So essen Sie endlich weniger Zucker
Sein massenhafter Dauerkonsum – egal ob versteckt oder wissentlich genossen – macht dick und krank. Ernährungs-Doktor Matthias Riedl plädiert für einen drastisch reduzierten Verzehr und kennt praktikable Wege raus aus der verhängnisvollen Süßfalle.
Inhaltsverzeichnis
- So viel Zucker brauchen wir
- Zucker: Konsum mit Folgen
- Die Zuckermacht
- Zucker ade: Die besten Tipps von Dr. Matthias Riedl
- Wissen zum Mitnehmen
Bei wem Ketchup, Dosenobst, Fruchtjoghurt oder Fertigprodukte wie Pizza und Krautsalat völlig selbstverständlich im Wagen landen, der kauft vor allem eines: versteckten Zucker. „Häufig können das Verbraucher:innen anhand der Zutatenlisten gar nicht nachvollziehen, denn Zucker wird zum Beispiel getarnt als Saccharose, Laktose, Maltose, Fruktose, Dextrose, Dicksaft, Sirup, Süßmolkenpulver oder Malzextrakt“, deckt Dr. Riedl, Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner aus Hamburg auf. Und wer denkt, sich mit Light-Produkten etwas Gutes zu tun, der irrt gewaltig: „Süßstoffe haben zwar keine Kalorien, sind aber keine Alternative, da sie gesundheitlich nicht unbedenklich sind. Sie können die Darmflora schädigen, Diabetes fördern oder gar auslösen und verführen dazu, über den eigentlichen Hunger hinaus zu essen“, warnt der Experte.
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So viel Zucker brauchen wir
„Den wenigsten ist wohl bewusst, dass der menschliche Körper gar keinen wirklichen Bedarf an freiem Zucker, also dem, der Speisen und Getränken zugegeben wird, hat. Denn unser Organismus kann zur Energieversorgung des Gehirns auch aus anderen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Vollkornbrot, Gemüse und Hülsenfrüchten wie Linsen oder Kichererbsen Glukose gewinnen“, so das eindeutige Urteil vom Ernährungs-Doktor. Zur Orientierung empfiehlt er darum, in jeder Lebensphase auch nur fünf bis maximal zehn Prozent der täglichen Kalorienzufuhr in Form von freiem Zucker aufzunehmen. Das entspricht zum Beispiel bei rund 2500 Gesamtkalorien einer Menge zwischen 12,5 und 25 Gramm, beziehungsweise drei bis sechs Teelöffeln. Die Wahrheit sieht allerdings ganz anders aus: Jeder Deutsche verputzt im Schnitt täglich zwischen 90 und 100 Gramm Zucker. Auf das Jahr hochgerechnet sind das rund 35 Kilogramm.
Zucker: Konsum mit Folgen
Dr. Riedl kennt gute Gründe, warum wir Zucker, der nichts als überflüssige Kilokalorien liefert, die kalte Schulter zeigen sollten: „Er ist an der Entstehung vieler Krankheitsbilder beteiligt, darunter Karies, Übergewicht, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Fettleber, Nierenschäden, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen. Außerdem fördert das Kristall Entzündungsprozesse im Körper, die sich etwa bei Gicht und Rheuma ungünstig auswirken“, mahnt der Facharzt und ergänzt: „Zucker lässt Sie alt aussehen, denn die Zellfunktion wird durch entzündliche Prozesse verschlechtert. Das zieht eine schnellere Zellalterung und gestörte Elastizität der Haut nach sich.“ Wenn der Körper schnelle Energie verlangt, scheint Zucker ein zuverlässiger Kandidat zu sein. „Könnte man so sagen, allerdings fällt der Blutzuckerspiegel nach dem Konsum rapide wieder ab – Müdigkeit und Antriebslosigkeit machen sich breit und zu allem Überfluss kehrt auch noch der Hunger so zurück, als hätten Sie überhaupt nichts gegessen.“
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Die Zuckermacht
Dass wir alle dem Zucker verfallen sind, ist evolutionsbedingt: „Als wir noch Jäger und Sammler waren, galt ‚süß‘ als ein eindeutiges Merkmal dafür, dass Nahrungsmittel nicht giftig, sondern genießbar und energiereich sind. Auch Muttermilch ist süßlich und signalisiert dadurch Sicherheit“, weiß der Ernährungsmediziner. Hinzu kommt die psychologische Komponente. „Zucker aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn, Glücksgefühle werden ausgeschüttet – und das macht süchtig.“ Die gute Nachricht lautet: Wir können uns die Lust auf Süßes abgewöhnen – mit der nötigen Motivation und den richtigen Tricks. „Zugegeben, die Abgewöhnung kann anfangs sehr schwer fallen. Sobald sich der Körper aber mit der neuen ‚Zuckerfreiheit‘ arrangiert hat, verlangt er auch nicht mehr ständig Nachschub.“ Ihr Durchhalten wird also belohnt. Und für den Fall, dass Sie einmal die Snacklust überfällt, hat Dr. Riedl ein Ass im Ärmel – natürlich zuckerfrei: „Nüsse wie Mandeln oder Walnüsse, die übrigens eine super Omega-3-Fettsäuren-Quelle sind, habe ich immer im Haus.“ Haben Sie schon Ihren Vorratsschrank aufgefüllt?
