April 2020, University of Physical Education, Poznan, Polen, u. a.

Bewegung statt Pillen bei Herzerkrankungen

Von Cornelia Brammen
Aktualisiert am 27. Okt. 2021

19 Kilometer müsste ein 70 Kilogramm schwerer Mann täglich gehen, um die Energie zu verbrauchen, für die sein Herz-Kreislauf-System vor 50 Jahrtausenden angepasst wurde. Da sich die Menschheit aber nicht annähernd so viel bewegt, ist sie krank. Und nimmt Pillen. Die beheben aber nicht die Ursache der Krankheit. Diese Studie setzt sich damit auseinander, inwieweit Sport Herzerkrankungen beeinflussen kann.

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Worum ging es bei dieser Studie?

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind eine Folge mangelnder Bewegung in Kombination mit schlechter Ernährung. 50 Milliarden Euro Kosten erzeugen diese Krankheiten im Gesundheitssystem in Deutschland. Das ist ein Anteil von 14 Prozent an den Gesamtkosten.
  • Dass Bewegung gut ist, weiß leider nicht mehr jedes Kind. Laufen, rennen, klettern, fallen, Handstand, Rolle vorwärts und rückwärts – Fehlanzeige.
  • Dass Bewegung auch bei Herzpatienten sinnvoll sein kann, setzt sich erst langsam in der Therapie durch. Lange galt das Gleiche wie bei Rückenbeschwerden: Bloß nicht schlimmer machen.
  • Die Studie untersucht die Wirkung von körperlicher Aktivität auf zentrale Parameter bei der Diagnose von Herzerkrankungen.  
  • Die Forscher untersuchten unter anderem den Zusammenhang zwischen Sport und der Länge der Telomere. Telomere sind spezifische DNA-Protein-Strukturen an beiden Enden jedes Chromosoms. Lange Telomere – langes Leben. Kurze Telomere – kurzes Leben.

Wie lautet die zentrale Forschungsfrage?

  • Welchen Einfluss hat Sport auf Herzerkrankungen bzw. haben körperliche Aktivität sowie Work-outs auf das Herz-Kreislauf-System und auf die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen? Welche Mechanismen lassen sich dafür bestimmen?

Welche Database wurde untersucht?

  • 140 repräsentative Studien wurden mithilfe der Boolschen Algebra für die Suchworte ‚Gesundheit’ oder ‚Bewegung’ oder ‚Workout’ oder ‚Lebensstil-Faktoren’ oder ‚Lebensdauer’ oder ‚Ernährung’ oder ‚Gewicht’ oder ‚Länge der Telomere’ oder ‚Blutdruck’ oder ‚Herzfrequenz’ oder ‚Herz-Kreislauf-Erkrankungen’ ermittelt.

Welche Methode wurde angewandt?

  • Eine Literaturstudie unter Anwendung verschiedener statistischer Modelle.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

  • Die Telomere von Menschen, die keinen Sport treiben und sich nicht aktiv und schweißtreibend bewegen, verkürzen sich früher als die von sportlich aktiven Menschen. Die Folge ist eine kürzere Lebensdauer.
  • Auch auf das Gefäß-Endothel, ein erst vor wenigen Jahren entdecktes Organ, das eine wichtige Rolle bei Blutdruck, Gefäßstabilität und Herzgesundheit spielt, hat regelmäßiges aerobes Training eine stabilisierende Wirkung. Bei älteren Menschen wirkt sich regelmäßiges Training selbst dann positiv aus, wenn sie ihr Leben lang eher mäßig oder keinen Sport getrieben haben.
  • Eindeutig ist die präventive Wirkung von Sport im Hinblick auf Thrombose.
  • In seiner Wirkung auf die Regulierung des Blutdrucks ist Sport vergleichbar mit der Wirkung von Medikamenten.
  • Das Gleiche gilt für die Wirkung von Sport auf die Blutzucker-Intoleranz (Diabetes).
  • Sport, der nicht an die Physis des Trainierenden angepasst ist, ist zwar gefährlich für das Herz-Kreislauf-System. Aber kein Sport ist im Hinblick auf lebenslange Gesundheit und Lebensdauer gefährlicher.
  • Die Empfehlung der Forscher lautet: 150 Minuten pro Woche aerobes Training oder 75 Minuten HIT.

Wer hat die Studie finanziert und durchgeführt?

  • Die Studie wurde durch das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt sowie durch die Japanische Gesellschaft für Wissenschaft gefördert.  

Wo ist die Original-Studie zu finden?


Begriffe: Was ist/sind eigentlich...?


Wie bewertet EAT SMARTER diese Studie?

  • Sport statt Medikamente: Die Evidenz der Ergebnisse ist massiv. Regelmäßiger Sport bis ins hohe Alter kann  Herzerkrankungen bzw. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Haupt-Todesursache in den USA und Europa, verhindern. Ganz ohne die Einnahme von Medikamenten. Die Pharmaindustrie wird das kalt lassen, denn Menschen wollen schnelle Lösungen für gesundheitliche Probleme und Sport ist anstrengend. Aber Ärzten und Regierungen gibt die Studie deutliche Argumente an die Hand. Darauf lassen sich Programme zur Prävention aufbauen – womöglich mit Punkte-Systemen.
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