Der Profi-Coach

Wie Sie mit neuen Gewohnheiten für Ihr Wohlbefinden sorgen

Von Uwe Pettenberg
Aktualisiert am 24. Aug. 2022
Schlchte Gewohnheiten_Leere Bierflaschen

Schlechte Angewohnheiten zu ändern sollte eigentlich einfach sein – doch das körpereigene Belohnungssystem trickst uns aus. So kommen Sie mit Geduld – und ohne Vorwürfe! – zum Ziel.

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Wir alle haben sogenannte schlechte Angewohnheiten, also Angewohnheiten von denen wir wissen, dass sie uns nicht gut tun. Ob das zu viele Süßigkeiten sind, wichtige Dinge auf die letzte Minute verschieben, zu viel fernzusehen, zu viel Social Media, zu wenig Bewegung – ich bin sicher, Sie finden auch etwas in dieser Aufzählung.

Warum fällt es uns so schwer?

Die spannende Frage ist doch: Warum ändern wir diese Gewohnheiten nicht einfach? Wo wir doch wissen, dass sie uns nicht gut tun?

Die Sache ist schlicht die, dass wir alle immer wieder gerne tun, was sich gut anfühlt – selbst wenn wir wissen, dass es uns auf lange Sicht nicht weiterbringt, ja sogar schaden kann. Wenn wir Alkohol trinken, Schokolade essen oder eine Folge nach der anderen der Lieblingsserie bis spät in die Nacht schauen, wird unsere Dopamin-Ausschüttung angeregt, ein Wohlfühl-Botenstoff in unserem Gehirn. Wenn dieses die Erfahrung gemacht hat, dass sich ein bestimmtes Verhalten gut anfühlt, nötigt es uns geradezu, diese Erfahrung immer wieder zu wiederholen. Unsere schlechten Gewohnheiten werden Mittel zum Zweck. Obwohl das Endergebnis letztendlich sehr frustrierend sein kann, sorgen sie dennoch für ein angenehmes Zwischengefühl. Und deshalb sind sie so schwer zu knacken.

Wenn Sie sich beispielsweise angewöhnt haben, direkt nach der Arbeit zu Hause auf die Couch vor den Fernseher zu fallen, werden Sie sehr wahrscheinlich keine Lust mehr auf Sport haben – macht schon zwei schlechte Gewohnheiten. Vielleicht futtern Sie dann noch allerhand Ungesundes wie Pizza, Chips und ähnliches, und dann ist der Teufelskreis an unguten Gewohnheiten fast nicht mehr zu durchbrechen.

Es liegt in der menschlichen Natur, sich Belohnung zu verschaffen, selbst wenn uns diese Belohnung schadet. Statistiken zeigen, dass die Mehrheit aller Raucher dieses Laster sehr gerne aufgeben würden, sie es aber einfach nicht schaffen, dieser Art der Belohnung zu entsagen, obwohl sie wissen, welch tödliche Folgen es haben kann.

Die alten durch neue Gewohnheiten ersetzen

Es ist ganz einfach (wie meistens übrigens). Wenn wir es nur glauben können. Es geht nicht darum, die alten Gewohnheiten aufzugeben, sondern vielmehr darum, neue, bessere, interessantere Gewohnheiten zu etablieren. Irgendwann sind die alten, uns schadenden Gewohnheiten so uninteressant geworden, dass wir sie wie von selbst aufgeben.

Ein ganzer wichtiger Schritt dorthin ist, dass wir damit aufhören, uns selbst zu verurteilen. In meinem letzten Blog habe ich über den inneren Kritiker geschrieben und wahrscheinlich kennen Sie diese Stimme auch, die dann ständig sagt, „Das muss jetzt aufhören!“ „Wie lange willst Du noch so weitermachen!“ „Lernst Du denn gar nichts dazu?“ Doch diese Art der Selbstbeschimpfung schadet uns und ist nur eine weitere ungesunde Angewohnheit auf unserer Liste.

