Zehn Mythen rund ums Laufen
Fast jeder kennt den einen oder anderen Mythos rund um das Joggen. Und mancher Irrglaube ist fest in den Köpfen verankert. Zeit, mit ihnen aufzuräumen!
Inhaltsverzeichnis
- Die Fettverbrennung beginnt erst nach 30 Minuten
- Laufen auf Asphalt schadet den Gelenken
- Gute Laufschuhe müssen gut gedämpft sein
- Dehnen hilft gegen Muskelkater
- Wer wenig schwitzt, ist gut trainiert
- Laufen ist anstrengend
- Apfelschorle ist das beste Sportgetränk nach dem Laufen
- Mit Jogging nimmt man am besten ab
- Mit Trainingsplan in einem halben Jahr zum Marathon
- Laufen ist besser als Krafttraining
Noch ein wenig durchhalten, obwohl der Kopf schon knallrot ist und die Lunge sticht, nur noch ein paar Minuten, bis endlich die ersehnte Fettverbrennung einsetzt...
Wenige Mythen rund um den Ausdauersport halten sich so lange wie die Märchen, dass die Fettverbrennung erst nach 30 Minuten einsetzt, liebe EAT SMARTER-Leser. Gerade für Läufer, die noch nicht gut trainiert sind und noch keine 30 Minuten am Stück laufen können, ist dieser Irrglaube sehr demotivierend – genau so wie die neun anderen meist verbreiteten Mythen über das Laufen, um die es heute gehen soll! Beginnen wir gleich mit dem „Dauerbrenner“:
1) Die Fettverbrennung beginnt erst nach 30 Minuten
Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass unser Organismus seine Energie immer aus mehreren Quellen bezieht, und zwar meist parallel aus dem Fett- und dem Kohlehydratstoffwechsel. Dabei macht es überhaupt keinen Unterschied, ob sich der Körper in Ruhe befindet oder bewegt; lediglich die Menge der umgesetzten Energie, also der verbrannten Kalorien, unterscheidet sich. Je nachdem, wie lange und wie intensiv Sie sich bewegen, wird mehr Fett oder mehr Zucker (Kohlenhydrate) verbrannt, aber sicher ist: Fett ist immer dabei! Es lohnt sich also durchaus, auch kürzer zu laufen, wenn die Zeit knapp ist.
2) Laufen auf Asphalt schadet den Gelenken
Tatsächlich konnte keine wissenschaftliche Studie nachweisen, dass Laufen auf Asphalt den Gelenken schadet. Dazu passt, dass Asphaltläufer nur sehr vereinzelt über Gelenkbeschwerden klagen und dass Spitzenläufer mit ungedämpften Schuhen tagein, tagaus problemlos unzählige Kilometer hinter sich bringen. Das liegt daran, dass sich die Gelenkknorpel der Belastung durchs Laufen anpassen und dicker werden. Es ist nachgewiesen, dass Läufer viel dickere Knorpel haben als Nichtläufer. Außerdem federt auch die trainierte Beinmuskulatur der Jogger die Stöße ab, die beim Laufen entstehen.
3) Gute Laufschuhe müssen gut gedämpft sein
Das beste Federungs- und Dämpfungssystem gegen die beim Laufen entstehenden Stöße sind unsere Muskeln. Dagegen führt eine starke passive Dämpfung durch Schuhe zu Instabilität. Auf dem weichen Material stehen Ihre Füße viel wackeliger als auf einer wenig gedämpften Sohle. Etwas Dämpfung ist gut, weil unsere Fußmuskulatur verglichen mit der von Naturvölkern ziemlich verkümmert ist. Aber zu viel Polsterung schadet. Insbesondere bei Anfängern darf es aber etwas mehr sein, da die Fußgelenke noch nicht so gut auf die Form der Belastung vorbereitet sind. Je länger sie bereits laufen, desto geringer darf auch die Dämpfung des Laufschuhs ausfallen. Laut Studien leiden Läufer mit stark gedämpften Schuhen häufiger unter Beschwerden mit den Achillessehnen, weil diese durch die Dämpfung stärker beansprucht werden.
4) Dehnen hilft gegen Muskelkater
Wissenschaftliche Studien haben eindeutig gezeigt, dass Dehnübungen nicht immer helfen. Die Testpersonen dehnten nach einer anstrengenden Trainingseinheit nur eine Körperhälfte. Sie empfanden den Muskelkater auf der nicht gedehnten Seite deutlich weniger schlimm als auf der gedehnten Seite. Die Spannung der Muskulatur beim Dehnen hatte die Symptome tatsächlich noch verstärkt. Im schlimmsten Fall kann sogar das Dehnen Mikroverletzungen an der Muskulatur bewirken und dadurch den Muskelkater noch verstärken. Trotzdem sollten Sie auf sanftes (!) Dehnen nach dem Laufen nicht verzichten.
