In den ersten Tagen hatten wir mit Kopfschmerzen zu kämpfen, daran lag der strikte Zuckerentzug. Auch ein unangenehmer Mundgeruch blieb für einige Tage nicht aus, daran war die Ketose schuld, in der sich unser Körper befand. Mit dem Fleisch- und Eierkonsum haderte ich stark, aber andere pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte waren in unserer Diät eben tabu. Diese und das Obst vermisste ich sehr. Auch Balsamico-Essig auf Salaten wäre nett gewesen, aber der enthält zu viel Zucker.
Bei sozialen Events und der Arbeit mussten wir das Nein sagen fleißig üben und vor allem war Vorbereitung das A & O. Wie Sie es vielleicht vom Leben als Mutter oder Vater mit kleinen Kids kennen, hatten wir immer Brotdosen mit Gemüsesticks oder Nüssen dabei, falls der Hunger unterwegs anklopft. Denn auswärts oder To-go essen war eine fast unmögliche Herausforderung.
Auch spannend: Low-Carb-Fehler vermeiden!
Positive Low-Carb-Diät Erfahrungen
Im Gegenzug spürten wir aber umso mehr positive Effekte: eine gute Verdauung und Haut, ein verbesserter Schlaf, ein hohes Energielevel, eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und weniger Rücken- oder Nackenschmerzen. Und ganz nebenbei transformierten sich unsere Körper Woche für Woche. Im Übrigen hatten wir tatsächlich keinen Hunger. Denn das, was wir essen durften, aßen wir so viel wir wollten, und ein lästiges Kalorientracken war in unserem Diätplan auch nicht vorgesehen. Also eigentlich doch gar nicht so verkehrt, so eine Crash-Diät?
Low-Carb-Erfahrung: Die Zeit danach
Was mir jedoch die ganze Zeit im Hinterkopf schwebte: Was ist, wenn die 13 Wochen um sind? Schaffen wir es, zurück in eine ausgewogene Ernährung mit gesunden, komplexen Kohlenhydraten zu kommen und dabei unsere Figur zu halten? Vor allem ohne das ganze tierische Protein, denn das möchte ich nicht nur aus Tierwohl- und Umweltsicht, sondern auch der Gesundheit zuliebe dringend wieder stark reduzieren.
Bei einer Low-Carb-Ernährung bestehen nämlich einige Risiken: Oft werden zu wenig Ballaststoffe zugeführt und vermehrt Tierisches verzehrt. Die häufig hohe Fettaufnahme könnte das Risiko für chronische Erkrankungen erhöhen und durch die eingeschränkte Lebensmittelauswahl ein Nährstoffmangel entstehen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hält eine strenge kohlenhydratarme Ernährung auf Dauer nicht für sinnvoll und empfiehlt eine vollwertige Mischkost mit über 50 Prozent der Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten und begrenzter Fettmenge.(1)
Passend dazu: Eiweißquellen für Vegetarier
Eine Strategie für die Umstellung musste her. Die Wiedereingliederung in ein ausgewogenes Leben sah wie folgt aus: Das Sportprogramm zogen wir weiter durch, allerdings nicht mehr strikt fünfmal die Woche, sondern jeden zweiten Tag. Die Ernährung blieb größtenteils Low Carb und proteinreich, jedoch lockerten wir den Speiseplan durch Obst, Hülsenfrüchte, Tofu und Milchprodukte wie Hüttenkäse auf. Einmal am Tag gönnten wir uns eine kleine Menge Kohlenhydrate aus stärkehaltigem Gemüse wie Süßkartoffel, Rote Bete oder Möhre. So konnten wir das tierische Protein reduzieren und auch Eier wieder in humanen Maßen genießen. Was sagt die Waage? Bisher ist ein Monat vergangen und wir konnten unsere sportlichen Ergebnisse halten. Doch inwiefern sich Muskel- und Fettmasse verändern, wird die Zukunft zeigen.
Was die meisten meiner Freunde brennend interessierte: Was war unser Fastenbrechen? Anders als wir selbst 13 Wochen lang vermuteten, war es keine neapolitanische Pizza und auch kein leckeres Pastagericht, was wir sonst so liebten, es war eine halbe Ofensüßkartoffel mit Kichererbsen und Granatapfel. Zum Dessert gab es eine Medjool-Dattel mit Pistazienmus, Zartbitterschokolade (95 Prozent Kakaoanteil) und Fleur de Sel…noch nie hat ein Granatapfelkern so süß geschmeckt und eine Dattel so glücklich gemacht!
Hier finden Sie den passenden Ernährungsplan und eine Low-Carb-Einkaufsliste.
Low-Carb-Erfahrung: Das Fazit
Mein Resümee fällt überraschend positiv aus: Trotz anfänglicher Skepsis, ungesunder Nebenaspekte und viel Zeit- und Kostenaufwand würde ich die Low-Carb-Diät vor allem in Kombination mit Fitnessprogramm für einen befristeten Zeitraum wieder machen. Um schnell seine Ziele zu erreichen, ist es eine sehr effektive Methode. Jedoch halte ich es nicht für sinnvoll, diese Ernährungsweise für einen längeren Zeitraum anzustreben.
Die Gefahr vom Jo-Jo-Effekt bleibt natürlich nicht aus. Es fordert viel Disziplin, sich nach dem strikten Verzicht nicht wieder alles wie gewohnt zu gönnen, sondern dauerhaft einen gesunden Lebensstil mit etwas reduzierter Carb-Menge und genügend Eiweiß beizubehalten. Mir persönlich hilft da tatsächlich die 80/20-Regel: 80 Prozent unserer Woche versuchen wir den Lifestyle gesund und ausgewogen zu gestalten und 20 Prozent Ausnahmen dürfen auch mal sein. Denn eins ist klar: Den After-Work-Drink in der Sonne, das Stück Geburtstagskuchen im Office oder einfach mal eine Kugel Eis für gute Laune möchte ich in meinem Leben auf jeden Fall nicht missen.