Dezember 2009, University of Sydney, Australien

Helfen Vitalpilze bei der Krebstherapie?

Von Cornelia Brammen
Aktualisiert am 17. Sep. 2024

Unter der Bezeichnung Vitalpilze sind zahlreiche Produkte auf dem Markt, die intensiv mit Heilversprechen beworben werden. Eine Meta-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Behandlung von Krebspatienten mit Reishi-Pilz-Extrakten die Wirkung von Chemotherapien sowie den Aufbau des Immunsystems sinnvoll unterstützen kann.

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

Worum ging es bei dieser Studie?

  • Vitalpilze sind als Naturmedizin weit verbreitet. Erste Studienergebnisse deuten auf eine anticancerogene (krebshemmende) sowie immunsteigernde Wirkung hin und immer mehr Krebspatienten nehmen Vitalpilze zu sich – in der Hoffnung auf Heilung. Bisher gab es jedoch keine systematische Auswertung vorhandener Studien über die tatsächliche Wirkung von Vitalpilzen im Rahmen einer Krebstherapie. Diese Lücke schließt die Meta-Studie aus Sydney am Beispiel des Reishi-Pilzes.
  • Unter den Marketing-Begriffen „Vitalpilze“ und „Heilpilze“ werden Pflanzen angeboten, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und im Ayurveda schon sehr lange angewendet und wissenschaftlich erforscht werden: der Raupenpilz, die Schmetterlingstramete und der Lackporling, bekannt unter dem Namen Reishi, lateinisch Ganoderma ludicum. Getrocknet und zerkleinert, als Pulver oder Extrakt in Kapseln sind sie in Deutschland als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen. Krankheitsbezogene Aussagen sind generell verboten, dennoch sind Produkte im Umlauf, die mit medizinischen Wirkungen werben.
  • Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, aus der wissenschaftlichen Forschung zum Reishi-Pilz herauszufiltern, welche klinischen Effekte die Gabe von Ganoderma lucidum auf die langfristige Überlebenschance und die Lebensqualität von Krebspatienten sowie auf die Tumorreaktion hat.  

Wie lautet die zentrale Forschungsfrage?

  • Welche Aussagen über die Wirkung von Reishi-Pilzen in der Therapie von Krebspatienten halten einer wissenschaftlichen Untersuchung stand?

Welche Database wurde untersucht?

  • Von der enormen Anzahl an Studien zum Reishi-Pilz im Rahmen einer Krebstherapie blieben nach einer umfangreichen Recherche nur fünf übrig, die den Kriterien der Forscher aus Sydney entsprachen. Die Anzahl der in diesen Studien untersuchten Menschen lag bei 373.

Welche Methode wurde angewandt?

  • Das Team wandte im ersten Schritt eine umfangreiche Datenanalyse an, die unter anderem das Cochrane Central Register of Controlles Trials, Medline, Embase, NIH sowie VIP Information/Register chinesischer Fachzeitschriften umfasste. Zusätzlich durchforsteten sie systematisch internationale Fachzeitschriften auf Artikel zu Heilpilzen und vernetzten sich mit Experten für Kräutermedizin sowie mit Herstellern von Ganoderma lucidum.
  • Aus der Fülle aller Studien wählten sie nur die aus, die den RCT-Standards (randomisierte Doppelblindstudien) entsprachen und in denen die Wirksamkeit von Ganoderma lucidum an Patienten mit einer Krebsdiagnose untersucht wurde.
  • Durch Herausfiltern dichotomer Daten und Standardabweichungen erzielte die Studie einen Vertrauens-Quotienten (Confidence Interval) von 95 Prozent.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

  • Die methodische Qualität der untersuchten Studien war generell unbefriedigend, die Ergebnisse in mehrfacher Hinsicht angreifbar.  
  • Die Meta-Analyse hat gezeigt, dass Patienten, die parallel zur Chemotherapie und/oder Bestrahlung Ganoderma lucidum einnahmen, besser auf die schulmedizinische Therapie ansprachen. Die alleinige Einnahme von Reishi hatte nicht diesen Effekt.
  • Ähnlich das Ergebnis in Bezug auf die Stärkung des Immunsystems durch die Beigabe von Reishi: Ein leichter Anstieg der Leukozyten, der NK-Zellen (natural killer cells) sowie anderer Immunmarker.
  • Die Autoren heben hervor, dass die Einnahme von Reishi nicht die Haupttherapie bei Krebspatienten sein kann. Als Begleittherapie bei Chemo oder Bestrahlung jedoch empfiehlt die Studie Reishi wegen seiner positiven Wirkung auf die Tumorreaktion und auf das Immunsystem.

Wer hat die Studie finanziert und durchgeführt?

  • Juieta Ruiz Beguerie, Daniel Man-yeun Sze, Godfreu CF Chan, School of Publick Health, University of Syndney, Sydney Australien.

Wo ist die Original-Studie zu finden?

Begriffe: Was ist/sind eigentlich...?

Wie bewertet EAT SMARTER diese Studie?

  • Systematische Analyse in einem diffusen Bereich: Die aufwendig konzipierte Studie beleuchtet systematisch und unter strengen Kriterien einen Bereich, in dem bisher diffuse Wirkversprechen und Marketing dominieren. Die Untersuchung beleuchtet ein klar definiertes Feld und die Rolle eines Pilzes: Krebspatienten und Reishi. Das Ergebnis enthält die Empfehlung, diesen Vitalpilz komplementär in der schulmedizinischen Krebstherapie einzusetzen. Das ist ein deutliches wissenschaftliches Signal Richtung Schulmedizin und stärkt Patienten, die eine verlässliche und wirksame Ergänzung zu Chemo und Bestrahlung wünschen.  
  • Begrenzte Datenlage: Obwohl die Forscher aus Sydney eine gigantische Datenanalyse gefahren und strenge Kriterien bei der Auswahl der Studien angelegt haben, gibt es zwei Faktoren, die das Ergebnis schmälern: Die ausgewählten Studien waren klein und methodisch nicht einwandfrei. Außerdem waren alle Teilnehmer Chinesen. Somit ist die Aussagekraft und Anwendbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt.
Schreiben Sie einen Kommentar