5) Wer wenig schwitzt, ist gut trainiert
Tatsächlich ist es genau umgekehrt! Bei höchster Anstrengung produzieren Untrainierte nur 0,8 Liter Schweiß pro Stunde, während gut trainierte Sportler zwischen zwei und drei Litern verlieren. Deswegen ist das Trinken vor oder nach dem Sport so wichtig! Was paradox klingt, hat eine schlüssige Erklärung: Sportler haben aktivere Schweißdrüsen, weil sie durch das regelmäßige Training viel mehr zum Einsatz kommen. Sie „wissen“ auf Anhieb, dass bei körperlicher Anstrengung ein Anstieg der Körpertemperatur zu erwarten ist, und beginnen rechtzeitig mit der Schweißproduktion. Dadurch befindet sich früher genügend Schweiß auf der Haut und kühlt den Körper durch Verdunstung. Der besser gekühlte Organismus ist leistungsfähiger als der des „Wenigschwitzers“. Um wie viel effektiver die Schweißdrüsen von Sportlern arbeiten, zeigt sich auch daran, dass sie viel weniger Mineralstoffe abgeben als die von Untrainierten.
6) Laufen ist anstrengend
Das stimmt bedingt, und zwar dann, wenn es sich beim Laufen um Leistungssport handelt. Natürlich wird es anstrengend, wenn man sich in Konkurrenz zu anderen Läufern begibt und der schnellste sein will. Aber für alle anderen, für Gesundheits-, Freizeit- und Fitnessläufer, die ihre Grundlagenausdauer trainieren, gilt das Motto „Laufen ohne zu schnaufen“ . Sie laufen dann immer so langsam, dass Sie problemlos miteinander sprechen können wie bei einem Spaziergang, und das ist nicht anstrengend.
7) Apfelschorle ist das beste Sportgetränk nach dem Laufen
Nach der Anstrengung des Laufens benötigt der Körper ein Getränk, das die Regeneration unterstützt. Bei einem Lauf von etwa einer Stunde reicht Wasser, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Apfelschorle enthält sehr viel Zucker, der je nach Produkt mit 220 bis 520 Kalorien pro Liter zu Buche schlägt und sich bei den doch eher moderaten Anstrengungen beim Gesundheits- und Fitnesslaufen umgehend auf den Rippen niederschlägt.
8) Mit Jogging nimmt man am besten ab
Beim Abnehmen zählt nur, wie viele Kalorien Sie zu sich nehmen und wie viele Sie verbrauchen! Ist die Bilanz negativ, nehmen Sie ab – sonst nicht. Es ist ganz egal, ob, wie viel, wie lange und welchen Sport Sie betreiben. Wenn Sie sich nach dem Laufen ein Stück Kuchen als Belohnung gönnen oder reichlich süße Limo, Schorle, Eistee oder Bier trinken, ist es unwahrschinlich, dass Sie abnehmen. Der wesentliche Gewinn beim Joggen ist ein anderer: Laufen – wie alle Ausdauersportarten – kurbelt den Stoffwechsel an und erhöht den Grundumsatz. Wenn Sie gleichzeitig etwas weniger essen, nehmen Sie mit Sicherheit ab!
9) Mit Trainingsplan in einem halben Jahr zum Marathon
Solche gesundheitsschädlichen Pläne gibt es wirklich. Bitte nicht ausprobieren! So etwas ist nicht zu schaffen, ohne sich zu schaden. Das gilt für Anfänger, Freizeit- und Fitnesssportler. Es klappt nur, wenn Sie schon sehr gut ausdauertrainiert sind und genug Wettkampferfahrung haben. Herz, Kreislauf und Muskeln passen sich zwar zügig an höhere Belastungen an, nicht jedoch Knochen, Sehnen und Gelenke. Und muss ein Marathon wirklich sein? Die messbare Belastung des Körpers ähnelt der bei einem Herzinfarkt!
10) Laufen ist besser als Krafttraining
Wir Menschen neigen zu Entweder-Oder, aber die Natur hat uns nicht umsonst mit verschiedenen Muskelfasern ausgestattet, die sich entweder gut für die Ausdauer oder für die Kraft eignen und sich im Zusammenspiel optimal entfalten. Daher ist es gut, beide Arten zu trainieren – durch Laufen und durch Krafttraining. Sie sollen nicht aussehen wie ein Bodybuilder, aber Kraftübungen fördern geschmeidige, komplexe Bewegungen und die Bewegungskoordination. Der Stoffwechsel wird leistungsfähiger, und viele gesundheitsfördernde Botenstoffe werden ausgeschüttet. Außerdem schützt und stabilisiert mehr Muskelmasse die Gelenke bei längeren Läufen.
Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen und genießen Sie die Bewegung – egal, welche Mythen rund um "Ihren" Sport verbreitet werden!
Viele weitere Tipps für den Lauf-Einstieg finden Sie im meinem neuen Buch, das Sie hier kaufen können:
Volkslaufbuch: Gesünder, schlanker, besser drauf. Für Einsteiger und Freizeitläufer