Ist Stevia gesund? Ein Forscher klärt auf
Die Zulassung des Süßstoffs Stevia in Europa versprach eine Zuckerrevolution. Nun herrscht Ernüchterung. Auch die Frage „Ist Stevia gesund“ gibt Rätsel auf.
Träumen ist erlaubt. Auch in der Lebensmittelbranche. Als die Europäische Union (EU) im Dezember 2011 Steviolglycoside – einen aus den Blättern der Stevia-Pflanze gewonnenen Süßstoff – auf dem europäischen Markt zuließ, wähnten sich zahlreiche Süßigkeiten-Junkies bereits im Paradies. Denn Steviolglycoside haben eine bis zu 300-mal höhere Süßkraft als Saccharose, haben kaum Kalorien und verursachen kein Karies. Kein Wunder also, dass das im südamerikanischen Hochland zwischen Paraguay und Brasilien beheimatete Süßkraut als „Zuckerersatzstoff des 21. Jahrhunderts“ gefeiert wurde. Die Frage „Ist Stevia gesund?“ wurde pauschal mit Ja beantwortet.
Die Stevia-Begeisterung ist verpufft
Doch von der Euphorie über die neuen Steviaprodukte ist nicht mehr viel übrig. „Seit der Zulassung der Steviolglycoside in der EU sind zwar einige Produkte auf den Markt gekommen, die Anzahl ist aber noch sehr überschaubar“, sagt Dr. Udo Kienle, Agrarwissenschaftler der Universität Hohenheim. Kienle erforscht die Pflanze Stevia rebaudiana seit rund 30 Jahren. Er kennt die Vor- und Nachteile des daraus gewonnenen Süßstoffs und beobachtet akribisch das Interesse der Verbraucher an den mit Steviosid gesüßten Produkten. Einen Durchbruch auf dem Lebensmittelmarkt habe das Süßmittel bislang nicht erzielt, sagt der Experte. Und weiter: „Viele Konsumenten sind zurückhaltend, weil Produkte mit Steviolglycosiden recht teuer sind und oft auch Zucker oder andere Süßstoffe enthalten.“ Hersteller dürfen den als Zusatzstoff E 960 auf den Lebensmittelverpackungen gekennzeichneten Stevia-Süßstoff bislang nur in begrenzten Mengen und in bestimmten Lebensmittelkategorien verwenden. Die akzeptable tägliche Aufnahmemenge, der sogenannte ADI-Wert (Acceptable Daily Intake), den die Europäische Kommission festgelegt hat, liegt bei zehn Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. „Dieser Wert ist bei der Produktion ein Hemmschuh“, so Kienle, „ich halte die Regelung aber für absolut richtig.“
Ist Stevia gesund?
Die Empfehlung basiert auf einer rund zwanzig Jahre alten Langzeituntersuchung an Ratten. „Die Tiere haben verschiedene Dosen an Steviolglycosiden bekommen“, erzählt Kienle, „bei den Ratten, die die Höchstdosis erhielten, fiel auf, dass sie deutlich an Gewicht verloren.“ Das ist ein Hinweis auf eine Unverträglichkeit, die auch für Menschen gelten könnte.
Die Frage „Ist Stevia gesund“ muss man differenziert beantworten
Wer eine Vielzahl an Produkten mit Steviolglycosiden konsumiert, um durch den Süßstoff Kalorien einzusparen, kann allerdings schnell an den festgelegten Grenzbereich gelangen. Diabetiker, kalorienbewusste Frauen und Kinder seien besonders gefährdet, sagt Kienle: „Vor allem Eltern sollten darauf achten, welche Mengen Steviolglycoside der Nachwuchs zu sich nimmt – andernfalls könnte es bei einer dauerhaften Überdosierung zu gesundheitlichen Problemen kommen.“
Der Stevia-Geschmack ist ein Problem
Der Wissenschaftler hält es für möglich, dass der empfohlene ADI-Wert irgendwann überarbeitet wird. „Dafür wären jedoch neue Untersuchungen nötig.“ Und genau die habe man bei der Einführung der Produkte mit Stevia-Süßstoff in den Markt versäumt. Zudem ist der Geschmack vieler Artikel gewöhnungsbedürftig. Wer Zucker mag, empfindet sie oft als unnatürlich süß. „Vielleicht hätte man stärker in die Entwicklung investieren sollen – dann hätten die Artikel mit Stevia-Süßstoff eine größere Chance auf Erfolg gehabt“, glaubt Kienle. Ob sich die Produkte in Deutschland behaupten werden, darüber möchte der Forscher keine Prognose abgeben. In Frankreich und in der Schweiz sind die ersten Artikel mit Steviolglycosiden bereits wieder aus den Supermarktregalen verschwunden.
Tipp der Redaktion
Detailierte Informationen zur Herkunft und zur Zubereitung von Stevia finden Sie hier in unserer Warenkunde.
Tolle Rezepte wie "Cream-Ceese Low Carb Pancakes" mit Stevia finden Sie hier.
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