Natürlich macht es keinen Spaß, über unsere schrägen Gewohnheiten nachzudenken. Vielleicht haben Sie auch schon festgestellt, dass, sobald Sie versuchen, eine Gewohnheit zu verändern, sich Ihr Kopf mit allen möglichen Rechtfertigungen dazwischenschaltet und Ihnen Argumente liefert, warum Sie alles beim Alten belassen sollten. Wie gesagt, Gewohnheiten lassen uns uns gut fühlen, deshalb tun wir uns so schwer, sie aufzugeben. Zumal wir viele Gewohnheiten seit Wochen, Monaten, ja Jahren kultivieren; da braucht es einfach ein wenig Zeit, um sie zu ändern.

Nehmen wir mal an, Sie wollen weniger Alkohol trinken. Sie haben es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Abend ein großes Glas Rotwein zu trinken, um „runterzukommen“. Wahrscheinlich haben Sie sich dahingehend schon Vorwürfe gemacht, auch darüber gelesen, was zu viel Alkohol in unserem Körper anrichtet und sich fest vorgenommen, dass das jetzt aufhören muss.

Damit werden Sie sich aber nicht besser fühlen und möglicherweise fühlen Sie sich sogar schuldig oder schämen sich, dass Sie das Problem überhaupt haben. Und wie gehen Sie dann mit diesen Gefühlen um? Genau. Sie trinken weiter.

Den Fokus ändern

Denn jetzt braucht es einen neuen Ansatz, eine neue Herangehensweise. Anstatt sich selbst zu verdammen, ist es an der Zeit, dass Sie ein neues Verhalten entwickeln, das Ihnen einerseits ein gewisses Wohlgefühl und Sicherheit gibt und andererseits nicht Ihre psychische oder physische Gesundheit beeinträchtigt. Wenn wir wissen, dass uns unser Gewohnheiten gut tun und sich auch so anfühlen, sind wir viel motivierter, sie auch einzuhalten.

Was hier sehr hilft, ist der Blick von außen. Entweder stellen Sie sich vor, dass Sie einen Schritt zurücktreten und sich selbst von außen betrachten oder auch von oben, aus der Adlerperspektive: Was tue ich da, und wie tue ich es? Oder Sie stellen sich vor, dass Sie einer anderen Person mit diesem Problem helfen wollen. Was würden Sie ihr raten?

Fragen Sie sich, wann hat es begonnen? Was sind die Trigger, die es am Laufen halten? Vielleicht haben Sie das große Glas Wein das erste Mal in einer Phase großen beruflichen Stress’ getrunken und vielleicht hat diese Phase länger angedauert, als Sie damals erwartet haben. Das Glas Wein am Abend fühlte sich gar zu gut an – und wurde zur Gewohnheit.

Kleine Schritte gehen

Was könnte Ihnen nun das gleiche, wenn nicht sogar ein besseres, Wohlgefühl verschaffen? Vielleicht könnten Sie in Zukunft an zwei Tagen die Woche einen kleinen Umweg einlegen, bevor Sie nach Hause fahren und beispielsweise ins Sportstudio gehen, sich mit einem Freund zum Laufen verabreden oder endlich den Power Yoga-Kurs anfangen. An den anderen Tagen darf alles so bleiben wie bisher. Das ist wichtig! Denn wenn wir zu schnell alles auf einmal verändern wollen, kommt unser System nicht hinterher und dann geben wir bald frustriert wieder auf.

Und wissen Sie, was passieren wird? Nach der körperlichen Betätigung werden Sie sehr wahrscheinlich keine Lust auf Alkohol haben, sondern lieber auf etwas Gesünderes. Wenn Sie am nächsten Tag theoretisch die eigene Erlaubnis zu trinken haben, werden Sie sich an den Abend zuvor erinnern, wie gut Sie sich gefühlt haben und Sie werden überlegen, ob Sie das Ihrem Körper nicht wieder gönnen wollen.

Schritt für Schritt können Sie auf diese Weise kleinere und größere Gewohnheiten in Angriff nehmen, immer mit dem Fokus darauf, dass es sich langfristig gut anfühlt. Wenn wir den Bogen erstmal raus haben, macht es unglaublich Spaß, auf diese Weise für das eigene Wohlbefinden zu sorgen. Letztendlich ist es nichts anderes als ein achtsamer, liebevoller Umgang mit sich selbst. Und den haben Sie mehr als verdient!

In diesem Sinne!

Herzlichst, Ihr Uwe Pettenberg

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