Juli 2020, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

Schützt Eiweiß vor Leberfett?

Von Lisa Marie Niemann
Aktualisiert am 08. Nov. 2024

Eine unbehandelte Fettleber kann zu schwerwiegenden Folgen führen. Kann eine eiweißreiche Ernährung den Leberfettgehalt reduzieren? Eine klinische Studie untersuchte die Auswirkungen einer eiweißreichen Diät auf den Gehalt an Leberfett, sowie die molekularen und physiologischen Prozesse dahinter.

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Worum ging es bei dieser Studie?

  • In der Studie des deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum in München untersuchte das Forschungsteam, inwiefern der Eiweißgehalt in der Nahrung – bei stark adipösen Menschen mit einer nicht-alkoholischen Fettleber – die Menge des Leberfetts beeinflusst und welche Prozesse dahinter stehen.
  • Bereits in früheren Studien konnte eine Reduktion des Leberfettgehalts mittels einer eiweißreichen Diät beobachtet werden.

Wie lautet die zentrale Forschungsfrage?

  • Kann eine eiweißreiche, kalorienreduzierte Ernährung den Leberfettgehalt wirksamer reduzieren als eine eiweißarme Diät und welche molekularen Mechanismen sind daran beteiligt?

Wie viele Probanden nahmen teil?

  • 19 Probanden (Männer und Frauen) mit krankhaftem Übergewicht waren an der Studie beteiligt, die sich einer bariatrischen Operation (chirurgische Maßnahme zur Reduktion des Körpergewichts) unterzogen (Kohorte I). 
  • Zehn adipöse Probanden ohne bariatrische Operation bildeten die Referenz (Kohorte II).

Welche Methode wurde angewandt?

  • Kohorte I wurde in zwei Subgruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhielt über einen Zeitraum von drei Wochen vor der Operation eine kalorienreduzierte und zugleich proteinreiche Diät und die andere Gruppe erhielt in der gleichen Zeit eine kalorienreduzierte Diät mit niedrigem Proteingehalt. 
  • Kohorte II führte eine kalorienreduzierte Diät mit moderat erhöhter Proteinaufnahme durch.
  • Das Experiment wurde randomisiert durchgeführt. Bedeutet: Die Patienten wurden zufällig in die jeweiligen Versuchsgruppen eingeteilt. Die Gruppen wurden nach Alter, Geschlecht und Body-Mass-Index (BMI) abgeglichen.
  • Im Anschluss an die drei Wochen wurden Operationen zur Behandlung des Übergewichts (bariatrische Chirurgie) in Kohorte I durchgeführt. Dabei wurden Leberproben entnommen und diese analysiert.

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Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

  • Primäres Ergebnis nach Abschluss der dreiwöchigen diätetischen Intervention war eine Veränderung des Leberfettgehalts: Die Analyse der Proben ergab, dass eine kalorienreduzierte Ernährung mit einem hohen Proteingehalt das Leberfett wirksamer reduzierte als eine kalorienreduzierte eiweißarme Ernährung.
  • Insgesamt verloren die Studienteilnehmer in allen drei Gruppen rund fünf Kilogramm Gewicht. Der intrahepatische Fettspiegel der Studienteilnehmer in der eiweißreichen Gruppe sank um rund 40 Prozent, während sich der Fettgehalt in der Gruppe mit der eiweißarmen Diät nicht signifikant veränderte.
  • Sekundäre Ergebnisse: Umfangreiche Genanalysen der Proben legen nahe, dass die Verringerung des Leberfetts bei einer eiweißreichen Diät hauptsächlich auf die Unterdrückung der Fettaufnahme und Fettsäuresynthese zurückzuführen ist. Untersucht wurden Laborparameter, Serummarker des Glukosestoffwechsels und des Leberfetts (FGF21), der Autophagiefluss sowie die mitochondriale Aktivität der Leber.

Wer hat die Studie finanziert und durchgeführt?

  • Die Durchführung der Studie erfolgte am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) durch ein Forschungsteam unter der Leitung von PD Dr. Olga Ramich, Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin, und Prof. Andreas Pfeiffer, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Ernährung/DZD und der Klinik für Endokrinologie in der Charité (Universitätsmedizin Berlin). Umfangreiche Genanalysen der Leberproben wurden am Helmholtz Zentrum München unter der Leitung von Professor Stephan Herzig durchgeführt.
  • Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, die sowohl rechtlich und wissenschaftlich als auch wirtschaftlich eigenständig ist und einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren unterliegt. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. 
  • Das DIfE ist zudem ein Partner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), eines der sechs deutschen Zentren der Gesundheitsforschung.

Wo ist die Original-Studie zu finden?

Begriffe: Was ist/sind eigentlich...?

Wie bewertet EAT SMARTER diese Studie?

  • Zu geringe Teilnehmerzahl: Es gilt zu beachten, dass der vermeintlich positive Effekt einer kalorienarmen, eiweißreichen Diät auf die Reduzierung des Leberfettgehalts bei einer kleinen Probandenzahl erfolgte und möglicherweise relativiert werden muss.
  • Einschlusskriterien: Es wurden bereits krankhaft übergewichtige Menschen mit einer nicht-alkoholischen Fettleber betrachtet, die sich einer bariatrischen Operation zur Behandlung des Übergewichts unterzogen.
  • Parameter zum Zeitpunkt des Studienbeginns: Patienten in der eiweißarmen Diät-Gruppe wiesen bereits zum Studienbeginn einen höheren Leberfettgehalt und höhere Serum-FGF21- und GGT-Spiegel auf. Der ungleiche Leberfettgehalt könnte in Anbetracht der Korrelation des Autophagieflusses mit dem intrahepatischen Fettspiegel die Interpretation des Effekts einer diätetischen Intervention behindern. Der höhere Fettgehalt könnte ein resistentes Depot signalisieren.
  • Überprüfung der Proteinaufnahme: Die Studienteilnehmer erhielten Ernährungspläne, die als Zehn-Tage-Wechselmenüs angegeben wurden. Der Serumharnstoffspiegel wurde zur Überprüfung der Einhaltung der Diäten gemessen und dient als Marker für die Proteinaufnahme. Dadurch konnte auf eine gute Einhaltung der Diät geschlossen werden. Eine direkte Kontrolle, wie viel konsumiert wurde, erfolgte jedoch nicht.  
  • Weitere Untersuchungen sind nötig: „Sollten sich die Ergebnisse in größer angelegten Studien weiterhin bestätigen, könnte die Empfehlung für eine erhöhte Aufnahme von Eiweiß zusammen mit einer gesunden, fettarmen Ernährung als Teil einer effektiven Fettleber-Therapie Einzug in die medizinische Praxis finden“, so die Einschätzung von Prof. Andreas Pfeiffer in der Pressemeldung des DIFE (1). In naher Zukunft möchten er und PD Dr. Olga Ramich die gewonnenen molekularen und physiologischen Hinweise weiterverfolgen, um weitere Erkenntnisse zur Wirkungsweise gezielter Ernährungsstrategien zu gewinnen.
  • Übertragbarkeit der Studie: Fraglich ist, ob sich die gewonnenen Erkenntnisse auch auf Patienten mit einer Fettleber ohne extremes Übergewicht übertragen lassen. 
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