Zucker ade: Die besten Tipps von Dr. Matthias Riedl:
Etwas die kalte Schulter zu zeigen, das eine so feste Rolle im Ernährungsalltag vieler spielt – gar nicht mal so einfach. Der Ernährungs-Doktor zeigt Ihnen, wie es dennoch gelingen kann, zuckerärmer und damit viel gesünder zu leben.
Schrittweise weniger Süße
Starten Sie mit angezogener Handbremse. Als erste Veränderungen können Sie etwa die übliche Zuckermenge im morgendlichen Kaffee oder beim Kochen und Backen verringern sowie neue zuckerarme oder gar -freie Rezepte ausprobieren. Daneben bietet es sich an, den weißen Haushaltszucker durch natürliche Süßungsmittel wie Honig oder Ahornsirup zu ersetzen.
Überblick verschaffen
Wann naschen Sie? Wodurch können Sie zuckerreiche Snacks austauschen? Ein Ernährungstagebuch zeigt all das schwarz auf weiß. Tipp: Eine smarte Alternative für Süßigkeiten sind etwa (TK-) Beeren, auch in Kombination mit Naturjoghurt und Nüssen.
Keine Süßigkeiten im Haus haben
Wer Naschereien aus reiner Gewohnheit auf den Einkaufszettel schreibt, um diese für alle Fälle in der Schublade zu haben, neigt auch eher dazu, diese aus Langeweile aufzuessen. Freund:innen und Familie können Sie darauf hinweisen, auf süße Mitbringsel zu verzichten.
Kleine Helferchen im Alltag
Zuckerfreier Kaugummi mit starkem Minzgeschmack nach einer Mahlzeit sorgt für Frische und bremst den Appetit. Zähneputzen ist besonders direkt nach dem Abendessen günstig, denn wer hat schon Lust, ein zweites Mal zur Bürste zu greifen? Da fällt der Snack vor dem Fernseher lieber aus.
Appetit schon im Mund dämpfen
Das funktioniert zum Beispiel mit einem natürlichen Bittertropfen-Konzentrat aus der Apotheke. Wenn sich der Heißhunger meldet, geben Sie einfach fünf bis zehn Tropfen auf den Handrücken und lecken sie ab – schon ist der Jieper gestillt. Als positive Nebeneffekte wirken die gesunden Bitterstoffe verdauungsfördernd und lindern Magen-Darm-Beschwerden.
Essen mit allen Sinnen wahrnehmen
Das Prinzip dahinter ist simpel, denn: Was der Körper unbewusst tut, ist quasi nicht geschehen und so werden Sie nach kurzer Zeit erneut das dringende Verlangen nach Süßem verspüren.
Ausreichend trinken Heißhunger
Heißhunger kann eine Fehlinterpretation des eigenen Befindens sein, wenn der Körper eigentlich leicht dehydriert ist. Entscheidend ist, dass Sie grundsätzlich zuckerfreie Getränke wie Wasser mit frischem Ingwer oder Kräutertee als Durstlöscher bevorzugen.
Entspannung und Wohlbefinden
Nicht nur in Stresssituationen dienen Schleckereien als schnelle Seelentröster. Langfristig hilft ein gesunder, entspannter und glücklicher Geist – gefördert durch Yoga, Meditation, frische Luft oder Bewegung.
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Wissen zum Mitnehmen
In zahlreichen Lebensmitteln befindet sich Zucker. Leider erkennen wir diesen häufig gar nicht als diesen, denn er tarnt sich als Saccharose, Laktose, Maltose, Fruktose, Dextrose, Dicksaft, Sirup, Süßmolkenpulver oder Malzextrakt. Doch auch aus natürlichen Erzeugnissen wie Kartoffeln, Vollkornbrot, Gemüse und Hülsenfrüchten kann unser Körper Energie in Form von Glukose gewinnen.
Ein Zuviel kann zu Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, eine Fettleber und sogar Depressionen auslösen. Dr. Riedl empfiehlt daher maximal sechs Teelöffel am Tag in Form von freiem Zucker aufzunehmen. Um Ihren Zuckerkonsum zu reduzieren, sorgen Sie für ausreichend Entspannung, bekämpfen den Heißhunger mit ein paar Bittertropfen und nehmen Ihre Speisen bewusst mit allen Sinnen wahr. Und ganz wichtig: Verbannen Sie den Zucker nach und nach aus Ihrem Alltag.